Schloss der Liebe
habe noch viel zu tun, bevor wir essen können.«
Eine Woche später verkündete Lady Moraine, die bereits wieder Farbe im Gesicht und etwas zugenommen hatte, mit klarer, fester Stimme: »Ich weiß, wer die Richtige für Thurston ist.«
Messer und Löffel fielen klappernd auf die Teller zurück. Im Saal hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Severin hatte sich noch nicht daran gewöhnt, dass seine Mutter nun immer bei klarem Verstand war. Sie hatte keinen Rückfall mehr erlitten, seit Hastings begonnen hatte, ihr von dem Mittel der Heilerin zu geben, von dem sie jeden Morgen einen kleinen Schluck nahm.
»Und wer ist das, Mutter?«
»Er muss Söhne bekommen, so dass ich leider nicht mehr in Frage komme, aber ich kenne ein überaus geeignetes Mädchen, die Tochter von Sir William Dorset. Er bewohnt eine kleine Burg unweit von Hawksmere. Mittlerweile müsste sie im heiratsfähigen Alter sein. Was meint Ihr, Thurston?«
Thurston zitterte. Er war nur Sir Thurston von Hornsby, genannt nach der kleinen Burg seines Vaters bei Kentleby. Lord Severin vertraute ihm die Aufgabe eines Burgvogts an und nun sollte er auch noch heiraten. Eine Frau. Darauf war er nicht vorbereitet. Verwirrt stammelte er: »Ich - ich weiß nicht, Mylady. Eine Frau wäre ja eine Dame und würde von mir erwarten, wie man sich benimmt und was man sagt, und ich müsste aufpassen, dass ich nicht rülpse oder andere Geräusche von mir gebe, die sie beleidigen könnten, und ...« Hilflos verdrehte er die Augen.
Mit derselben klaren, festen Stimme meinte Lady Moraine: »Hastings, mir scheint, Thurston hätte dringend etwas von dem Mittel deiner Heilerin nötig. Meinst du, ich habe genug, um ihm etwas abzugeben?«
Genau eine Woche nach Lady Moraines Vorschlag heiratete Thurston Blanche, die neunzehn Jahre alte Tochter von Sir William Dorset. Hastings war hoch erfreut. Ganz wie Hastings hatte Blanche ihrem Vater seit ihrem zwölften Lebensjahr den Haushalt geführt. Zweifellos war sie in der Lage, auf Langthorne für Ordnung zu sorgen.
Lady Moraine blieb bei klarem Verstand und wurde von Tag zu Tag kräftiger. Sie lachte und scherzte. Severin hatte aufgehört, den Kopf zu schütteln, wenn sein Blick zufällig auf sie fiel. Nach und nach gewöhnte er sich an seine Mutter, wie er sie früher gekannt hatte. Doch er machte sich immer noch Sorgen. »Glaubst du, das Mittel der Heilerin hat wirklich gewirkt, Hastings? Glaubst du, seine Zauberkraft wird von Dauer sein?«
»Ich weiß es nicht, Severin.«
»Ich möchte, dass meine Mutter mit uns nach Oxborough kommt.«
Sie strahlte ihn an und umarmte ihn. »Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest«, sagte sie, reckte sich auf Zehenspitzen zu ihm hoch und gab ihm einen Kuss. Er verstummte, immer noch verblüfft, wenn sie ihm außerhalb des Schlafgemachs ihre Zuneigung zeigte.
Eines Tages hatte Gwent festgestellt, dass Severin auf ihn den Eindruck eines rundum zufriedenen Mannes mache, der mit seiner schönen Frau mehr als glücklich wäre.
»Schön? Hastings? Aber Gwent, sie ist eine ganz gewöhnliche Frau, in Aussehen und Verstand. Auch in ihrem Wesen ist sie ganz und gar gewöhnlich und ...
Mit einem Aufschrei der Empörung hatte Hastings sich auf ihn geworfen, aber Severin war vorbereitet. Er fing sie ab, fasste sie unter den Armen und hob sie hoch. Lachend sagte er: »Das wird dich lehren, anderer Leute Gespräche zu belauschen, meine Dame.«
Kopfschüttelnd betrachtete Gwent das Schauspiel. Er wandte sich zum Gehen - zweifellos würde Severin seine Frau gleich küssen. Er hoffte von Herzen, dass nichts mehr geschehen möge, das das Glück der beiden stören könnte.
Am nächsten Morgen verließen sie Langthorne, um nach Oxborough zurückzukehren. Gwent hatte Lady Moraine auf ihr Pferd gehoben. Er hatte Severin versprochen, unterwegs ein Auge auf seine Mutter zu haben und ihm sofort Bescheid zu geben, wenn etwas nicht stimmte. Er wusste, wie besorgt Severin war. Seine Mutter war ihm seit dem vorherigen Tag ungewöhnlich in sich gekehrt erschienen.
Severin drehte sich um und warf einen letzten Blick auf den Ort seiner Geburt. Langthorne würde wieder an Macht und Ansehen gewinnen, dafür wollte er sorgen. Thurston rieb sich zufrieden die Hände. Er war nun ein verheirateter Mann, und allem Anschein nach war die Hochzeitsnacht sehr erfreulich verlaufen. Hastings hatte ein vertrauliches Gespräch mit Blanche geführt und war erleichtert. »Alles scheint in bester Ordnung zu sein. Hast du
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