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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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bestätigt worden war. Was wir uns ausmalen, ist immer schlimmer als das, womit uns die Realität konfrontiert. Vor nichts fürchten wir uns so sehr wie vor den im Dunkel lauernden Hirngespinsten.
    Wenn er Ballston in Panik versetzen wollte, war es wohl am besten, ihm eine Gelegenheit dazu zu geben, ganz allein. Einen Frontalangriff würde er locker mit seinem Heer von Juristen zurückschlagen. Gurney musste den Hintereingang in die Festung nehmen.
    Ballstons aktuelle Verteidigungsstrategie war die Behauptung, nichts von Melanie Strum zu wissen, ob tot oder lebendig, zusammen mit der Einführung einer weiteren Hypothese, die sich auf den Zugang anderer Leute zu seinem Haus bezog, um die Leiche in der Gefriertruhe zu erklären. Diese Strategie würde auf verheerende Weise zusammenbrechen, wenn eine zeitlich frühere Verbindung zwischen ihm und der jungen Frau nachgewiesen werden konnte. Im günstigsten Fall würde diese Verbindung auch zeigen, wie die Morde an Melanie Strum, Jillian Perry und Kiki Muller, wie auch das Verschwinden der anderen Mapleshade-Absolventinnen zusammenhingen. Doch auch unabhängig davon war sich Gurney sicher, dass die Klärung von Melanies Weg bis zu Ballstons Keller einen Riesenschritt in Richtung der endgültigen Lösung bedeuten würde. Und bestimmt hatte Ballston vor nichts so große Angst wie vor der Aufdeckung dieser Verbindung.
    Die Frage war, wie man diese Angst auslösen konnte, um sie als Eintrittskarte zu Ballstons Psyche zu benutzen und dabei die Befestigungsanlagen seiner Anwälte zu umgehen. Gab es Personen, Orte oder Dinge, deren Erwähnung die Tür aufstoßen würde? Mapleshade? Jillian Perry? Kiki Muller? Hector Flores? Edward Vallory? Alessandro? Karnala Fashion? Giotto Skard?
    Und wenn schon die Auswahl des richtigen Zauberwortes schwerfiel, so war es noch viel schwerer, den anschließenden Dialog zu gestalten – mit der pinteresken Kunst des Andeutens ohne genaue Angaben, des Zermürbens ohne Nennung von Einzelheiten. Die Herausforderung bestand darin, den dunklen Hintergrund zu schaffen, vor dem sich Ballston das Schlimmste vorstellen konnte.
    Inzwischen war Madeleine schon zu Bett gegangen. Gurney hingegen war hellwach und lief wie ein Panther in der Küche auf und ab. Der Kopf schwirrte ihm vor Möglichkeiten, Risiken, Strategien. Nach und nach grenzte er die Zahl der potenziellen Türöffner auf die drei verheißungsvollsten ein: Mapleshade, Flores, Karnala.
    Von diesen setzte er zuletzt Karnala mit einem Millimeter Vorsprung an die erste Stelle. Alle vermissten Mapleshade-Schülerinnen waren in annähernd pornografischen Anzeigen von Karnala Fashion erschienen, Karnala arbeitete offenbar nur zum Schein in der Modebranche, Karnala stand in Verbindung mit den Skards, die womöglich ein kriminelles Seximperium betrieben, und der Mord an Melanie Strum war ein Sexualverbrechen. Nahm man Edward Vallorys Prolog und die Aufnahmeprinzipien von Mapleshade hinzu, so zeigte sich, dass es in dem Fall ausschließlich um Sexualverbrechen und deren Folgen ging.
    Gurney war sich bewusst, dass die logische Verknüpfung mit Karnala alles andere als vollkommen war, aber die Forderung nach vollkommener Logik führte nie zu Lösungen, sondern nur zur Lähmung. Seiner Erfahrung nach lautete die entscheidende Frage in der Polizeiarbeit wie auch im Leben nicht: »Bin ich mir meiner Sache absolut sicher?« Stattdessen zählte nur die Frage: »Bin ich mir so sicher, dass ich handeln kann?«
    Und in diesem Fall lautete Gurneys Antwort Ja. Er war überzeugt davon, Jordan Ballston mit dem Stichwort Karnala aus der Fassung bringen zu können. Auf der alten Wanduhr über der Anrichte war es kurz nach zehn, als er bei der Polizei von Palm Beach anrief.
    Niemand, der an dem Fall Strum arbeitete, war anwesend, doch der diensthabende Beamte gab Gurney Darryl Beckers Handynummer.
    Erstaunlicherweise meldete sich Becker schon nach dem ersten Klingeln.
    Gurney erklärte ihm sein Anliegen.
    »Ballston redet mit niemandem«, antwortete Becker gereizt. »Die gesamte Kommunikation läuft über die Anwaltskanzlei Markham, Mull & Sternberg. Das habe ich doch klargestellt.«
    »Vielleicht habe ich einen Ansatz, um zu ihm durchzudringen.«
    »Wie soll das gehen?«
    »Ich werfe ihm eine Bombe durchs Fenster.«
    »Was für eine Bombe?«
    »Eine, über die er reden will.«
    »Ist das ein Spiel, Gurney? Ich hab einen schweren Tag hinter mir. Ich möchte Fakten.«
    »Sind Sie da so sicher?« Als Becker schwieg, fuhr

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