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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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würde schwierig sein, sie zu bitten, aber er hatte den Verdacht, dass es noch schwerer sein würde, auf ein Angebot von ihr zu warten.
    Es wieder zurück ins Bett zu schaffen und es sich bequem zu machen nahm noch ein paar Minuten in Anspruch. Er schwor, dass er die einfache Handlung, aufzustehen und zur Toilette zu gehen, nie wieder als selbstverständlich ansehen würde. Es war ihm egal, wenn die Leute lachten, er würde sich einfach freuen, dazustehen und zu sagen: »Seht euch das an. Ich bin gerade aufgestanden und da rübergegangen. Habt ihr das gesehen? Erstaunlich!«
    Zurück im Bett, hatte er keine Entschuldigung mehr, nicht an Robbie Bishop und Danny Wade zu denken. Oder vielmehr an Danny Wade und Robbie Bishop. Es war möglich, dass Danny Wade nicht Stalkys erstes Opfer war, aber nach eingehender Suche im Internet konnte Tony kein früheres Beispiel für das finden, was man als dessen Werk hätte betrachten können.
    »Dir ist an der Planung und dem Ergebnis gelegen, aber aus der Handlung selbst machst du dir nicht viel«, stellte Tony fest. »Genau genommen bist du noch kein Serienmörder, aber ich glaube, du entwickelst dich in diese Richtung. Aber ungewöhnlich macht dich die Tatsache, dass Serienmorde meistens etwas mit Sex zu tun haben. Es mag nicht immer danach aussehen, aber er steht doch immer wieder im Mittelpunkt. Verdrehte Schaltungen, für die verdrehte Szenarien nötig sind, um das zu erreichen, was bei den meisten Menschen auf relativ natürlichem Weg geschieht. Aber darum geht es bei dir nicht, oder? Du bist nicht an ihren Körpern als Objekten der Begierde interessiert. Jedenfalls nicht sexueller Begierde.
    Was hast du also davon? Ist es etwas Politisches? Eine Art Botschaft wie etwa ›vernichte die Reichen‹? Bist du ein neomarxistischer Kämpfer, der die bestrafen will, die zu Reichtum gekommen sind und ihn nicht mit den Menschen teilen wollen, die noch in der Situation festsitzen, aus der auch unsere Helden einmal kamen? Das ergibt sozusagen einen Sinn …« Er starrte zur Decke, drehte und wendete diesen Gedanken und prüfte ihn aus verschiedenen Blickwinkeln.
    »Das Problem ist nur, warum verkündest du es nicht lauthals, wenn du wirklich so gestrickt bist? Für eine politische Botschaft kannst du nicht in einer unverständlichen Sprache werben. Nein. Du tust dies nicht, weil du eine abstrakte politische Aussage machen willst. Es ist eher eine persönliche Sache.«
    Er kratzte sich am Kopf. Mein Gott, wie sehnte er sich nach einer richtigen Dusche, lange unter einem Wasserstrahl zu stehen, sich einweichen zu lassen, die Haare zu waschen und den Kopf klar zu bekommen. Vielleicht morgen, hatte die Schwester gesagt. Seine Schiene in Frischhaltefolie packen, am Bein festkleben und mal sehen, wie es geht.
    »Wenn es also nichts Sexuelles oder Politisches ist, was ist dann der Sinn? Was hast du davon? Wenn es nur um Robbie ginge, könnte ich an Rache für etwas glauben, das in der Schulzeit passiert ist, dass er dir etwas weggenommen, dich gedemütigt, dich irgendwie gekränkt hat, wahrscheinlich sogar, ohne sich darüber im Klaren zu sein. Aber es ist unvorstellbar, dass Danny Wade solche Dinge getan haben könnte. Danny war als Junge ein Stubenhocker, mochte Modelleisenbahnen, guter Gott! Das ist weit unten in der Rangordnung, darunter kommen nur noch die, die gerade noch der Sonderschulklasse entkamen.« Er seufzte. »Es ergibt keinen Sinn.«
    Einleuchtend war dagegen, dass der Mörder Spuren hinterlassen haben musste. Angesichts der Tatsache, dass es von der Polizei vor Ort als tragischer Unfall behandelt wurde, hatte man damals am Tatort nur unzusammenhängende Ermittlungen durchgeführt, besonders als feststand, dass durch Dannys Tod für Jana nichts herausgesprungen war. Aber man könnte sogar jetzt noch Antworten finden, wenn man nur die richtigen Fragen stellte. Jemand hatte Danny vielleicht bemerkt, als er mit seinem Mörder im Pub zusammentraf. Jemand hatte ihn vielleicht in der Mordnacht bei Dannys Haus ankommen sehen. Wenn er doch nur nicht in einem Krankenhausbett festsäße, dann würde es ihm nichts ausmachen, dass Carol seine Vermutungen nicht ernst nahm. Dann könnte er selbst nach Dore fahren und mit den Leuten dort reden. Obwohl das unterm Strich nicht immer die beste Vorgehensweise war.
    Für jede Person, mit der er gut in Kontakt kam, gab es gewöhnlich mindestens eine zweite, die seine Verrücktheit spürte und befremdet war. Sein ganzes Leben hatte Tony das Gefühl

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