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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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Luft. Schleim strömte mir aus der Nase.
    »Alles in Ordnung«, sagte Dad. »Tief durchatmen.«
    Als ich mich wieder erholt hatte, hob Dad mich hoch und trug mich wieder in die Mitte des Hot Pot. »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!«, rief er. Zum zweiten Mal ging ich unter. Wieder drang mir Wasser in Nase und Lunge. Ich strampelte und schlug um mich und kämpfte mich wieder zur Oberfläche hoch, schnappte gierig nach Luft und griff nach Dad. Aber er wich zurück, und ich merkte erst, dass seine Hände mich packten, als ich ein weiteres Mal untergegangen war.
    Er machte es noch mal und noch mal, bis ich schließlich begriff, dass er mich nur rettete, um mich gleich wieder ins Wasser zu stoßen, und auf einmal griff ich nicht mehr nach Dads Händen, sondern versuchte von ihnen wegzukommen. Ich trat nach ihm und kämpfte mich mit den Armen durchs Wasser von ihm weg, bis es mir schließlich gelang, mich seiner Reichweite zu entziehen.
    »Du hast es geschafft, Kleines!«, schrie Dad. »Du schwimmst!«
    Ich taumelte aus dem Wasser und setzte mich nach Atem ringend auf die verkalkten Felsen. Auch Dad kam aus dem Wasser und wollte mich in den Arm nehmen, aber ich mochte nichts mehr mit ihm zu tun haben, auch nicht mit Mom, die sich die ganze Zeit über auf dem Rücken hatte treiben lassen, als ob nichts los wäre, oder mit Brian und Lori, die bei mir standen und mich beglückwünschten. Dad sagte immer wieder, dass er mich lieb habe, dass er mich niemals hätte ertrinken lassen, aber dass man sich nun mal nicht sein Leben lang am Rand festhalten kann und es die Aufgabe von Eltern ist, ihren Kindern begreiflich zu machen, dass sie schwimmen lernen müssen, wenn sie nicht untergehen wollen. Was für einen anderen Grund, so fragte er, hätte er denn sonst haben können?
    Nachdem ich wieder zu Atem gekommen war, sagte ich mir, dass er bestimmt Recht hatte. Eine andere Erklärung gab es einfach nicht.
    Schlechte Nachrichten«, sagte Lori eines Tages zu mir, als ich von einem Streifzug zurückkehrte. »Dad hat seinen Job verloren.«
    Dad hatte diesen Job seit fast sechs Monaten - länger als jeden anderen. Mir war klar, dass das Kapitel Battie Mountain damit für uns abgeschlossen war und wir in wenigen Tagen wieder unterwegs sein würden.
    »Wo wir wohl als Nächstes wohnen?«, sagte ich.
    Lori schüttelte den Kopf. »Wir bleiben hier«, sagte sie. Dad hatte seinen Job eigentlich nicht richtig verloren, erklärte sie. Er hatte dafür gesorgt, dass er rausgeschmissen wurde, weil er mehr Zeit für die Goldsuche haben wollte. Er hatte alle möglichen Pläne, um Geld zu verdienen, fügte sie hinzu, Erfindungen, an denen er arbeitete, alle möglichen Gelegenheitsjobs. Aber vorübergehend könnte es in der Haushaltskasse etwas knapp werden. »Da müssen wir alle mithelfen«, sagte Lori.
    Ich überlegte, was ich außer Flaschen- und Altmetallsammeln sonst noch tun könnte. »Ich geh mit den Preisen für meine Steine runter«, sagte ich.
    Lori stockte und senkte den Blick, als würde sie etwas im Kopf ausrechnen. »Ich glaub nicht, dass das reicht«, sagte sie.
    »Wir können ja weniger essen«, sagte ich.
    »Ist nicht das erste Mal«, sagte Lori.
    Wir aßen tatsächlich weniger. Kaum hatten wir den Kredit im Lebensmittelladen der Silbermine verloren, waren unsere Vorräte auch schon bald aufgebraucht. Manchmal klappte es mit einem von Dads Gelegenheitsjobs, oder er gewann etwas
    Geld beim Pokern, und wir hatten ein paar Tage was zu essen. Aber das Geld war schnell weg und der Kühlschrank wieder leer.
    Wenn wir früher nichts mehr zu essen gehabt hatten, war Dad immer zur Stelle gewesen, voller Ideen und Einfallsreichtum. Dann fand er beispielsweise noch eine Dose Tomaten ganz hinten im Schrank, die wir anderen übersehen hatten, oder er verschwand für eine Stunde und kam mit einem ganzen Arm voll Gemüse zurück - ohne uns zu verraten, wo er es herhatte -, und dann zauberte er uns im Handumdrehen einen Eintopf auf den Tisch. Aber jetzt verschwand Dad immer öfter.
    »Wo Dad?«, fragte Maureen andauernd. Sie war anderthalb Jahre alt, und das waren praktisch ihre ersten Worte.
    »Er ist unterwegs und besorgt uns was zu essen und sucht Arbeit«, sagte ich dann. Aber manchmal dachte ich, dass er nicht gern bei uns war, weil er nicht für uns sorgen konnte. Ich versuchte, mich nicht zu beklagen.
    Wenn wir Mom nach etwas zu essen fragten - ganz beiläufig, weil wir keinen Ärger machen wollten -, zuckte sie bloß mit den Achseln und

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