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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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vorbeifahrenden Autos zuwinkten. Über der Tür brannte das ganze Jahr hindurch Weihnachtsbeleuchtung, und Mom sagte, daran könnte man erkennen, dass es ein Freudenhaus war. Manchmal hielten Autos davor, und Männer stiegen aus und eilten mit gesenktem Kopf hinein. Ich kam nicht dahinter, was im Green Lantern vor sich ging, und Mom wollte es mir auch nicht erklären. Sie sagte immer nur, dass dort schlimme Dinge passierten, und das verlieh dem Green Lantern eine unwiderstehliche Faszination.
    Brian und ich versteckten uns oft hinter den Beifußbüschen auf der anderen Straßenseite und versuchten einen Blick durch die Haustür zu werfen, wenn jemand kam oder ging, aber wir konnten nie sehen, was sie drinnen machten. Zwei Mal schlichen wir uns ganz nah ran und wollten durch die Fenster spähen, aber die waren schwarz angemalt. Manchmal sah uns eine von den Frauen auf der Veranda und winkte, dann liefen wir kreischend davon.
    Einmal, als Brian und ich uns mal wieder im Gebüsch versteckt hatten und die Leute beobachteten, die ins Green Lantern gingen oder herauskamen, sagte ich, Brian würde sich nicht trauen, hinüberzugehen und mit der Frau zu sprechen, die da auf der Veranda lag. Brian war inzwischen fast sechs, ein Jahr jünger als ich, und er hatte vor nichts auf der Welt Angst. Er zog seine Hose richtig hoch, reichte mir vertrauensvoll seinen halb aufgelutschten Lutscher zur Aufbewahrung, überquerte die Straße und marschierte geradewegs auf die Frau zu. Sie hatte langes schwarzes Haar, ihre Augen waren mit schwarzem Mascara-Stift umrandet, dick wie Teer, und sie trug ein knappes blaues Kleid mit schwarzen Blumen drauf. Sie lag auf dem Verandaboden, und als Brian sich näherte, rollte sie sich von der Seite auf den Bauch und stützte das Kinn in die Hand.
    Aus meinem Versteck sah ich, dass Brian mit ihr sprach, aber ich konnte nicht verstehen, was sie sagten. Dann streckte sie die Hand nach Brian aus. Ich hielt den Atem an, gespannt, was die Frau, die im Green Lantern schlimme Dinge tat, mit ihm machen würde. Sie legte ihm die Hand auf den Kopf und zerzauste ihm die Haare. Erwachsene Frauen machten das dauernd mit Brian, weil er rotes Haar und Sommersprossen hat. Es ärgerte ihn immer, und meistens schlug er ihnen die Hand weg. Aber diesmal nicht. Stattdessen blieb er stehen und unterhielt sich noch eine Weile mit der Frau. Und als er zurück über die Straße kam, sah er überhaupt ni :ht verängstigt aus.
    »Was war los?«, fragte ich.
    »Nix Besonderes«, sagte Brian.
    »Worüber habt ihr geredet?«
    »Ich hab sie gefragt, was sie im Green Lantern machen«, sagte er.
    »Im Ernst?« Das imponierte mir. »Was hat sie gesagt?«
    »Nicht viel«, sagte er. »Sie hat bloß gesagt, dass Männer da reingehen und dass die Frauen dann nett zu ihnen sind.«
    »Ach so«, sagte ich. »Sonst noch was?«
    »Nee«, sagte Brian. Er fing an, mit dem Fuß auf dem Boden herumzuscharren, als wollte er nicht mehr darüber reden. »Sie war ganz nett«, sagte er.
    Danach winkte Brian den Frauen auf der Veranda vom Green Lantern immer zu, und sie lächelten richtig freundlich und winkten zurück, aber ich hatte noch immer ein bisschen Angst vor ihnen.
    In unserem Haus in Battle Mountain wimmelte es von Tieren. Sie kamen und gingen, streunende Hunde und Katzen, ihre Welpen und Kätzchen, ungiftige Schlangen und Eidechsen und Schildkröten, die wir in der Wüste gefangen hatten. Ein Kojote, der anscheinend ziemlich zahm war, lebte eine Weile bei uns, und einmal brachte Dad einen verletzten Bussard mit nach Hause, den wir Buster tauften. Er war das hässlichste Haustier, das wir je hatten. Immer wenn man Buster mit Fleischresten fütterte, drehte er den Kopf zur Seite und starrte einen aus einem zornigen gelben Auge an. Dann schrie er und schlug hektisch mit seinem gesunden Flügel. Insgeheim war ich froh, als sein verletzter Flügel wieder geheilt war und er davonflog. Jedes Mal, wenn wir Bussarde am Himmel kreisen sahen, sagte Dad, einer davon wäre Buster, er habe ihn wiedererkannt, und dass er gekommen sei, um sich bei uns zu bedanken. Aber ich wusste, dass Buster nicht mal im Traum dran dachte, sich zu bedanken. Der Bussard hatte nicht einen Funken Dankbarkeit im Leib.
    Wir konnten uns keine extra Tiernahrung leisten, deshalb mussten die Tiere unsere Reste fressen, und übrig blieb meistens nicht viel. »Wenn ihnen das nicht passt, können sie ja gehen«, sagte Mom. »Dass sie hier wohnen, heißt noch lange nicht, dass ich sie

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