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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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auch. Ich nahm Mom ins Verhör. Gab sie das Geld für sich aus? Gab sie es Dad? Oder gaben wir es einfach zu schnell aus? Ich bekam keine Antwort. »Dann gib uns das Geld«, sagte ich. »Wir stellen einen Haushaltsplan auf und halten uns dran.«
    »Du hast leicht reden«, erwiderte Mom.
    Lori und ich erarbeiteten tatsächlich einen Haushaltsplan, in dem wir eine großzügige Summe für Mom berücksichtigten, damit sie Luxusartikel wie extragroße Schokoriegel und rote Kristallvasen kaufen konnte. Wenn wir uns an den Plan hielten, so glaubten wir, könnten wir uns nicht nur neue Anziehsachen, Schuhe und Mäntel kaufen, sondern uns auch noch eine Tonne von der billigen Kohle außerhalb der Saison leisten. Irgendwann könnten wir das Dach isolieren, eine Wasserleitung ins Haus legen und vielleicht sogar einen Heiß-wasserboiler einbauen lassen. Aber Mom vertraute uns das Geld nie an. Und so lebten wir, obwohl sie eine feste Stelle hatte, im Grunde nicht viel anders als vorher.
    Im Herbst kam ich in die siebte Klasse und damit auf die Highschool von Welch. Es war eine große Schule, die unterhalb einer Hügelspitze mit Blick auf die Stadt lag und über eine steile Straße zu erreichen war. Die Kinder und Jugendlichen aus der weiteren Umgebung und aus kleinen Kohlensiedlungen wie Davy und Hemphill, wo es keine eigene Highschool gab, wurden mit Bussen hergebracht. Manche Schüler sahen so arm aus wie ich, mit selbst geschnittenen Haaren und Löchern vorn an den Schuhen, und mir fiel die Eingewöhnung um einiges leichter als an der Grundschule.
    Dinita Hewitt war auch da. Der Vormittag, an dem ich im Sommer mit Dinita im Freibad gewesen war, war das schönste Erlebnis, das ich in Welch gehabt hatte, aber sie hatte mich danach nie wieder gefragt, ob ich noch einmal mitkommen wollte, und obwohl es ein öffentliches Bad war, hatte ich mich ohne sie nicht getraut, in der kostenlosen Zeit hinzugehen. Ich sah sie erst wieder, als im Herbst die Schule anfing, und wir sprachen nie von dem Tag im Freibad. Uns war wohl beiden klar, dass es bei der in Welch vorherrschenden Einstellung zu Kontakten zwischen Schwarzen und Weißen zu eigenartig gewesen wäre, wenn wir versucht hätten, enge Freundinnen zu werden. In der Mittagspause war Dinita mit den anderen schwarzen Schülerinnen zusammen, aber wir hatten zusammen Stillarbeit im Lesesaal und steckten uns heimlich Zettel zu.
    Dinita hatte sich verändert, seit sie zur Highschool ging. Sie versprühte nicht mehr so viel Lebensfreude. Sie fing an, in der Schule Bier zu trinken. Sie füllte es in eine Limodose und nahm es mit in den Unterricht. Ich wollte wissen, was mit
    ihr los war, aber ich bekam lediglich aus ihr heraus, dass der Freund ihrer Mutter jetzt bei ihnen wohnte und alles ein wenig eng geworden war.
    Dann, eines Tages kurz vor Weihnachten, steckte Dinita mir im Lesesaal einen Zettel zu, auf dem sie fragte, welche Mädchennamen ich kennen würde, die mit »D« anfangen. Ich schrieb alle auf, die mir einfielen - Donna, Dora, Dreama, Diandra -, und dann schrieb ich: Warum? Auf ihrem Antwortzettel stand: Ich glaube, ich bin schwanger.
    Nach Weihnachten kam Dinita nicht wieder in die Schule. Als ein Monat vergangen war, ging ich zu ihr nach Hause und klopfte an die Tür. Ein Mann machte auf und starrte mich an. Seine Haut sah aus wie eine Eisenbratpfanne, und seine Augen waren nikotingelb. Er ließ die Windfangtür zu, sodass ich durch das Drahtgitter sprechen musste. »Ist Dinita da?«, fragte ich. »Wieso?«
    »Ich will sie sprechen.«
    »Sie will dich aber nicht sprechen«, sagte er und schloss die Tür.
    Ich sah Dinita danach noch ein oder zwei Mal in der Stadt, und wir winkten uns zu, aber wir sprachen nie mehr miteinander.
    Die anderen Mädchen unterhielten sich ständig darüber, wer noch Jungfrau war und wie weit sie ihre Freunde gehen lassen würden. Die Welt war klar unterteilt in Mädchen mit und Mädchen ohne Freund. Darauf kam es an, nichts anderes zählte mehr. Aber ich wusste, dass Jungen gefährlich waren. Sie sagten, sie würden dich lieben, aber sie waren immer auf irgendwas aus.
    Ich hatte zwar kein Vertrauen zu Jungs, aber ich wünschte mir trotzdem, dass sich mal einer für mich interessieren würde. Kenny Hall, der ältere Typ auf unserer Straße, der noch immer nach mir schmachtete, zählte nicht. Und falls sich doch mal ein Junge für mich interessieren und versuchen würde, zu weit zu gehen, so fragte ich mich, ob ich es fertig brächte, ihm zu sagen,

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