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Schloss der Liebe

Titel: Schloss der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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und gar nicht erst versucht, ihm zu widersprechen.
    Hastings wartete.
    Mit gesenktem Kopf kam Eloise zögernd einige Schritte näher. Nervös hakte sie die Finger ineinander. Severin schien völlig ungerührt von der offensichtlichen Furcht des Kindes.
    »Du hast meine Frau beschuldigt, dass sie sich selbst vergiften wollte. Ich möchte wissen, warum du so etwas behauptest.«
    Das Mädchen begann zu zittern. Es schluchzte.
    »Genug!«, donnerte Severin. »Ich habe genug von deinem Getue, Eloise. Du hast eine schwere Beschuldigung gegen Hastings erhoben. Also antworte mir jetzt oder ich muss sehr böse werden.«
    Zu Hastings' Überraschung schluchzte Eloise noch einmal auf und hob dann den Kopf. Sie blickte Hastings an. Ihr kindliches Gesicht, das noch so weich und offen war, verzog sich mit einem Mal. »Ich habe sie gesehen!«, schrie sie und zeigte mit dem Finger auf Hastings. »O ja, ich habe gesehen, wie sie sich in den Saal geschlichen und sich umgesehen hat, ob jemand da ist, und dann hat sie das Pulver in ihren eigenen Kelch geschüttet.«
    »Wann?«, wollte Severin wissen und beugte sich nach vom. »Wann hast du Hastings dabei beobachtet?«
    »Gestern, kurz vor dem Abendessen.«
    »Was hatte sie da an?«
    »Was sie anhatte?« Eloise blickte sich Hilfe suchend nach Marjorie um.
    »Wie war sie angezogen, Eloise? Schau mich an!«
    Das Mädchen sah aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen, als wollte sie davonlaufen.
    »Ich weiß es nicht mehr«, flüsterte Eloise mit gesenktem Kopf und schob mit den Füßen das Stroh hin und her.
    Der Wolfshund Edgar ließ ein kurzes Knurren hören und war wieder still.
    »Es ist kaum einen Tag her, Eloise.«
    »Sie hatte das Kleid an, das sie auch beim Essen trug. Ja, jetzt erinnere ich mich wieder. Es war das Kleid in dieser gelben Farbe, in dem sie immer aussieht, als sei sie krank.«
    Severin beugte sich noch weiter vor, und Eloise schrak zurück. »Bleib stehen«, bellte er. »Nun hör mir einmal gut zu, Eloise. Ich habe noch nie erlebt, dass dieser Saal vollkommen menschenleer war. Und du behauptest, dass niemand hier gewesen sein soll, außer dir und Hastings?«
    »Ja, wirklich. Sie hat mich nicht bemerkt. Ich hatte mich versteckt.«
    Severin rieb sich das Kinn. Dann rief er: »Dame Agnes, tretet doch bitte vor.« Als sie neben Eloise stand, fuhr er fort. »Sagt mir, was Hastings gestern vor dem Abendessen getan hat.«
    »Sie war die ganze Zeit mit mir, Eurer Mutter und Alice zusammen. Wir haben ihr beim Ankleiden geholfen. Sie hat das safrangelbe Kleid angezogen. Wir waren die ganze Zeit über bei ihr, bis wir alle zusammen zum Essen nach unten gegangen sind.«
    Zu Eloise gewandt sagte Severin: »Möchtest du, dass meine Mutter und Alice diese Angaben bestätigen?«
    »Ich hasse Euch! Ich hasse Hastings! Ich will wieder nach Hause, mit Marjorie.« Das Kind drehte sich um und rannte zu Marjorie. Es warf sich gegen sie und verbarg das Gesicht in ihrem Rock.
    »Es tut mir Leid, Hastings. Diese ganze Sache ist für dich sehr unangenehm.« Dann blickte er wortlos zu Marjorie hinüber, die Eloise sanft in ihren Armen wiegte. Bei den Knien des heiligen Albert, diese Frau war so schön, dass sich bei ihrem bloßen Anblick seine Lenden zusammenzogen. Aber wem würde das nicht so gehen? In diesem Moment schaute Marjorie auf und sah ihm unverwandt ins Gesicht.
    »Bring das Kind auf dein Zimmer!«, rief er. »Ich will, dass du ihr erklärst, welche Sünde es ist, zu lügen. Ich bin sehr enttäuscht über die Art, wie du deine Erziehungsaufgabe erfüllst. Das Kind hat sich sehr verändert, seit es nicht mehr in Hastings' Obhut ist. Es zeigt sich hinterhältig, und von unangenehmem Wesen, und jetzt hat es sich auch noch als Lügnerin herausgestellt. Das gefällt mir ganz und gar nicht.«
    Hastings konnte ihren Mann nur sprachlos anstarren. Hatte er dieses göttinnengleiche Wesen tatsächlich getadelt? Aber jedes Wort, das er gesagt hatte, traf zu. Eloise war nicht mehr dieselbe. Sie war boshaft geworden. War Marjorie an dieser Veränderung schuld? Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Eloise von sich aus gesagt hätte, dass sie in dem safrangelben Kleid kränklich aussah. Welches Kind sagte so etwas? Nein, dieses Urteil stammte von Marjorie, und Eloise hatte nichts anderes getan, als es zuwiederholen. Es war verletzend, und Eloise wusste das sehr gut.
    Mit einer Handbewegung bedeutete Severin Marjorie und dem Kind, sich zu entfernen. »Ihr werdet das

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