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Schleier der Traeume

Schleier der Traeume

Titel: Schleier der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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zu beobachten. Im kleinen Bad befand sich nur eine Dusche, doch das Wasser war heiß, kristallklar und in großen Mengen vorhanden und besaß den etwas mineralischen Geschmack des Gebirgsstausees, aus dem es kam.
    In der ersten Woche ließ Drew sein Zeug unausgepackt, sah sich nur um und schloss Bekanntschaft mit den Bewohnern des Orts. Einige beäugten den Bart, den er sich stehen ließ, und eine Kellnerin im örtlichen Diner behauptete, er sehe aus wie der rothaarige Schauspieler aus der Serie
New York Cops
, doch ansonsten hielt er jeder Prüfung stand.
    Seine gefälschte Identität war so neu wie sein Bart: Er hieß David White, stammte aus Los Angeles, schrieb an seiner Doktorarbeit und verbrachte die Winterferien unterwegs, um etwas von Kalifornien zu sehen und sich Gedanken über Aufbau und Argumentationsgang seiner Promotion zu machen. Das war ausführlich genug, um zu erklären, warum er keiner festen Arbeit nachging und sich übergangsweise hier eingemietet hatte, und doch so unbestimmt, dass keiner seinen Background mehr als nur oberflächlich prüfen würde. Und selbst wenn: Drews Fähigkeiten als Hacker und die Unterstützung guter Freunde würden dafür sorgen, dass alle Details einer Überprüfung standhielten. David White wurde an seiner Universität als Doktorand geführt, hatte zuletzt in einer kleinen Wohnung in Campusnähe gelebt und von einem Onkel eine kleine, aber hübsche Summe geerbt, mit der er seine Schaffenspause finanzierte. Seine Steuern waren gezahlt, seine Studienkredite wurden abgezahlt, und sogar sein Auto war auf den nicht existierenden David White registriert.
    Sein Handy hatte er in Los Angeles in einem Geschäft gekauft, das im Datenschutz führend war, und obwohl es wie ein normales Mobiltelefon aussah, verschlüsselte es seine Nachrichten und konnte nach dem Einschalten binnen fünf Sekunden feststellen, ob nach seinem Signal gefahndet wurde. Auch sein Computer – aus dem Haus in Savannah gerettet, das ihm und seinen Freunden als Operationsbasis gedient hatte – besaß Sicherheitsvorkehrungen, die denen der Pentagon-Rechner Konkurrenz machen konnten.
    Drew gefiel es in Halagan recht gut, obwohl er nach Silvester würde weiterziehen müssen. Nach mehreren Jahren bei GenHance war er als Spion enttarnt worden und nur knapp Gefangennahme und Auslöschung entgangen. Obwohl er als gewöhnlicher, etwas beschränkter Computerfreak erschien, war Drews DNA etwas mehr als nur menschlich und hatte ihn zum Mitglied eines neuen Geheimordens von Übermenschen gemacht, die sich Takyn nannten.
    Wie seine Freunde war Drew als Waise von ungesetzlich arbeitenden Wissenschaftlern genetisch verändert worden. Niemand wusste, was genau sie im Schilde geführt hatten, doch durch ihre Experimente hatten die Kinder einmalige und manchmal erschreckende übernatürliche Fähigkeiten erhalten. Nachdem ein Unfall das Hauptlabor zerstört hatte und die meisten am Projekt beteiligten Genetiker dabei ums Leben gekommen waren, hatte man die Erinnerungen der an den Versuchen beteiligten Kinder blockiert oder gelöscht, ehe sie zur Adoption freigegeben und im ganzen Land verstreut worden waren. Weder die Waisen noch ihre neuen Familien ahnten etwas von den Machenschaften der Genetiker.
    Ihre Takyn-Qualitäten waren in der Kindheit überwiegend verborgen geblieben, obwohl sich ab und an bei einigen Waisen die eine oder andere kleinere Fähigkeit zeigte. Als Kind hatte Drew immer gespürt, wenn Kupfer in der Nähe war (meist hatte es sich um Münzen am Boden gehandelt), und war so gut im Aufspüren von Geld gewesen, dass die Jungs aus der Nachbarschaft ihn als Metalldetektor eingesetzt hatten. Mit neun Jahren war er dann mit Freunden in einem nahe gelegenen See baden gewesen, hatte Wasser geschluckt und sich eine Amöbeninfektion eingefangen, in deren Folge er Fieber bekommen hatte, das bis auf einundvierzig Grad gestiegen war.
    Später hatte seine Mutter ihm erzählt, die Ärzte hätten sie und seinen Vater auf das Schlimmste vorbereitet. »Sie meinten, du hättest Hirnschäden, und auch wenn du das Fieber überleben solltest, könntest du womöglich nie mehr sprechen oder mitbekommen, was um dich herum passiert, oder später selbst für dich sorgen können.«
    Drew hatte seine Eltern und die Ärzte nicht nur durch sein Überleben in Erstaunen versetzt, sondern auch dadurch, dass er die tödliche Krankheit – von Schüben bohrenden Kopfwehs abgesehen – ohne bleibende Schäden überstand. Bis sein Vater ihn

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