Schleier des Herzens (German Edition)
zu befriedigen. Offensichtlich gab er den Mädchen ein paar Anweisungen, die Beatriz daraufhin in ein Handtuch hüllten und aus dem Ruheraum führten. Nebenan lag eine Art Schmink- und Ankleidezimmer. Das Mädchen von eben saß dort bereits auf einem bequemen Kissen, während ihre Badefrauen damit beschäftigt waren, Perlen in ihr Haar zu flechten und ihre Hände mit kunstvollen Ranken aus Henna zu bemalen. Mit Letzterem schien sie nicht ganz zufrieden, und sie wies die Badefrau an, sich ihren Handrücken noch intensiver zu widmen.
»Es betont die Beweglichkeit und Schönheit meiner Hände, wenn ich die Laute spiele«, erklärte sie auf Beatriz’ neugierigen Blick hin.
»Ihr sprecht meine Sprache?«, fragte Beatriz erfreut und zugleich verwundert. Ob sie da wohl eine Leidensgefährtinvor sich hatte? Andererseits sprach das Mädchen zwar fehlerfrei, aber mit einem fremdländischen Akzent.
»Ja, das gehörte zu meiner Ausbildung«, gab das Mädchen freundlich Auskunft. »Ich beherrsche auch Griechisch und Latein.«
Beatriz schnappte nach Luft.
»Welche Ausbildung?«, erkundigte sie sich.
»Ich bin ein Mädchen von Khalida al Fahiya«, meinte die andere, als wäre damit alles erklärt. Sie sah in den Spiegel und monierte etwas an ihrer Frisur. Die Zofe beeilte sich, die Haarsträhne anders zu drapieren.
»Ihr seid nicht hier, um ... verkauft zu werden?«, fragte Beatriz schüchtern
Das Mädchen lachte. Sie hatte eine silberhelle Stimme und sehr klare, hellgrüne Augen. »Natürlich bin ich hier, um verkauft zu werden. Dies ist das Haus von Abraham ibn Saul, Kleines, und kein öffentliches Badehaus!«
»Aber ... aber Ihr seht nicht aus wie eine Sklavin. Und Ihr ... Ihr scheint auch gar nicht beunruhigt.«
Peri und Mariam hatten Beatriz inzwischen bedeutet, sich auf einem Kissen neben dem anderen Mädchen niederzusetzen. Peri kämmte ihr das Haar, Mariam rieb ihre Hände mit duftenden Essenzen ein und schnitt ihre Nägel.
»Das scheint nur so. Tatsächlich bebe ich innerlich! In einer Stunde werde ich dem Wesir des Emirs vorgestellt, einem hervorragenden Mann; angeblich spielt er selbst ganz hervorragend die Laute. Ich sterbe vor Angst, beim Vorspielen zu versagen!« Sie betrachtete prüfend die inzwischen beendete Bemalung ihrer linken Hand.
»Ihr ... möchtet verkauft werden?«, brach es aus Beatriz heraus.
»Wer möchte nicht im Harem der Alhambra leben? Alle Mädchen in Khalidas Haus haben davon geträumt. Und ich bin ganz nahe dran ... Mein Name ist übrigens Ayesha.Ich bin Musikerin. Bislang gehörte ich zum Harem des Herrn Safid, einem geachteten Mitglied der Familie der Zegris in Alhama. Aber mein Herr starb vor ein paar Monden, und sein Sohn ist kein großer Freund der Musik.«
Ayesha schien jetzt mit ihrer Frisur zufrieden, wies die Zofe aber an, noch mehr Goldschmuck in ihr Haar zu flechten und um ihren Hals, ihre Hand- und Fußgelenke zu winden.
»Und dann verkauft er dich einfach weiter?« Beatriz war entsetzt, aber Ayesha schien das völlig normal zu finden.
»Kindchen, fast jeder Harem wird aufgelöst, wenn der Herr stirbt. Die engere Familie zieht zu Verwandten, aber die Sklavinnen werden anderweitig vermittelt. Für Musikerinnen und Tänzerinnen kann das durchaus ein Aufstieg sein. Wer nichts Besonderes kann, endet oft als Frau eines kleinen Handwerkers oder Beamten. So ist das Leben. Aber was stellst du für Fragen? Bist du neu in Granada? Ach ja, richtig, du musst die Christin sein, die der Stoßtrupp erbeutet hat. Alle reden von deiner Schönheit. Und sie übertreiben nicht! Wenn du noch Jungfrau bist, wirst du ein Vermögen erzielen.« Ayesha kramte in einer kunstvoll verzierten Schmuckschatulle und zog noch ein Diadem heraus.
»Ist das alles dein Schmuck?«, erkundigte sich Beatriz. Die Schatulle enthielt erlesene Stücke.
Ayesha nickte. »Geschenke meines früheren Besitzers und anderer Herren, die ich mit meiner Kunst erfreuen konnte.« Sie hielt sich zwei Paare Ohrringe an und hatte offensichtlich Mühe, sich zu entscheiden. Ihre Zofe legte inzwischen einen hauchdünnen Chiffonschleier über ihr kunstvoll aufgestecktes Haar.
Beatriz brannte eine andere Frage auf den Nägeln. »So .... spielst du nur die Laute? Du bist nicht ... Du wirstnicht ... Du musst deinem Herrn nicht im Bett zu Willen sein?«
Ayesha lachte schallend. »Kleines, natürlich gehört auch das zu meiner Ausbildung. Selbstverständlich kann ich einen Mann zu den höchsten Höhen der Lust führen. Aber ich bin
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