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Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schloss der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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Anblick erholt hatte, konnte ich ihn überzeugen, anstatt mit mir mit Juliane den Abend zu verbringen. Er hatte schon öfter mit ihr getanzt – und das nicht nur bei Damenwahl, wenn Hannah zu langsam war.
    Raffaels Überredungskünste, mich umzustimmen, waren beeindruckend. Er gab erst auf, als ich durchblicken ließ, dass ich ihn zwar mochte, mir aber sicher war, dass aus uns beiden nichts würde, da ich inzwischen anderweitig vergeben war. Er nahm es mit Fassung – nach einer kurzen Schrecksekunde.
    An diesem Abend erlebte nicht nur Juliane eine traumhafte Nacht. Nach drei langen Wochen träumte ich endlich wieder. So deutlich, als wäre sie in meinem Zimmer, erschien sie. Ihre langen blonden Haare flatterten im Wind, als flöge sie, nur langsamer, zäher, wie in einem Traum. Ihre Augen waren traurig – Mitleid sprach aus ihnen –, und ich bemerkte, dass es ihr schwerfiel, etwas zu sagen. Dann sammelte sie sich, und mit ihrer vertrauten, glockenklaren Stimme sprach Susan zu mir:
    Warum hast du dich verschlossen? Hasst du ihn so sehr, dass du ihm den einzigen Weg verwehrst?! Er leidet – deinetwegen. Auch Engel können sterben. Ich habe es gesehen, das Engelsgrab. Wenn du ihn liebst ...
    Ein störender Gedanke tauchte in meinem Kopf auf. Ich schob ihn beiseite und konzentrierte mich auf Susans verschwimmendes Bild.
    Beeil dich!, flüsterte sie.
    Wieder drängte sich etwas in meinen Traum: der Geruch von Salz. Ich fluchte ihn weg. Auch wenn ich das Meer liebte, wollte ich kein einziges von Susans Worten verpassen. Verzweifelt hielt ich ihr Bild fest.
    Was soll ich machen?, formte ich die Frage in meinem Kopf.
    Er wartet auf dich. Bei mir, im ...
    Dieses Mal war es kein Gedanke, der die Verbindung zu Susan unterbrach. Dieses Mal fühlte es sich an, als würde eine Hand in meinen Schädel greifen, um Susans Bild aus mir herauszuzerren.
    Eine Kältewelle raste durch meine Adern und riss mich aus meinem Traum. Aber nicht die Tatsache, dass in meinen Träumen herumgepfuscht wurde, erschreckte mich, sondern der Nachgeschmack, der mir auf der Zunge lag. Er schmeckte nach wilden Kräutern und salzhaltiger Luft! Nur einer roch nach beidem: Aron! Anscheinend setzte die Totenwächterin jetzt ihn auf mich an, nachdem sie allein gescheitert war.
    Warum hast du dich verschlossen? Susans Frage ergab plötzlich einen Sinn: Aron blockierte meine Träume, damit Christopher mich nicht erreichen konnte. Susan hatte er wohl übersehen.
    Oder? Auch beim letzten Mal war es Susan, die mich zu sich rief. Zumindest hatte das Mädchen bei den Steingräbern mich an sie erinnert – abgesehen von der Stimme. Doch die war heute anders: heller als die des schluchzenden Mädchens, glockenklar und eindeutig die Stimme Susans. Außerdem, warum sollte Aron, der mit der Totenwächterin gemeinsame Sache machte, einen Traum der Wächterin behindern? Schon seit ich den Fehler begangen hatte, an Christophers Liebe zu zweifeln, als er Susan tröstete, wollte Aron uns auseinanderbringen – was ihm letztendlich auch gelungen war. Vermutlich war er es, der Christopher aufgestachelt hatte, den Spiegel zu zerstören. Aron hatte großen Einfluss auf ihn. Christopher traute ihm.
    Mit einem Satz war ich aus dem Bett. Christopher würde Aron sein Leben anvertrauen. Und meines!
    »Wo bist du, Aron?! Ich weiß, dass du hier bist! Nur du riechst nach Salz und Kräutern.«
    Nichts als Totenstille. Mir schauderte. Ich war mir sicher, dass Aron in meinem Zimmer stand und mich beobachtete.
    Wozu reichten seine Fähigkeiten noch? In meiner Vorstellung legte sich seine Hand um meinen Hals. Ich keuchte entsetzt auf, als mir die Luft zum Atmen fehlte. Einbildung – oder nicht? Aber wollte ich das wirklich wissen? Meine Angst war auch so schon groß genug, und sicher rechnete Aron mit meiner Furcht. Doch so leicht würde ich es ihm nicht machen!
    »Was ist? Seit wann bist du so schüchtern, Aron? Oder hat es dir die Sprache verschlagen, da ich dich so leicht entlarven konnte?«
    Ich knipste die Lampe auf meinem Schreibtisch an. Um von meinen zitternden Händen abzulenken, kickte ich gegen den Stuhl, der daraufhin quer durch den Raum flog. Der Tritt beruhigte mich ein wenig, weshalb ich mir ein paar Stifte aus meinem Bleistiftkasten schnappte und sie ziellos durchs Zimmer schleuderte. Obwohl ich wusste, dass Aron körperlos war, hoffte ich doch, ihn irgendwie zu treffen – auch wenn es nur sein angekratzter Engelsstolz war.
    »Ein Heuchler als Schutzengel! Wie lange,

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