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Schleier des Herzens (German Edition)

Schleier des Herzens (German Edition)

Titel: Schleier des Herzens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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Beatriz sang Liebeslieder. Meist wählte sie die schweren, in Wogen auf und abschwellenden Melodien Arabiens, seltener die zärtlichen Balladen aus ihrer Heimat. Ihr wurde das Herz zu schwer, wenn sie von Mädchen sang, die von liebendenRittern aus dem Kloster oder dem strengen Haus des Vaters befreit wurden. Und dabei lag ihr eigener Ritter neben ihr, umgarnte sie mit seiner Liebe – und umgab sie mit unüberwindlichen Mauern.
    Immer wieder sprach Amir von Hochzeit in diesem Sommer der Liebe, aber Beatriz fand stets neue Ausflüchte. Schließlich verstummte auch er, voller Angst, ihr ›später‹ und ›vielleicht‹ könnte irgendwann zu einem ›Nein‹ werden.
    »Ich weiß, es ist ungebräuchlich, aber ich möchte gern die Herrin Ayesha sprechen.«
    Der junge Mann verhüllte sein Gesicht, was den Ersten Eunuchen in Hammads Harem äußerst ungnädig dreinschauen ließ.
    »Ja, selbstverständlich habe ich die Erlaubnis ihres Herrn, und natürlich soll das Treffen in einem Raum oder einem Garten stattfinden, in dem du uns beobachten kannst. Ich schätze deine Herrin über alle Maßen, und ich will sie auf keinen Fall kompromittieren.«
    »Wozu wollt Ihr sie dann sprechen?«, fragte der Eunuch unfreundlich.
    Amir erging sich in der Vorstellung, ihn vierteilen zu lassen.
    »Sagen wir, ich brauche einen Rat von ihr. Also, lässt du sie jetzt rufen, oder muss ich gemeinsam mit ihrem Herrn erscheinen, um mein Anliegen dringlicher zu machen?«
    Der Eunuch studierte noch einmal sorgfältig Hammads Brief, der seinem Freund Amir al Granada die Erlaubnis gab, mit seiner Frau zu sprechen. Ihm erschien das alles sehr verdächtig. Dieser Besucher hatte nicht einmal einen richtigen Namen. Aber ›al Granada‹ hinter seinen Vornamen zu setzen, zeugte von Mut. Eigentlich stand das wohl nur dem Emir zu ...
    Schließlich öffnete er dem Mann unwillig die Türen des Harems. Bewacht von zwei riesigen, tiefschwarzen Nubiern mit Krummschwertern am Gürtel, wartete Amir in einem wunderschönen, rosenbewachsenen Garten. Im Nachhinein erschien ihm die Episode mit dem Eunuchen eher komisch. Wenn der wüsste, mit wem er eben so umgesprungen war! Aber als Emir im vollen Ornat den Harem seines Freundes aufzusuchen – das wäre nun wirklich kompromittierend gewesen. Garantiert hätte der Klatsch ihm sofort eine Affäre mit der schönen Ayesha angehängt, die Hammad dulden musste, weil man dem Emir nicht widersprach. Dann schon lieber ein Rendezvous mit einem Unbekannten, den man im Nachhinein immer noch als Ayeshas Bruder ausgeben konnte.
    Ayesha erschien nach nur wenigen Minuten. Eine fast unschickliche Eile, aber womöglich hatte Hammad sie ja vorbereitet. Oder die Neugier trieb sie an. Auf jeden Fall war sie ganz züchtig gekleidet, vollkommen verhüllt unter dem Tschador, selbst die Augen schützte ein Schleier.
    Amir musste lächeln. Und dabei hatte er Ayeshas schönes Gesicht schon so oft unverschleiert gesehen. In jener schrecklichen Nacht, als Zarah starb, sogar ungeschminkt.
    »Womit kann ich Euch dienen?«
    Ayesha näherte sich dem Besucher auf nicht mehr als einige Schritte, auf keinem Fall wollte sie ihm nahe genug kommen, um ihn womöglich zu berühren. Die Eunuchen, die sie von weitem beobachteten, dürften keinerlei Verdacht schöpfen, sonst wäre ihr Besucher womöglich des Todes ...
    Amir enthüllte sein Gesicht.
    »Mein Emir!«
    Ayesha wollte sich zu der rituellen Begrüßung zu Boden werfen, aber Amir wehrte ab.
    »Lass, ich bin im Geheimen hier. Ich muss mit dir reden.«
    Ayeshas verhüllter Gestalt war keine Regung anzusehen, aber ihre Stimme klang besorgt.
    »Ist etwas mit Beatriz? Ist sie krank?«
    Amir schüttelte den Kopf.
    »Nein, sie erfreut sich bester Gesundheit. Aber ... Ayesha, etwas ist tatsächlich merkwürdig. So seltsam, dass ich dieses ... Versteckspiel auf mich nahm, um dich dazu zu befragen. Du bist ihre Freundin, und du bist eine Frau. Vielleicht verstehst du sie besser ...«
    Unter dem Tschador erklang ein helles Lachen.
    »Wenn ich Euch dienen kann, mein Emir ...«
    »Ayesha ...« Amir sprach mit verzweifelter Dringlichkeit. »Ich liebe Beatriz. Ich liebe sie mit jeder Faser meines Körpers, mit jedem Schlag meines Herzens, sie ist das Licht meiner Seele. Und ich denke, sie liebt mich auch. Aber sie will mich nicht heiraten! Jedes Mal, wenn ich einen Termin für die Hochzeit festsetzen will, lenkt sie ab, hat sie Ausflüchte ... Was geht da vor, Ayesha? Sie kann mich nicht so belügen ...«
    Ayesha

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