Schloss der Liebe
»Ich riss ihr die Kleider vom Leib, ganz wie Lord Severin es getan hatte. Dann nahm ich die Kleider und das Geld an mich und brachte beides nach Langthorne zurück. Als wir die beiden verließen, hatte Sir Roger immer noch kein Wort gesagt, sondern starrte nur auf das Mädchen hinunter. Die Männer wollten die Gelegenheit nutzen, aber ich habe es nicht gestattet. Wir ließen sie einfach mitten auf der Straße liegen. In Sir Rogers Blick konnte man nicht die Spur von Lust oder Liebe erkennen, Mylady. Im Gegenteil. Ich weiß zwar nicht, was dann geschah, aber ich vermute, Sir Roger hat sie einfach dort zurückgelassen.«
»Habt Ihr ihr auch die Schuhe weggenommen, Gwent?«, erkundigte sich Lady Moraine und beugte sich gespannt vor.
»Oh ja, Mylady, jedes Bisschen, das sie am Leib trug.«
»Sehr gut. Ihr wisst ja, dass Glenda mich ohne Schuhe in den Wald gejagt hat.«
Gwent lachte auf und rieb sich die Hände. »Dann war es wirklich eine äußerst passende Strafe, Mylady.«
Wie alle anderen hörte Hastings Gwent zu, lachte und nickte anerkennend, und doch war sie mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache. Sie musste dauernd an Lady Blanche denken. Immer noch fragte sie sich, woher Lady Blanche als Dame diese Wildheit nahm und woher sie gewusst hatte, dass sie ihren Mann gewalttätig lieben und von ihm auf die gleiche Weise geliebt werden wollte. Das Ganze war ihr ein Rätsel.
Als sie eine gute Stunde später in ihrem Badezuber saß, grübelte sie immer noch über Lady Blanche nach. Sie wandte sich an Dame Agnes. »Vielleicht könnten wir Alice und Belle rufen?«
»Aha«, stellte Dame Agnes mit unverhohlener Befriedigung fest. »Euer Herr beginnt wohl zu experimentieren?«
»Ja, aber das ist es nicht, was ich wissen will. Es geht darum, dass Sir Thurstons Braut wilde Liebesspiele wollte. Obwohl sie noch Jungfrau war, hat sie sich völlig hemmungslos gegeben. Und danach hat sie es sogar noch ungezügelter getrieben. Von so etwas habe ich noch nie gehört. Es ist mir vollkommen unverständlich, und ich würde es gern verstehen.«
Dame Agnes nickte nur. Sie verließ das Schlafzimmer und kehrte kurz darauf mit Alice zurück. »Belle konnten wir nicht finden. Gwent sagt, dass sie mit dem Schmied zusammen ist, dem alten Morric, und dass er schon so gut wie tot ist, so viel Kraft und Samen hat sie ihm geraubt. Ich habe Alice von Blanche erzählt. Sie meint, es sei durchaus nichts Ungewöhnliches, dass manche Frauen ...«
Alice räusperte sich, nahm Dame Agnes den dicken Schwamm aus der Hand und begann Hastings den Rücken zu waschen. »Manche Männer sind der Meinung, ihre Frauen sollten sich auf den Rücken legen, die Augen schließen und die Beine breit machen. Mehr wollen sie nicht und mehr erwarten sie nicht. Andere Männer dagegen - und offenbar zählen dieser Lord Thurston und Lord Severin zu ihnen - sind etwas beweglicher in ihren Ansichten. Wenn du deinen Mann rittlings nehmen würdest, vielleicht sogar seine Hände an das Kopfteil des Betts fesselst und ihn dann in den Mund nimmst, könnte ich mir vorstellen, dass ihm vor lauter Verzückung ganz schwindelig wird.«
»Wie meinst du das, wenn ich ihn in den Mund nehme? Was meinst du mit >ihn«
»Tu nicht so begriffsstutzig, Hastings. Seinen Schwanz«, fiel Dame Agnes ein.
»Oh, das. Das habe ich schon getan. Ich dachte, er würde jeden Moment einen Herzschlag bekommen. Du hast Recht. Es schien, als wären Männer ganz verrückt darauf.«
»Hmmm«, meinte Dame Agnes. »Die Dinge lassen sich gut an. Du wirst diese Wildheit schon noch lernen, Hastings. Es ist keine Sünde und es könnte euch viel Vergnügen bereiten, wenn du deinen Ehemann wissen lässt, dass dir so etwas Freude macht.«
»Das kann ich nicht«, protestierte Hastings. »Ich kann es einfach nicht. Er würde mich auslachen. Er würde denken...«
»Er würde denken«, sagte Severin, der groß und entspannt mit tiefdunklen Augen und verschränkten Armen in der Tür stand, »dass deine Frauen dich jetzt allein lassen können.«
Im Hinausgehen reichte Alice ihm den Schwamm. Fröhlich pfeifend verließ sie das Zimmer. Dame Agnes wirkte so zufrieden mit sich selbst, wie nur MacDear aussehen konnte, wenn ihm sein Fasanenbraten besonders gelungen war.
Severin rührte sich nicht vom Fleck, bis er allein mit Hastings war. Bedächtig schloss er die Tür des Schlafgemachs und drehte den Schlüssel um. Als er sich ihr wieder zuwandte, saß Hastings in ihrem Badewasser und fühlte sich wie ein Kaninchen
Weitere Kostenlose Bücher