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Schleier der Traeume

Schleier der Traeume

Titel: Schleier der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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eines Nachts zu den Schreien seiner Mutter aufweckte und Wasser über den Boden seines Zimmers floss.
    »Die Rohre im Bad sind geplatzt«, übertönte sein Vater ihr Lamento. »Komm deiner Mutter helfen.«
    Drew stand auf und folgte dem Vater, doch etwas ließ ihn die Richtung ändern. Die Leitungen im Haus waren alt, und im Flur strich er mit der Hand die Wand entlang und folgte dem Rohr, dessen Verlauf er nicht sehen, aber spüren konnte.
    »
Andrew

    »Moment, Mom«, rief er geistesabwesend, betastete die Mauer, um die schadhafte Stelle zu finden, und entdeckte sie tatsächlich. Durch die Wand spürte er das einer zerfransten Blüte ähnelnde Leck in der Leitung. Sein Vater würde den Klempner kommen lassen müssen, damit der ein Loch in die Wand schlug und an das Kupferrohr herankam.
    Es sei denn …
    Die Kopfschmerzen, die ihn seit der Rückkehr aus dem Krankenhaus gequält hatten, verschwanden, und an ihre Stelle trat eine knisternde Wärme, die sich erst hinter den Augen konzentrierte, dann wie warmes Wasser in Schulter und Arm floss und schließlich durch seine Finger in die Wand zu strömen schien. Das Wasser, das ihm eben noch über die Füße gespritzt war, wurde zum Rinnsal und versiegte dann ganz.
    »Gott sei Dank – dein Vater hat endlich den Haupthahn gefunden. Aber sieh dich an«, sagte seine Mutter von hinten zu ihm, »du bist völlig durchnässt.«
    Sein Vater kam aus dem Keller. »Der Haupthahn ist ganz eingerostet, Bridget. Ich rufe besser …« Er verstummte und sah auf den Boden. »Was ist passiert?«
    Drew drehte sich lächelnd zu ihm um. »Ich hab das Rohr repariert, Dad.«
    Ron Riordan starrte seinen Sohn an und lachte dann los. »Und wie hast du das gemacht, Junge? Mit einem Stoßgebet an den Schutzheiligen der Klempner?«
    »Mit meinem Kopfweh«, gab sein Sohn zurück und verzog das Gesicht beim Blick auf seine bis zu den Knien durchnässte Pyjamahose. »Darf ich mich umziehen, Mom?«
    Bridget sah seufzend auf die Wand. »Sicher, Liebling. Aber bring deine nassen Sachen in die Waschküche.«
    Auf dem Rückweg hörte Drew seine Mutter sagen: »Geplatzte Rohre reparieren sich nicht von selbst, Ronnie.«
    »Wahrscheinlich ist was verstopft. Ich rufe Crowley an. Er hat sicher was, um den eingerosteten Haupthahn zu lösen.«
    Am nächsten Morgen sah sich Mr Crowley, der Klempner aus der Nachbarschaft, die Bescherung an. Drew musste zur Schule und dachte erst wieder an das geplatzte Rohr, als sein Vater nach dem Unterricht am Schultor auf ihn wartete.
    »Dad.« Drew konnte sich nicht entsinnen, dass sein Vater ihn je von der Schule abgeholt hatte. Ron war Busfahrer und kam abends erst nach sechs nach Hause. »Was machst du hier?«
    »Ich habe mir heute freigenommen, mein Sohn. Hallo Jungs.« Ron nickte den beiden Freunden zu, mit denen Drew sonst nach Hause ging. »Komm. Deine Mutter wartet im Auto.«
    Drew überlegte, ob es Ärger geben würde – vor allem, als er das Gesicht seiner Mutter sah. Sie schien geweint zu haben. »Hab ich was falsch gemacht, Dad?«
    »Nein, mein Sohn.« Ron legte ihm die Hand auf die Schulter. »Deine Mutter, du und ich – wir müssen nur etwas miteinander besprechen.«
    Sein Vater fuhr in den Park, in dem Drew mitunter mit seinen Freunden Ball spielte. Heute allerdings waren die unüberdachten Tribünen menschenleer, und als sie sich neben die Spielerbank setzten, begriff er allmählich, dass seine Eltern nicht bloß bestürzt, sondern verängstigt waren.
    »Mom?«
    Bridget setzte sich und ergriff seine Hände. »Als du gestern Abend die Wand berührt hast, Andy – was hast du da getan?«
    »Das Rohr repariert.« Er musterte die Mienen seiner Eltern. »Oder etwa nicht?«
    »Mr Crowley hat ein Loch in die Wand gestemmt, um sich die Leitung anzusehen. Das Rohr war wirklich dort gebrochen. Immerhin …« Bridget verstummte und sah Ron hilflos an.
    Sein Vater ging neben ihm in die Hocke. »Wie hast du die Leitung repariert, Junge?«
    »Ich habe sie durch die Wand gespürt.« Drew versuchte, seine merkwürdigen Empfindungen in Worte zu fassen. »Das Kupferrohr. Ich habe gespürt, wo es geplatzt war. Dann wurde mein Kopf heiß, und die Hitze strömte durch meinen Arm in die Wand – und hat das Leck geschlossen.«
    »Du hast das Metall gespürt.«
    Drew nickte. »Das fühlt sich seltsam an. Wie …«, er suchte nach dem passenden Vergleich, »… wie Weihnachten.«
    »Ach ja?« Ron zog Kleingeld aus der Tasche und gab es Drew in die Hand. »Kannst du mir mit diesen

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