Schloss der Liebe
hätte, was spielt das schon für eine Rolle? Du wirst dich nicht noch einmal derart widerspenstig aufführen. Geh mir Brot und Käse holen. Ach ja, und etwas von dem MacDears Rinderbraten von gestern Abend. Ich habe Hunger.«
Trist schob seinen Kopf aus Severins Tunika, eines der Gewänder die Hastings für ihn geschneidert hatte. Er streckte Hastings eine Pfote entgegen. Gegen ihren Willen musste sie lächeln und schüttelte sie.
Bedächtig erhob sie sich von der Bank am großen Esstisch und zog die Laken fester um sich. Sie bückte sich, strich Edgar dem Wolfshund über den Kopf und ließ sich die Hand ablecken. »Ich glaube nicht, dass ich das tue, Severin. Aber ich werde einer der Dienerinnen auftragen, dir etwas zu bringen.«
Sie begann zu pfeifen, obwohl sie Mühe hatte, ihre Lippen genügend zu befeuchten. Dann schlenderte sie aus dem Saal, wohlwissend, dass seine Augen ihr folgten, und fragte sich, ob er wohl gleich losbrüllen würde.
Doch es blieb still. Hatte er etwa ein schlechtes Gewissen?
Sie bat keine der Dienerinnen, ihm etwas zu essen zu bringen.
Am Nachmittag ließ sie Marella satteln und ritt hinunter ins Dorf, um ihre Freundin Ellen, die Tochter des Bäckers Thomas, zu besuchen. Sie hatte die Stute gerade in einer Seitengasse angehalten, als sie ein leises, zischelndes Geräusch hörte, das ihr so eigenartig erschien, dass sie nach oben sah. Ein riesiger Sattel lag auf der Brüstung eines offenen Fensters und schaukelte gefährlich. Dann ging alles rasend schnell. Der Sattel stürzte herunter und traf sie so heftig an Kopf und Schulter, dass sie in einen Abfallhaufen geschleudert wurde.
Sie blickte zum Fenster, konnte aber bis auf einen Schatten nichts erkennen. Schmerz schlug wie eine Welle über ihr zusammen. Sie rief Ellens Namen, stöhnte leise und verlor das Bewusstsein.
Kapitel Zwanzig
Jemand leckte sie.
Nein, nicht jemand. Es war Alfred. Warum war sie in der Hütte der Heilerin?
Mühsam schlug Hastings die Augen auf.
»Ah, gut, sie wacht endlich auf«, hörte sie die Heilerin sagen. Ihr Gesicht war so dicht vor ihrem, dass sie schielen musste, um sie zu erkennen. »Kannst du mich hören?«
»Ja, ich kann dich sogar sehen, Heilerin.«
»Ausgezeichnet. Ich werde deinen Kopf ein wenig anheben und dir etwas zu trinken geben. Der Trank schmeckt gar nicht so übel, also beschwer dich nicht.«
War das das Glucksen eines Mannes, das sie da eben gehört hatte?
Gehorsam hob sie den Kopf und trank. Das Mittel schmeckte nach Erdbeeren. »Hm, es schmeckt herrlich«, flüsterte sie. Schmerz durchbohrte ihren Kopf wie ein schwarzer Blitz und sie stöhnte auf.
»Gut, dass du die Farbe nicht gesehen hast«, meinte die Heilerin. Hastings hörte sie zu jemand sagen: »Das Mittel wird die Übelkeit und die Schmerzen in Kopf und Schulter lindern. Ich habe sie untersucht. Sie wird eine Weile nicht gerade singen, aber sie wird wieder ganz gesund.«
»Was ist noch in dem Mittel, Heilerin?«
»Etwas zerstoßene Enzianwurzel, damit dein Magen sich beruhigt; außerdem habe ich noch ein kleines Stück Iriswurzel hineingerieben.«
Hastings nickte und schloss die Augen, als der Schmerz sie erneut durchfuhr. Alfreds raue Zunge
auf ihrer Wange tat gut... Es kitzelte ein wenig. Ihr gelang ein kleines Lächeln.
Sie hörte die Männerstimme sagen: »Ich werde sie einstweilen bei Euch lassen. Die Pflicht ruft mich. Heute Nachmittag komme ich sie holen.«
»Ja, das ist mir recht, Mylord.«
Mylord? Es war also Severin. Sie versuchte, den Kopf zu heben, um ihn zu sehen, aber der Schwindel zwang sie in die Kissen zurück.
»Du musst still liegen bleiben, Hastings. Das solltest du eigentlich wissen.«
»Ich wollte Severin sehen.«
»Das kannst du später auch noch sehen. Du hast ja gehört, was er sagt. Pflichten. Männer - ich war noch ein kleiner Fratz, als ich das gelernt habe - ruft immerzu die Pflicht. Was sind das für Pflichten, frage ich dich? Trinken und huren, sich gegenseitig mit dem Schwert aufschlitzen und mit der Axt dem anderen den Kopf zurechtschnitzen. Severin ist um keinen Deut besser. Männer sind eine üble Spezies. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, eine nutzlose Spezies, aber da wir sie noch brauchen, um die nächste Generation hervorzubringen, trifft das nicht ganz zu. Ein Jammer, dass wir sie nicht alle zusammentreiben können, damit sie sich gegenseitig von einer Klippe stoßen. Mach die Augen zu, Hastings, und ruh dich aus. Alfred wird dich in den Schlaf lecken.«
Was
Weitere Kostenlose Bücher