Schloss der Liebe
schon nackt gesehen, Hastings. Ich habe Euch mit gespreizten Beinen gesehen, Eure weiße Haut mit meinem Samen und eurem Blut beschmiert. Was kümmert mich das. Alle Frauen sind gleich. Alle haben Brüste und einen Bauch und eine Pforte für das Geschlecht des Mannes. Ihr seid eine ganz und gar gewöhnliche Frau. Also besteht überhaupt kein Grund, verschämt zu sein, falls das der Fall sein sollte.«
Sie senkte den Blick. Wie sie ihn verabscheute - sie hasste ihn aus tiefstem Herzen. Mit ruhiger Stimme sagte sie: »Lasst mich los. Hört auf mich zu schütteln. Hört auf mich anzuschreien.«
Er atmete tief ein und sagte leise: »Dann tut, was ich Euch sage, sonst reiße ich Euch das Kleid vom Leib, werfe Euch gegen diesen Gobelin und nehme Euch gleich hier auf der Stelle.«
»Das könnt Ihr nicht«, entgegnete sie, die Augen auf seine Stiefel gerichtet. »Das könnt Ihr nicht«, wiederholte sie, als der Druck seiner Hände auf ihren Armen stärker wurde.
»Ich kann tun und lassen, was mir beliebt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Ihr eine reiche Erbin seid. Ihr seid, wozu ich Euch mache. Nun gut, ich werde Euer Kleid verschonen. Ich verspüre kein Verlangen nach Weibergejammer.« Er bückte sich, ergriff den Saum ihres Kleides und hob ihn auf.
Sie schrie auf.
Er war so überrascht, dass er den Saum wieder fallen ließ. »Was, bei den Zähnen des Heiligen Andreas, ist eigentlich los mit Euch?«
Hastings versuchte zu entkommen, aber sie konnte sich nicht rühren. Er hielt sie fest gegen den Wandteppich gedrückt, den ihre Großmutter vor mehr als dreißig Jahren gewebt hatte und auf dem eine Jagdszene mit Frauen in wunderbar festlichen Gewändern zu sehen war. Sie presste ihre Handflächen gegen seine Brust. »Lasst mich, Severin, lasst mich. Oh, ich wünschte, Ihr würdet endlich gehen oder ein Fieberkrampf ließe Euch die Besinnung verlieren. Jeder Hund hat mehr Gefühl als Ihr.«
Was war das? Sie beschimpfte ihn? Wo war das liebliche Erbleichen geblieben, das ihm so deutlich gezeigt hatte, dass sie ihn fürchtete? Was sollte dieser Unsinn über Gefühle?
»Natürlich habe ich Gefühle, und gewiss nicht die eines Hundes. Glaubt Ihr etwa, ich hätte das Messer, das in meine Schulter fuhr, nicht gespürt?«
»Ich spreche nicht von dieser Art von Gefühlen. Was ich sagen wollte, ist, dass es Euch gleichgültig zu sein scheint, wie ich mich fühle. Es kümmert Euch nicht im Mindesten, ob ich durcheinander oder erschrocken oder wütend bin.«
»Doch, manchmal schon. Es ist nur so, dass ein Mann keine Zeit für solche Dinge hat. Glaubt mir, ich habe wohl bemerkt, dass Ihr jedesmal, wenn Ihr mich anblickt, ganz blass vor Furcht werdet. Das gefällt mir. Es zeigt, dass Ihr mir die Ehrerbietung entgegen bringt, die Ihr mir schuldet. Das ist gut so, denn das ist es, was eine Frau für Ihren Herrn und Ehemann fühlen sollte.«
Von Anfang an hatte sie sich keinerlei Illusionen hingegeben, was seine Gefühle in diesem Punkt anging, aber trotzdem konnte sie nicht anders, als ihn entgeistert anzustarren. Vergeblich versuchte sie, ihn nicht das blanke Entsetzen in ihrer Stimme hören zu lassen. »Was seid Ihr für ein Rohling! Labt Ihr Euch daran, jene zu verletzen, die schwächer sind als Ihr? Erfüllt es Euch mit Genugtuung, wenn ich vor Euch Angst habe?«
Sie redete zu viel, und nichts von dem, was sie sagte, gefiel ihm. Wie konnte sie es wagen, ihm derartige Dinge vorzuwerfen? Wie kam sie dazu, ihn als brutalen Unmensch hinzustellen? Andererseits war einer Frau, die Angst vor ihrem Mann hatte, zuzutrauen, dass sie ihn umbrachte. Diese Frau brachte es fertig, ihm giftiges Zeug in sein Bier zu mischen und ihn seine
Seele aus dem Leib speien zu lassen. Er hatte es miterlebt. »Mitunter ist es durchaus angemessen, wenn ich Euch Ehrfurcht einflöße.«
»Lasst mich allein, Severin. Ihr macht mich zornig. Geht.«
»Untersteht Euch, mir Befehle zu erteilen. Und jetzt werdet Ihr aufhören, mich zu beleidigen.«
»Es liegt an meinem Monatsfluss!«, stieß sie hervor.
Wie versteinert hielt er inne. Ihr Monatsfluss? »Was für eine Ausflucht ist das jetzt wieder?«
Sie schüttelte den Kopf und berührte dabei mit der Stirn seine Brust, da sie ihn immer noch nicht ansah. »Es ist die Wahrheit. Ihr müsst mich in Frieden lassen.«
»Der Herr möge mir Geduld geben. Es macht nichts, wenn Ihr blutet. Ihr werdet mich eben baden, wenn ich Euch beigewohnt habe.«
Mit blassem, entschlossenem Gesicht sah sie zu ihm
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