Schleier des Herzens (German Edition)
sie.
Soraya schüttelte den Kopf. »Ach, rede keinen Unsinn! Dein Monatsfluss hat schon vier Monde ausgesetzt, wie man mir berichtete.«
»Haremsklatsch«, erwiderte Beatriz kühl.
Soraya schüttelte den Kopf. »O nein, mein Kind, der Bericht deiner Kammerzofe. Meinst du, ich bin auf das Gerede der Mädchen angewiesen, Wenn ich wissen will, was sich in deinen Gemächern tut?«
»Du spionierst mir nach?« Beatriz fuhr auf.
»Es ist mein Vorrecht, über die Vorgänge im Harem informiert zu sein«, meinte Soraya gelassen. »Willst du es deinem Herrn selbst sagen, oder soll ich ihm die freudige Nachricht überbringen?«
Beatrix überlief es kalt.
»Für mich ist es keine freudige Nachricht!«, brach es aus ihr heraus. »Ich will kein Kind von deinem Mann.«
»Das hättest du dir überlegen müssen, bevor du seinem Drängen nachgabst«, spottete Soraya. »Aber du hastdeine Schwüre ja schnell vergessen. Nun, wie ich hörte, vermochtest du Mammar ohnehin nicht lange zu fesseln. Nichtsdestotrotz ist dein Kind willkommen. Geh mir jetzt aus den Augen!«
Zitternd vor Scham und Wut suchte Beatriz Kühlung im hintersten Winkel des großen Badebeckens. Fatima schwamm auf sie zu. Die erfahrene Odaliske hatte den Auftritt Sorayas miterlebt.
»Du musst dir das nicht bieten lassen«, sagte sie ruhig. »Du bist jetzt eine Macht hier im Harem. Du trägst das Kind des Herrn, man hat dir mit Ehrerbietung zu begegnen. Jeder und jede. Wenn Soraya das nicht begreift, wird Mammar es ihr klar machen.«
Beatriz schluchzte. »Ich will keine Machtposition im Harem. Ich will nach Hause. Ich will, dass all dies nicht passiert ist ...«
»Allahs Wille geht seltsame Wege. Du solltest den Koran lesen, Beatriz. Es mag sein, dass man dich bald auffordert, den Islam zu nehmen ...«
Beatriz verstand die Anspielung. Im Harem spielte die Religion der Mädchen keine Rolle, Niemand versuchte zu missionieren. Aber wenn eine Frau in den Rang der Ehefrau erhoben werden wollte, musste sie sich zur Religion ihres Gatten bekennen. Sie wusste, dass sie sich darüber freuen sollte. Aber sie weinte sich ein weiteres Mal in den Schlaf.
In dieser Nacht bekam Mammar al Khadiz die Absolution, um die er seit der Nacht der Vergewaltigung betete. Allah hatte seine Vereinigung mit Beatriz mit einem Kind gesegnet. Damit war alles vergeben. Der Wesir fiel dankbar auf die Knie, nachdem er Sorayas Räume verlassen hatte. Seine Gattin hatte ihm kühl und geschäftsmäßig von Beatriz’ Schwangerschaft berichtet. Mit eisernerSelbstbeherrschung hatte er die Nachricht aufgenommen und Freude bekundet, aber nichts von den überbordenden, erneut auflodernden Gefühlen verraten, die er für Beatriz Aguirre empfand.
Beatriz ... Wenn sie ihm einen Sohn schenkte, musste sie ihm verzeihen. Sie würde das Kind lieben und sich mit ihrem Schicksal abfinden. Er konnte noch einmal von vorn anfangen. Noch einmal um sie werben. Auf ehrenhafte Weise, wenn es sein musste in der Art der spanischen Granden, die sie gewohnt war. Er würde sie förmlich um ihre Hand bitten. Würde sie zur Frau nehmen, und sie würden glücklich sein ... Gleich am Morgen würde er mit der Werbung beginnen. Er würde ihr ein kostbares Collier schicken. Nein, lieber einen Ring ...
Als Beatriz am Morgen erwachte, lag ein schwerer, goldener Ring neben ihrem Bett, ein riesiger Türkis, umgeben von winzigen Diamanten.
»Als Zeichen meiner Wertschätzung. Mögen deine Augen auch einmal so strahlen, wenn sie die meinen erblicken.«, buchstabierte Beatriz den beiliegenden Brief.
Trotzig warf sie ihn beiseite. Mammar al Khadiz würde ihre Augen niemals zum Strahlen bringen. Aber den Ring fügte sie ihrer Schmucksammlung hinzu. Vielleicht konnte sie Mammar dieses vermaledeite Kind überlassen und sich frei kaufen.
Susanna schüttelte den Kopf, als sie ihr diesen Gedanken anvertraute.
»Wenn das Kind erst da ist, werdet Ihr es lieben«, sagte sie sanft. »Es zu verlassen würde Euch das Herz aus dem Leib reißen.«
Fatima fand deutlichere Worte. »Träumst du immer noch von Kastilien? Wach auf, du Dummchen, stell dich endlich der Wirklichkeit! In Kastilien erwartet dich keiner!Dein Geliebter ist tot. Dein Vater hat keine Anstalten gemacht, dich freizukaufen. Nicht einmal, als du noch Jungfrau warst. Schon der Verdacht, man hätte dich entehrt, hat dich wertlos für ihn gemacht. Als was willst du jetzt heimkehren in dein geliebtes Kastilien? Als geschändete Frau? Als Mutter eines Haremsbankert? Natürlich
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