Schloss aus Glas
war dunkel und leer. Der Wind pfiff durch die kaputte Autoscheibe neben mir. Dad steckte sich eine Zigarette an. »Genau wie damals, als ich dich in die Schwefelquelle geworfen hab, um dir Schwimmen beizubringen«, sagte er. »Du hast bestimmt gedacht, du ertrinkst, aber ich wusste, du würdest es schaffen.«
Am nächsten Abend verschwand Dad. Einige Tage später wollte er, dass ich wieder mit ihm zu einer Kneipe fuhr, aber ich sagte Nein. Dad ging an die Decke und sagte, wenn ich schon nicht mit ihm zusammenarbeiten wollte, sollte ich ihm wenigstens etwas Geld für den Einsatz beim Billard geben. Widerwillig rückte ich einen Zwanziger raus und ein paar Tage später noch einen.
Mom hatte gesagt, Anfang Juli würde ein Scheck von der Firma kommen, die auf ihrem Stück Land in Texas nach Ol bohrte. Sie hatte mich auch gewarnt, dass Dad versuchen würde, den Scheck in die Finger zu kriegen. Und wirklich, Dad fing den Postboten unten am Hügel ab und ließ sich den Scheck aushändigen, doch als der Postbote es mir gleich darauf erzählte, lief ich die Little Hobart Street hinunter und erwischte Dad noch, bevor er in der Stadt war. Ich sagte, Mom habe mich gebeten, den Scheck zu verstecken, bis sie zurück sei. »Verstecken wir ihn zusammen«, sagte Dad und schlug vor, ihn in Moms Lexikon World Book von 1933 zu stecken - unter »Währung«.
Als ich den Scheck am nächsten Tag woanders verstecken wollte, war er weg. Dad schwor, keine Ahnung zu haben, wo der Scheck abgeblieben war. Ich wusste, dass er log, aber ich wusste auch, er würde es einfach abstreiten, wenn ich ihm Vorhaltungen machte, und wir würden uns nur fetzen, was mich auch nicht weiterbringen würde. Zum ersten Mal konnte ich mir sehr gut vorstellen, was Mom auszuhalten hatte. Eine starke Frau zu sein war schwerer, als ich gedacht hatte. Mom würde noch über einen Monat in Gharleston bleiben, das Geld für Lebensmittel war fast alle, und mein Verdienst als Babysitter reichte vom und hinten nicht.
Ich hatte im Schaufenster von Becker's Jewel Box, einem Schmuckladen auf der McDowell Street, ein Schild mit der Aufschrift »Aushilfe gesucht« gesehen. Ich legte jede Menge Makeup auf, zog mein bestes Kleid an - es war lila mit winzigen weißen Punkten und einer Schärpe, die auf dem Rücken gebunden wurde - und ein Paar von Moms hochhackigen Schuhen, da wir die gleiche Größe hatten. Dann zog ich los, um mich für den Job zu bewerben.
Als ich die Tür öffnete, bimmelten die Glocken, die darüber hingen. Becker's Jewel Box war schicker als jeder Laden, den ich bis dahin betreten hatte, mit einer summenden Klimaanlage und surrenden Neonleuchten. In verschlossenen Vitrinen lagen Ringe, Halsketten und Broschen, und um das Warenangebot zu erweitern, hingen ein paar Gitarren und Banjos an den mit Kiefernholz verkleideten Wänden. Mr. Becker lehnte mit verschränkten Händen an der Theke. Er hatte einen so dicken Bauch, dass sein dünner schwarzer Gürtel mich an die Äquatorlinie auf einem Globus erinnerte.
Ich hatte Angst, dass Mr. Becker mir den Job nicht geben würde, wenn ich ihm sagte, dass ich erst dreizehn war, deshalb gab ich mich als siebzehn aus. Er stellte mich auf der Stelle ein, für vierzig Dollar die Woche bar auf die Hand. Ich war völlig aus dem Häuschen. Es war mein erster richtiger Job. Babysitten und Nachhilfe und für andere die Schulaufgaben machen, Rasen mähen und Pfandflaschen und Schrott sammeln, das alles zählte nicht. Vierzig Dollar die Woche war richtig viel Geld.
Die Arbeit machte mir Spaß. Leute, die Schmuck kauften, waren immer gut gelaunt, und obwohl Welch eine arme Stadt war, hatte Becker's Jewel Box eine große Kundschaft: ältere Bergleute, die ihrer Frau eine Brosche schenken wollten, junge Pärchen, die sich Verlobungsringe kauften, wobei die Mädchen aufgeregt kicherten und die Jungs sich stolz und männlich gaben.
Wenn wenig zu tun war, verfolgten Mr. Becker und ich auf einem kleinen Schwarzweißfernseher die Anhörungen in der Watergate-Affare. Mr. Becker war ganz hingerissen von John Deans Frau Maureen, die, elegant gekleidet und das blonde Haar zu einem straffen Knoten gebunden, hinter ihrem Mann saß, wenn er als Zeuge aussagte. »Meine Fresse, das ist ein Rasseweib«, sagte Mr. Becker. Und manchmal war Mr. Becker so aufgegeilt, nachdem er Maureen Dean im Fernsehen gesehen hatte, dass er mir den Hintern tätschelte, wenn ich die Vitrinen putzte. Ich stieß dann seine Hände weg und entfernte mich ohne ein Wort,
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