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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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rannte in die Dunkelheit.
    »Du verrücktes Miststück!«, brüllte Dad. »Beweg deinen Arsch sofort zurück ins Auto, verdammt noch mal!«
    »Nur über meine Leiche, du Banause!«, kreischte sie und lief weiter.
    Dad riss das Lenkrad herum, fuhr von der Straße und hinter ihr her in die Wüste. Lori, Brian und ich stützten uns mit den Armen ab, wie jedes Mal, wenn Dad eine seiner wilden Verfolgungsfahrten unternahm, die sich immer recht holprig gestalteten.
    Dad steckte beim Fahren den Kopf aus dem Seitenfenster und brüllte hinter Mom her, beschimpfte sie mit »blöde Nutte« und »Dreckstück« und befahl ihr, wieder ins Auto zu steigen. Mom wollte nicht. Sie lief vor uns her, tauchte immer mal wieder zwischen den Wüstenbüschen auf. Da sie niemals ordinäre Kraftausdrücke in den Mund nahm, nannte sie Dad einen »verflixten« und »nutzlosen Trunkenbold«. Dad hielt den Wagen an, setzte zurück und trat das Gaspedal durch. Wir
    schössen auf Mom zu, die kreischte und zur Seite sprang. Dad wendete und raste wieder auf sie los.
    Es war eine mondlose Nacht, deshalb konnten wir Mom immer nur dann sehen, wenn sie ins Scheinwerferlicht geriet. Sie schaute immer wieder über die Schulter, die Augen weit aufgerissen wie ein gehetztes Tier. Wir Kinder weinten und flehten Dad an aufzuhören, aber er kümmerte sich nicht darum. Ich machte mir noch größere Sorgen um das Baby in Moms prallem Bauch als um Mom selbst. Das Auto sprang über Senken und Steine, Sträucher schabten über die Seiten, und Staub drang durch die offenen Fenster. Schließlich konnte Dad Mom vor ein paar Felsen in die Enge treiben. Ich hatte Angst, dass er sie mit dem Auto zerquetschen würde, doch stattdessen stieg er aus, zerrte sie zum Auto, obwohl sie sich mit Händen und Füßen wehrte, und stieß sie auf den Beifahrersitz. Der Wagen rumpelte durch die Wüste und zurück auf die Straße. Alle waren mucksmäuschenstill, bis auf Mom, die schluchzte, dass sie Lori wirklich vierzehn Monate getragen hatte.
    Schon am nächsten Tag hatten Mom und Dad sich wieder vertragen, und am späten Nachmittag schnitt Mom Dad im Wohnzimmer der Wohnung, die wir in Blythe gemietet hatten, die Haare. Er hatte sich das Hemd ausgezogen und saß falsch herum auf einem Stuhl, den Kopf gesenkt und die Haare nach vorn gekämmt. Mom schnippelte drauflos, und Dad zeigte ihr die Stellen, die noch zu lang waren. Als sie fertig waren, kämmte Dad sich die Haare nach hinten und lobte Mom für die prima Frisur.
    Unsere Wohnung lag in einem flachen Zementsteingebäude am Stadtrand. Vom an der Fassade hing ein großes, blau-weißes Plastikschild, das wie ein Football und ein Bumerang geformt war. Es trug die Aufschrift »LBJ Apartments«. Ich dachte, das stünde für Lori, Brian und Jeannette, aber Mom sagte, LBJ wären die Initialen des Präsidenten, der, so fügte sie hinzu, ein Betrüger und Kriegstreiber war.
    Ein paar Lastwagenfahrer und Cowboys hatten Zimmer in den LBJ Apartments, doch die meisten anderen Mieter waren Wanderarbeiter mit ihren Familien, und wir konnten sie durch die dünnen Rigipswände reden hören. Mom sagte, das wäre eine der kleinen Dreingaben, wenn man in den LBJ Apartments wohnte, weil man so ganz nebenbei noch ein bisschen Spanisch lernte.
    Blythe lag in Kalifornien, aber die Grenze zu Arizona war nur einen Katzensprung entfernt. Die Menschen dort sagten oft, ihre Stadt liege hundertfünfzig Meilen westlich von Phoenix, zweihundertfünfzig Meilen östlich von Los Angeles und haargenau mitten am Arsch der Welt. Aber sie sagten es immer so, als wollten sie damit angeben.
    Mom und Dad fanden Blythe nicht besonders toll. Zu zivilisiert, sagten sie, und noch dazu total unnatürlich, weil keine Stadt von der Größe wie Blythe da draußen in der Mojave-Wüste irgendwas verloren hatte. Es lag nicht weit vom Colorado River und war im neunzehnten Jahrhundert von einem Mann gegründet worden, der gedacht hatte, er könnte reich werden, wenn er die Wüste in Farmland verwandelte. Er buddelte ein paar Bewässerungsgräben, die Wasser aus dem Colorado River ableiteten, und baute zwischen den ganzen Kakteen und Beifußbüschen Salat, Wein und Broccoli an. Dad kriegte jedes Mal Zustände, wenn wir an einem von diesen Feldern mit den Bewässerungsgräben vorbeikamen, die so breit waren wie Befestigungsgräben. »Wenn du irgendwo zwischen Äckern und Feldern leben willst, dann beweg deinen trägen Hintern nach Pennsylvania. Wenn du in der Wüste leben willst, dann iss

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