Schleier des Herzens (German Edition)
der Sinn einfach nicht! Lieber als seine Unterschrift auf einem Ehevertrag wollte ich sein Gold. Und wahrlich, er überschüttete mich mit Schmuck und Preziosen! Als er starb, hatte ich reichlich genug Geld, um mich freizukaufen und die ersten Mädchen für meine Schule zu erwerben. Seitdem mache ich, was ich will. – Du schaust etwas neidisch drein, kleine Beatriz!«
Beatriz seufzte. »Ja und nein. Wie du es sagst, ich liebe den Emir. So sehr ich mich auch nach Freiheit sehne und so viel ich darum gäbe, noch einmal mit wehendem Haar über Orangenplantagen zu reiten – mehr noch will ich mit Amir leben und seine Frau sein. Meine Liebe ist mir wichtiger als alles andere.«
Khalida strich ihr übers Haar.
»Dann wirst du auch den Harem ertragen«, sagte sie sanft.
Ayesha zerdrückte ein paar Tränen, als sie sich schließlich, nach einer ausgelassen durchtanzten Nacht, von Beatriz und den anderen verabschiedete. Ihr weißes Maultier wartete vor der Tür, dazu zwei Eunuchen, die ihre Eskorte bildeten. Zudem ließ es sich Hammad nicht nehmen, seine künftige Gattin selbst zu begleiten. Seine rassige Schimmelstute tänzelte neben dem gelassenen Muli.
»Ich komme zu deiner Hochzeit!«, versprach AyeshaBeatriz und meinte das zweifellos ernst. Zwar war ein Besuch von Harem zu Harem immer eine komplizierte Angelegenheit, selbst wenn die Häuser nicht weit auseinander lagen. Aber mit Zustimmung des Herrn und in einer verschlossenen Sänfte war es durchaus möglich. Beatriz bezweifelte allerdings, dass Amir ihr selbst solche Ausflüge gestatten würde. Sie hörte schon seine freundliche Stimme, mit der er die Mauern des Harems immer höher setzte: »Wozu soll meine Gattin sich den Unbequemlichkeiten einer Reise aussetzen? Du bist die Erste Frau des Emirs, und du lebst in den schönsten Gemächern. Die anderen Frauen sollen dich besuchen!«
Beatriz durfte Ayesha auch nicht auf die Straße begleiten, sondern sah ihrem Aufbruch nur von den Zinnen des Frauenhauses aus zu.
Sie winkte scheinbar fröhlich, konnte aber nicht verhindern, dass Tränen über ihr Gesicht strömten. Ohne Ayesha würde der Harem einsam für sie sein.
Amir verstand ihren Verlust und nahm sich in den nächsten Tagen möglichst viel Zeit für sie. Er führte sie an die schönsten Plätze des Parks und ließ sie weiträumig absperren, so dass die beiden die Teiche und Pavillons ganz für sich allein hatten. Sie liefen nackt wie Adam und Eva durch ihr Paradies, liebten sich im Schatten der Palmen, schwammen zwischen Seerosen und küssten sich im Mondlicht. Die Liebe mit Amir war niemals eintönig, immer wieder ließ er sich etwas einfallen, Beatriz mit neuen Spielen zu beglücken. Einmal war es eine Barke, mit der er sie über den Teich ruderte, um sie dann, getragen vom sanften Wellengang, langsam zu den Gestaden der Lust zu wiegen. Einmal führte er sie in die Schatzkammer der Alhambra und drapierte ihr rotgoldenes Haar über die Schätze, während er sie auf golddurchwirkten Teppichenliebte. Später fand sie diese Teppiche in ihrer Wohnung wieder.
»Die Füße meiner Geliebten verwandeln jeden Boden in Gold, über den sie schreitet.«
Beatriz versuchte, es ihm gleich zu tun. Sie ließ sich raffiniert ankleiden, kam züchtig verhüllt zum Treffen, und dann löste sich das Gewand doch bei einer einzigen Berührung ihres Schleiers, und sie stand nackt vor ihm, nur bekleidet mit dem riesigen Aquamarin.
Oder sie wand Goldketten um ihre Scham, verschloss sie mit einem winzigen, goldenen Schloss und ließ sich erst mühsam den Schlüssel entwinden, bevor Amir ihre Pforte der Lust erobern konnte.
Als die Mandelbäume blühten, liebten sie sich in dem weißen Blütenteppich zu Füßen der Bäume, und Beatriz musste an Ayeshas Geschichte von der Sklavin des Al Mutamid denken.
Amir vergrub Beatriz’ Körper unter dem duftenden Laub und blies die Blätter dann langsam, eins nach dem anderen weg. Beatriz salbte Amirs Körper mit Mandelöl und lachte, wenn die Blätter daran kleben blieben.
»Du riechst süß wie Marzipan«, sagte sie zärtlich und rieb sich an ihm, bis auch sie ein Kleid von Blüten trug.
»Und du schmeckst berauschend wie Honig«, gab Amir zurück und brachte am nächsten Tag ein Töpfchen feinsten Honig mit, träufelte ihn über ihren Bauch und ihre Brüste und schleckte ihn ab.
Sie teilten die süßen Früchte des Sommers und küssten einander den Saft von den Lippen. Sie tauschten Liebesschwüre, Amir rezitierte Gedichte, und
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