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Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brisbin
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damit genau ihren Hunger nach Liebe beschrieb und die Konsequenz dieses Hungers. Und seine Worte bezeugten all die Gefühle, während ihrer letzten Jahre im Kloster. Sie hatte zu jemandem gehören wollen. Sie hatte begehrt und gebraucht werden wollen. Und sie hatte sich danach gesehnt, geliebt zu werden.
    „Schon früher habe ich hier gelebt. Hier, in den Schlössern des Earls in Schweden und auf seinen Besitztümern in Norwegen. Als ich noch ein Kind war, war Reichtum selbstverständlich. Bastard oder nicht, Lord Erengisl sorgte für meine Mutter und mich. Jeder Wunsch wurde gewährt. Was das Herz begehrt, wurde gekauft oder gegeben.“ Er warf ihr einen kurzen Blick zu und sah dann wieder fort. „Doch was ich mir mehr als alles andere wünschte, waren seine Aberkennung und sein Name“, sagte Rurik.
    Und seine Liebe, fügte Margriet in Gedanken hinzu. Sie wusste, dass sie beide ganz genau das Gleiche wollten und brauchten.
    „Als mein Vater uns verbannt hat“, fuhr er fort, „habe ich alles verloren. Und wenn die MacLeries mich auch willkommen hießen, blieb doch die Sehnsucht bestehen.“
    „Und jetzt habt Ihr die Chance, all das zu erlangen, was Ihr immer haben wolltet?“, fragte sie und kannte bereits seine Antwort.
    Seine Augen blickten freudlos, als er sich ihr zuwandte. Und als er auf sie zuging, spürte sie, welch eine furchtbare Wahl er treffen musste.
    „Die ganze Zeit über hat er mich beobachtet. Er beobachtete mich und wartete ab, ob ich wirklich der Mann bin, dem er seinen Platz überlassen kann. Selbst wenn Euer Vater ihn dazu drängt, so hat doch seine Aufforderung gezeigt, nach Hause zu kommen, dass er an mich glaubt. Die Antwort heißt: Ja, ich bin es würdig, an seine Stelle zu treten.“
    „Rurik, das wart Ihr immer“, versicherte ihm Margriet.
    „Eure Worte können an meiner Vergangenheit, meinen Anfängen nichts ändern“, erwiderte er. Ein trauriges Lächeln huschte über sein Gesicht, ließ es einen Moment lang weich erscheinen und enthüllte eine Verletzlichkeit, die Margriet noch nie an ihm gesehen hatte. „Auf gewisse Weise habe ich Euch für meine letzte Prüfung gehalten.“
    „Wie das? Glaubt Ihr, ich bin mit Eurem Vater im Bunde? Dass ich geschickt wurde, um Euch abzulenken von dem, was Ihr Euch ersehnt?“ Seine Worte hatten sie getroffen. Aber dann erkannte sie, dass er damit nicht sagen wollte, dass sie ihn vorsätzlich auf die Probe gestellt hatte.
    „Nun, ich glaube, Ihr seid die Versuchung in ihrer reinsten Form. Und ich glaube auch, dass das Schicksal Euch mir geschickt und mir das Beste bis zuletzt aufgehoben hat.“
    Ein heißer Schmerz durchfuhr sie, als sie langsam verstand, dass sie sich im Endeffekt doch gar nicht glichen. Für sie bedeutete die Liebe alles und für ihn gar nichts. Sie musste gehen, bevor sie sich selbst in Verlegenheit brachte und ihn um seine Liebe bat, wie sie es bei Finn getan hatte. Wie seine Antwort auch lauten mochte, sie würde ihr nicht das geben, was sie ebenso sehr suchte, wie er hier sein Vermögen und seine Zukunft. Keine Antwort würde die richtige sein. Margret griff nach dem Riegel, hob ihn an und öffnete mit zitternden Händen die Tür.
    „Und ich glaubte, wir wären uns ähnlich, Rurik. Doch jetzt sehe ich, wie verschieden wir sind. Du hältst die Liebe in Händen und willst sie für alles opfern, wonach du dich sehnst, und ich habe alles für die Liebe geopfert, von der ich glaubte, ich besäße sie. Ich weiß nur nicht, wer der größere Narr von uns beiden ist.“
    „Margriet, es tut mir leid“, sagte er. „Ich kann nicht
    ich kann nicht
    “
    Sie hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. Die Entschuldigung spielte keine Rolle mehr, nur die Antwort auf ihre unausgesprochene Frage. Und die hatte sie bekommen. Sie wusste jetzt, dass sie den Rest ihres Wegs allein gehen würde. Finn erschien ihr wie eine Erfindung ihrer Fantasie. Sie musste sich ihrer Schwäche stellen und die Konsequenzen tragen.
    „Ihr solltet bald mit Eurem Vater sprechen“, erklärte er. „Bevor es ihm irgendjemand sagt. Gunnar ist ein ehrenwerter Mann und wird Euch helfen.“
    Das war nun wirklich nicht der Augenblick, ihr Ratschläge zu erteilen. Besonders wenn es darum ging, wie sie ohne ihn weiterleben sollte. Margriet stürmte aus dem Gemach und die Treppe hinunter, wandte sich der großen Halle zu
    und stieß geradewegs mit jemandem zusammen. Der Mann fasste sie bei den Schultern und verhinderte so, dass sie zu Boden stürzte.
    „Ich bitte um Verzeihung“, sagte

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