Schloss der Liebe
sie dann frieren darf, bis ihr vor Kälte die Zähne klappern. Und sie wird auch keine kalte, wässrige Suppe zu trinken bekommen, die ihr irgendein Mönch in die Zelle stellt, wenn sie gerade nicht hinsieht. Sie wird hier bleiben, bei mir, meinen Männern und den heiligen Brüdern.«
Überrascht und entrüstet setzte Vater Michael zum Protest an, doch Severin drückte die Spitze des Dolchs in seinen Hals, bis ein Tropfen Blut hervorquoll. »Ihr werdet tun, was ich sage, Vater. Und ich werde dafür sorgen, dass sie Eure Mönche nicht in Albträume unerfüllter Lust treibt. Sie wird an meiner Seite bleiben. Stellt Euch einfach vor, sie sei einer meiner Männer. Stellt Euch vor, sie sei ein junger Bruder mit etwas zu langem Haar.«
Der Abt war klug genug zu erkennen, wenn er nichts ausrichten konnte. Diesen Graugewandeten schien es nicht zu beeindrucken, dass er, Vater Michael, der Abt dieses altehrwürdigen Benediktinerordens, Gottes Gesandter auf Erden war und dass er in die Hölle kommen würde, wenn er ihm den Dolch in die Kehle rammte. Vater Michael musste wohl oder übel nachgeben. Nass bis auf die Knochen standen Lord Severins Männer dicht beieinander, nur diese Frau, ebenso durchnässt wie die anderen, stand stolz und hochaufgerichtet vor ihm, ihr langes Haar fiel ihr als feuchtes Bündel über den Rücken. Er sah, wie sie ihn und seine hilflosen Brüder anschaute und wusste, dass sie es war, die hinter diesem ungeheuerlichen Verhalten steckte. Sie war die Schlange des Teufels, wie alle Frauen. Sie waren Huren, die nur danach trachteten, anständige Männer schamlos zu verführen. Weggesperrt gehörte sie, fern dieser gutwilligen und tugendhaften Männer, man sollte ...
»Wir sind alle durchnässt, müde und hungrig. Zeigt uns unsere Zellen und gebt uns zu essen, Vater.«
Der Abt nickte unwillig, die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst, und wandte sich seinen Mönchen in ihren Kutten zu. Sein hageres Gesicht glühte, und gleich neben dem kleinen Blutfleck pulsierte heftig seine Halsader.
Hastings beobachtete, wie er einen der Brüder ohrfeigte. Ohne den Blick von dem heiligen Mann zu wenden, der so mir nichts dir nichts einen anderen schlug, fragte sie: »Ist das wahr, Severin? Frauen werden von den Männern getrennt und werden schlecht behandelt? Das wusste ich nicht.«
Achselzuckend erwiderte er: »Selbst wenn das Wetter schön wäre und wir strahlenden Sonnenschein hätten - du würdest dir in jedem Fall den Tod holen. Und nun komm. Ich möchte, dass du deine nassen Sachen ausziehst.«
»Warum gibt es diese Regel, Severin?«
»Ich habe gehört, dass die Kirche immer noch darüber diskutiert, ob Frauen überhaupt eine Seele haben. Bedenke das, Hastings. Wenn du keine Seele hast, dürfen dich die Männer, die Gottes makellose Schöpfung darstellen, nicht in ihrer Mitte dulden. Du bist ihrer unwürdig. Du bist nicht besser als irgendein Tier, jedenfalls in Gottes Augen.«
»Wie eigenartig. Vater Carreg hat nie etwas Derartiges erwähnt.«
»Vater Carreg ist schließlich kein Dummkopf. Er dachte sich wahrscheinlich, dass du seine Eingeweide zum Zerfließen bringen würdest, wenn er so etwas auf Oxborough predigte. Aber es ist allgemein üblich. Ich weiß es von meiner Mutter. Reisende sind in Klöstern immer willkommen, nur Frauen werden von den anderen getrennt, weil die Priester glauben, dass sie die geweihte Luft mit ihrer Bosheit beflecken.«
Sie sah verblüfft aus, aber dann lächelte sie, und Grübchen zeigten sich auf ihren Wangen. »Bisher habe ich nur bei dir versucht, boshaft zu sein.«
Er lachte, nahm ihre Hand und folgte dem schweigsamen Mönch, der sie zu einer Zelle führte. Severin ließ sie dort zurück. »Ich werde mich mit den anderen zusammen umziehen. Kleide dich warm an, Hastings.«
Die Zelle war warm und trocken und duftete süßlich nach Rosmarin. In dem Refektorium, das sie kurze Zeit später betrat und in dem sechs große Tische aneinandergereiht waren, roch es nach warmem Bier, frisch gebackenem Brot und gebratene Hühnchen.
»Das ist nicht die Kost, die sie üblicherweise den Reisenden vorsetzen«, empfing sie Severin. »Ich habe einen hohen Preis dafür bezahlt und kann nur hoffen, dass es so gut schmeckt wie es riecht. Dem Abt habe ich ans Herz gelegt, dass das Mahl meiner Frau auch munde, andernfalls müsste ich böse werden. Als meine Finger wie zufällig meinen Dolch berührten, war es mir ein Vergnügen zu beobachten, wie blass er wurde.« Er legte ihr
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