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Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schloss der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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das gesamte Bild noch einmal. Anschließend begutachtete ich das nächste. So arbeitete ich mich chronologisch vor, bis zum Gründungsjahr des Internats. Nichts. Er war auf keinem der Bilder – er war wohl doch nur ein Traum.
    Die Tatsache beruhigte mich. Es war schon schwierig genug, zu begreifen, warum ich von einem verstorbenen Mädchen träumte, das ich gar nicht kannte. Wahrscheinlich hatte ich auf der Internetseite oder bei einer Projektvorstellung ein Bild von Susan gesehen. Möglicherweise hatte jemand ihren Namen erwähnt oder von ihrem schrecklichen Tod erzählt. Schließlich war ich mir sicher, dass meine Gedächtnislücke schuld daran war, dass ich mich nicht mehr erinnern konnte, wo ich sie schon einmal gesehen hatte.
    Was der coole Typ mit den grünen Augen zu bedeuten hatte, erschien mir dagegen einfach. Er war eine Traumvorstellung. So jemanden wie ihn gab es nicht auf dieser Welt – abgesehen vielleichtvon Hollywood. Dass er im Grunde nicht mich, sondern Susan küsste, war leicht zu erklären: So viel Glück hatte ich nicht. Wenn, dann würde ich von einem pickligen, schiefnasigen Zwerg gerettet.
    Obwohl – Raffael war auch nicht gerade übel. Genau genommen alles andere als das – und er hatte mich gerettet. Wenn auch nicht aus Lebensgefahr, sondern nur vor fragwürdigen Tanzpartnern. Aber dennoch ...
    Ich pfiff meine Gedanken zurück. Juliane war in ihn verknallt – ich fand ihn bloß nett.

Kapitel 20
    Nebelschwaden
    S usans tränennasses Gesicht wurde Hauptbestandteil meiner nächtlichen Träume. Sie verdrängte die Erstickungsanfälle – und auch den Rettungskuss. Dafür begann sie zu sprechen. Hart und hölzern – anders, als ich erwartet hatte. Was ich gruselig fand, sehr sogar. Nicht nur, da sie mir dabei in die Augen schaute und meinen Namen rief. Mit einem Blick, der Statuen zum Heulen gebracht hätte, flehte sie mich an, ihr zu helfen. Natürlich gab ich mein Bestes, doch immer, wenn ich meine Hand nach ihr ausstreckte, löste sie sich in Nebel auf.
    Als Mathe ausfiel, da Herr Julzke sich eine Erkältung eingefangen hatte, nutzte ich die Gelegenheit. Ich hatte schon eine Zeitlang darüber nachgedacht, meinem Traum auf die Spur zu gehen, um sicher zu sein, dass es wirklich nur ein Traum war.
    Dick verpackt in meine schwarze Daunenjacke, stapfte ich den aufgeweichten Weg zum Schlossgelände hinaus. Nach dem heftigen Regen in der Nacht waren vom Schnee nur vereinzelte Reste geblieben und riesenhafte Wasserlachen. Je weiter ich mich vom Schloss entfernte, umso ausgewaschener wurde der Untergrund. Damit ich nicht die Orientierung verlor, folgte ich einem Pfad Richtung See. Es schien mir der richtige Weg zu sein. Vielleicht war ich hier schon mal gewesen: in meinen Träumen – oder während des Feriencamps.
    Der Trampelpfad schlängelte sich durch den Wald und führte zu einer offenen Fläche, nicht weit vom Ufer. Ich suchte nach Hinweisen, irgendetwas, das mir bekannt vorkam. Aber allessah so aus wie überall im Wald: kahle Bäume, Unterholz, Schneereste, dürres Gestrüpp und knöcheltiefer Schlamm.
    Ich lehnte mich an den nächsten Baum und schloss die Augen. Ich war schon einmal hier gewesen, das fühlte ich, und wenn ich nur lang genug darüber nachdachte, würde mir auch wieder einfallen, weshalb.
    Der durchdringende Schrei eines Vogels brachte eine Erinnerung zurück. Ich stand genau an dieser Stelle, als mich eine Krähe angegriffen hatte. Doch meine Vorstellung unterschied sich vollkommen von der Realität. Auf der freien Fläche stand damals ein Pavillon – oder vielleicht auch eine kleine Kapelle. Jedenfalls erinnerte ich mich noch genau an die Form des achteckigen Holzgebälks – und nicht nur daran.
    Schon der bloße Gedanke, wie der Wind seine goldblonden Locken zerzauste und seine viel zu perfekten Konturen erahnen ließ, raubte mir auch dieses Mal den Atem. Was mich jedoch am meisten verwirrte, war die Gewissheit, dass er grüne Augen hatte, obwohl ich mir vollkommen sicher war, ihre Farbe nicht erkannt zu haben.
    Ich vermied es, allzu intensiv in meinem Gedächtnis zu kramen, und vertagte, eine Entscheidung zwischen Wahrheit und Trugbild zu fällen, während ich im Dämmerlicht zum Schloss zurücklief. Meine nächtlichen Träume waren realistisch genug, um meine Gefühle durcheinanderzuwirbeln. Es musste nicht auch noch eine tatsächlich existierende Gestalt zu den faszinierend grünen Augen geben. Ich wollte nicht noch einmal einem Traum nachjagen.
    Also verdrängte

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