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Schlink,Bernhard

Schlink,Bernhard

Titel: Schlink,Bernhard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sommerlügen
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und danach gab es Obstsalat mit Nüssen. »Es hat
wunderbar geschmeckt. Aber jetzt muss ich raus und laufen oder Fahrrad fahren
oder schwimmen.« Als sie zweifelnd in den Regen sah, erzählte er ihr von seinem
doppelten Frühstück.
    »Du
wolltest John und Linda nicht enttäuschen? Was für ein Schatz du bist!« Sie sah
ihn vergnügt und bewundernd an. »Ja, warum nicht schwimmen! Du hast keine
Badehose? Du willst...« Sie schaute zweifelnd, war aber einverstanden, packte
Handtücher in eine große Tasche und legte einen Schirm, den Champagner und zwei
Gläser dazu. »Wir können übers Grundstück gehen, es ist schöner und geht
schneller.«
     
    4
     
    Sie
kamen an dem großen Haus vorbei, einem mit hohen Säulen und geschlossenen Läden
auch aus der Nähe geheimnisvollen Bau. Sie stiegen die breiten Stufen hoch,
standen auf der Terrasse zwischen den Säulen, gingen ums Haus und fanden die
Treppe zur überdachten Veranda vor dem nächsten Geschoss. Von hier ging der
nebeltrübe Blick über Dünen und Strand zum grauen Meer. »Es liegt ganz still«,
flüsterte sie.
    Sah
sie das auf diese Entfernung? Hörte sie es? Es regnete nicht mehr, und in der
tiefen Stille mochte auch er nur flüstern. »Wo sind die Möwen?«
    »Draußen
auf dem Meer. Wenn der Regen aufhört, kommen die Würmer aus der Erde und die
Fische an die Oberfläche.«
    »Das
glaube ich nicht.«
    Sie
lachte. »Wollten wir nicht schwimmen?« Sie lief los, so schnell und des Wegs so
sicher, dass er mit der großen Tasche nicht mithalten konnte. In den Dünen
verlor er sie aus den Augen, und als er den Strand erreichte, zog sie gerade
die letzte Socke aus und rannte zum Meer. Als er am Meer war, schwamm sie schon
weit draußen.
    Das
Meer lag tatsächlich ganz still und war nur kalt, bis er zu schwimmen begann.
Dann schmeichelte es seinem nackten Körper. Er schwamm weit hinaus und ließ
sich auf dem Rücken treiben. Noch weiter draußen kraulte Susan. Als der Regen
wieder einsetzte, genoss er die Tropfen auf seinem Gesicht.
    Der
Regen wurde dichter, und er sah Susan nicht mehr. Er rief. Er schwamm in die
Richtung, in der er meinte, sie zuletzt gesehen zu haben, und rief wieder. Als
er das Land kaum noch sah, kehrte er um. Er war kein schneller Schwimmer,
strengte sich an, kam aber nur langsam voran, und die Langsamkeit steigerte
seine Angst zur Panik. Wie lange würde Susan durchhalten? Hatte er das Handy in
der Hosentasche? Bekam er am Strand eine Verbindung? Wo war das nächste Haus?
Er hielt die Anstrengung nicht durch, wurde noch langsamer und noch panischer.
    Dann
sah er eine blasse Gestalt aus dem Meer steigen und am Strand stehen bleiben.
Der Zorn gab ihm Kraft. Wie hatte sie ihm solche Angst einjagen können! Als sie
winkte, winkte er nicht zurück.
    Als
er wütend vor ihr stand, lächelte sie ihn an. »Was ist los?«
    »Was
los ist? Ich habe eine Wahnsinnsangst gekriegt, als ich dich nicht mehr gesehen
habe. Warum bist du nicht vorbeigeschwommen, als du zurückgeschwommen bist?«
    »Ich
habe dich nicht gesehen.«
    »Du
hast mich nicht gesehen?«
    Sie
wurde rot. »Ich bin ziemlich kurzsichtig.«
    Sein
Zorn kam ihm plötzlich lächerlich vor. Sie standen sich nackt und nass
gegenüber, beiden lief der Regen übers Gesicht, beide hatten Gänsehaut und
zitterten und wärmten sich die Brust mit den Armen. Sie sah ihn mit dem verletzlichen,
suchenden Blick an, in dem sich, wie er jetzt wusste, nicht Unsicherheit
ausdrückte, sondern nur Kurzsichtigkeit. Er sah die blauen Adern, die durch
ihre dünne weiße Haut schienen, ihr Schamhaar, rotblond, obwohl das Haar auf
ihrem Kopf hellblond war, ihren flachen Bauch und ihre schmalen Hüften, ihre
kräftigen Arme und Beine. Er schämte sich seines Körpers und zog den Bauch ein.
»Es tut mir leid, dass ich grob war.«
    »Ich
verstehe schon. Du hattest Angst.« Sie lächelte ihn wieder an.
    Er
war verlegen. Dann gab er sich einen Ruck, zeigte mit dem Kopf zu der Stelle
bei den Dünen, wo ihre Sachen lagen, rief »los!« und rannte los. Sie war
schneller als er und hätte ihn mühelos überholen können. Aber sie rannte neben
ihm her, und es erinnerte ihn an seine Kindheit, an die Freude des gemeinsamen
Rennens zu einem gemeinsamen Ziel mit den Schwestern oder den Freunden. Er sah
ihre kleinen Brüste, die sie, als sie am Strand gestanden war, mit den Armen geschützt
hatte, und ihren kleinen Po.
     
    5
     
    Ihre
Kleider waren nass. Aber die Handtücher waren in der Tasche trocken geblieben,
und Susan und

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