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Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schloss der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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Als ich mir sicher war, dass Hannah schlief, schlich ich zu Marisa und Juliane. Die beiden wollten noch ein wenig weiterfeiern, und da ich nicht das geringste Bedürfnis hatte, schlafen zu gehen, schloss ich mich ihnen an.
    Kurz vor zwölf erwischte uns die zuständige Mentorin und schickte mich auf mein Zimmer. So lange wie möglich versuchte ich, die Augen offen zu halten. Letztendlich übermannte mich die Müdigkeit und trieb mich erneut hinein in meinen wahrlich atemberaubenden Albtraum.
    Als die eisige Strömung mich hinunter in den See zog, erwartete ich, jeden Moment aufzuwachen. Mit zusammengebissenen Zähnen ertrug ich das Brennen meiner Lungen und den Schmerz in meiner Brust – gleich würde es vorbei sein –, doch der See gab mich nicht frei. Meine Gedanken begannen zu kreisen und ich fühlte, wie die Dunkelheit meine Sinne benebelte. Nur noch ein paar Sekunden und ich würde in ihr ertrinken.
    Wie aus dem Nichts tauchten die grünen Augen vor mir auf. Zwei Hände legten sich um meinen Kopf und zogen mich heran. Das Gefühl, das durch meinen Körper strömte, während seine Lippen mich berührten, war unglaublich. Es erweckte eine verborgene Sehnsucht, die mir sonderbar vertraut und dennoch fremd war.
    Als ich aufwachte – ohne Atemnot oder sonstige Erstickungsanfälle –, war das Einzige, was von meinem Traum geblieben war, mein schnell hämmerndes Herz, das unruhig gegen meine Rippen trommelte.
    Bis zum Ende der Woche hatte ich mich an meinen rasenden Pulsschlag gewöhnt. Bald sehnte ich mich danach, ins Eis einzubrechen und vom Kuss meines Retters erlöst zu werden.
    Unsere lange Nacht bescherte Marisa, Juliane und mir Arbeitsdienst am Samstag. Für mich war es halb so schlimm wie für die beiden, die nicht tausend Kilometer weit weg wohnten. Wie Florian und Max hatten sie geplant, ihr Wochenende zu Hause zu verbringen.
    Der Temperaturumschwung hatte Tauwetter mit sich gebracht und den Schnee auf den Wegen in graubraunen Matsch verwandelt. Unsere Aufgabe bestand darin, die Hauptwege freizuschippen. Wir begannen schon am Freitagnachmittag. Raffael half uns.
    Trotz Mitstreiter und Vorarbeit dauerte es am Samstag bis weit in den Nachmittag, bevor wir mit unserem Strafdienst endlich fertig wurden. Erschöpft ließen wir uns auf die weichen Polster im Aufenthaltsraum fallen und gönnten uns eine Tasse heiße Schokolade.
    »O Lynn. Deine Hand zittert ja, wenn du die Tasse hältst. Das Schmuddelwetter scheint dir ziemlich zuzusetzen«, bemitleidete mich Juliane, die selbst unter dem nasskalten Wetter zu leiden schien. Ihre blasse Haut sah noch ein wenig heller aus alssonst, so dass sie mit ihren aschblonden Haaren ziemlich fahl wirkte. Daran konnte auch Raffael nichts ändern, der neben ihr Platz genommen hatte.
    »Ja, auch deine Augenringe schimmern noch ein wenig dunkler«, bekräftigte Marisa. »Wenn das Buch dir wieder Albträume beschert, werde ich’s dir wegnehmen«, scherzte sie.
    »Nein, es ist nicht das Buch.«
    Marisa wurde hellhörig. Ihre wasserblauen Augen leuchteten besorgt. »Was dann? Lynn, du bist weiß wie ein Milchbrötchen. Bist du sicher, dass dir nichts fehlt?«
    »Völlig sicher. Mir geht’s prima. Wahrscheinlich liegt’s am Wetter. So viel Kälte bin ich nicht gewohnt«, griff ich Julianes Vermutung auf.
    Dass mich das überwältigende Ende eines Traums erschöpfte, konnte ich ihr ja wohl kaum erzählen. Nach dem Kuss und den widersprüchlichen Gefühlen, die danach in mir tobten, fiel es mir schwer, wieder in den Schlaf zu finden. Und wenn ich endlich eingeschlafen war, summte kurz darauf mein Wecker. Die verlorenen Stunden in Hannahs Anwesenheit nachzuholen, war undenkbar. Sich mit ihr auseinanderzusetzen, hatte sich als sinnlos erwiesen. Am Ende der wenigen Diskussionen fühlte ich mich stets ausgelaugt – auch wenn ich die Oberhand behalten hatte. Es war nervenschonender, ihr aus dem Weg zu gehen. Besonders nach der letzten Tanzstunde.
    Hannah hatte sich Raffael förmlich an den Hals geschmissen und mir drei ihrer übelsten Anhänger geschickt, die mich alle zum Tanzen aufforderten: Patrick, den Verunsicherten mit der schiefen Nase, Sören, der nicht alle Tassen im Schrank hatte, und Timothy, den Schlaksigen, der kaum ein Bein vor das andere setzen konnte. Glücklicherweise hatte Raffael es geschafft, sich aus ihren Fängen zu winden, um mich zu erlösen.
    »Wenn du die Kälte nicht magst, solltest du die Osterferien bei mir verbringen. Ich besuche meinen Onkel in

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