Schloss der Liebe
mehr und mehr in ihr wuchs, bis sie die Wollust, die sie überflutete, ebensowenig beherrschen konnte wie jenen Impuls, der sie dazu gebracht hatte, ihm die Wasserschale an den Kopf zu werfen.
Als ihre Lust den Höhepunkt erreichte, trennte ihn nur noch ein kleiner Moment von der seinen, und sie flüsterte in seinen Mund: »Ich liebe dich, Severin. Ich liebe dich schon seit langer Zeit.«
Er erstarrte, dann stieß er schnell und heftig in sie hinein, bis er schwer atmend über sie fiel.
Langsam kam sie wieder zu Sinnen. Sie konnte die Worte nicht mehr zurücknehmen. Unwiderruflich hingen sie zwischen ihnen.
Nun wusste er, dass er sich ihrer sicher sein konnte.
Sie reckte sich hoch und biss ihn in die Schulter. Vermutlich hielt er es für eine zärtliche Geste, doch das war es nicht. Sie wünschte, sie könne ihn bis auf den Knochen beißen für das, was ihrem Mund entschlüpft war. Was für unbedachte Worte, und alles nur, weil er sie geweckt, geliebt und dazu gebracht hatte, sich in ihrer Lust und seiner Nähe zu verlieren.
Sie biss ihn wieder. Er stützte sich auf die Ellbogen und sah auf sie hinunter. »Du musst mir ein paar Minuten Zeit geben, bevor ich dir noch einmal zu Willen sein kann«, sagte er und ließ sich neben ihr fallen. Es dauerte nicht lange, und sie hörte seinen tiefen, regelmäßigen Atem. Er war zu ihr gekommen, weil sie nun einmal da war und zur Verfügung stand. Aber warum war er nicht zu Marjorie gegangen? Sie hatte ihm doch den Liebestrank gegeben. Es war doch Marjorie, die er begehrte, und nur Marjorie. Sie war doch bereits schwanger. Warum also?
Und ihr war nichts Besseres eingefallen, als ihn mit offenen Armen zu empfangen, sich ihm vollkommen und bedingungslos hinzugeben und ihm zu allem Überfluss auch noch zu sagen, dass sie ihn liebte. Wirklich, sie war die größte Närrin unter der Sonne.
Sie fluchte vor sich hin. Ein wenig verschaffte ihr das Erleichterung.
Kapitel Achtundzwanzig
Alice hatte Marjorie schon eine Weile dabei beobachtet, wie sie voller Unruhe vor Hastings' Schlafzimmertür auf und ab ging.
Sie stieg ein paar Stufen hinab und wartete. Was wollte die Frau nur? Sie hörte, wie sich die massive Eichentür öffnete, dann vernahm sie Stimmen.
Lord Severin kam aus dem Zimmer, und die Tür wurde wieder geschlossen.
Es war also Lord Severin, auf den Marjorie gewartet hatte. Auch wenn Alice das nicht überraschte, fand sie aber doch, dass diese Person bei weitem mehr Glück hatte, als sie verdiente. Was hätte sie getan, wenn es Hastings gewesen wäre, die aus dem Zimmer gekommen wäre, oder beide zusammen? Nun, diese Frau war mit allen Wassern gewaschen und ihr wäre mit Sicherheit blitzschnell etwas eingefallen.
Ohne die Spur von Gewissensbissen presste sich Alice lautlos gegen die Treppenmauer und horchte.
»Ich habe auf dich gewartet, Severin.«
»Es ist noch sehr früh am Morgen, Marjorie. Was willst du?«
»Ich will mit dir zum Strand hinunterreiten. Der Morgen ist herrlich warm und die Sonne scheint. Wir könnten über die Zukunft sprechen.«
Alice fühlte ein Würgen in der Kehle. Dieses verdammte Biest, dieses Miststück fackelte nicht lange. Sie schien sich ihrer Sache vollkommen sicher zu sein. Vielleicht sollte sie sich bei der Heilerin auch etwas von diesem Liebestrank besorgen? Marjorie schien von dessen Wirkung restlos überzeugt zu sein. Man brauchte nur zuzuhören, wie sie redete. Beamis, diesem blinden Esel, würde Alice nur allzu gern eine gehörige Portion davon in den Kelch gießen.
Jetzt seufzte Lord Severin tief. Kämpf dagegen an, wollte sie ihm am liebsten zurufen, aber sie beherrschte sich und hörte ihn schließlich sagen: »Also gut.«
Marjories Röcke raschelten, gefolgt von einem leisen Stöhnen. Alice vermutete, dass sie ihn entweder geküsst oder liebkost hatte. Sie begann, laut und vernehmlich vor sich hin zu pfeifen und stapfte die wenigen verbleibenden Stufen hoch.
Es wurde still.
Lord Severin stand mit dem Rücken zur verschlossenen Schlafzimmertür, als Alice in Sichtweite kam, und hielt Marjorie mit den Händen auf Abstand. Offenbar bewahrte er sich noch einen Rest Anstand. Oder aber der Liebestrank hielt doch nicht ganz das, was er versprach.
»Guten Morgen, Mylord«, flötete Alice, gut gelaunt wie eine Möwe, die sich gerade einen Fisch geschnappt hatte. Marjorie gewährte sie ein knappes Nicken. »Ist Hastings schon wach, Mylord? Ich wollte mit ihr sprechen.«
»Hastings ist im Zimmer. So viel ich weiß ist sie
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