Schloss der Liebe
mit Thurston gesprochen, Severin? Hast du ihm gesagt, dass er seine Braut sanft und rücksichtsvoll behandeln soll?«
Stirnrunzelnd erwiderte Severin: »Das habe ich allerdings. Aber kurz vor unserem Aufbruch sagte er mir noch, dass ich ihm den falschen Rat gegeben hätte. Dabei grinste er von einem Ohr zum anderen und meinte, seine Braut sei eine Tigerin und lege keinen Wert auf sanfte Liebhaber.«
Verständnislos starrte Hastings ihren Mann an. »Das verstehe ich nicht.«
»Manche Frauen, Hastings, mögen es, wenn ein Mann sie ein wenig grob anfasst, sie niederringt und so tut, als überwältige er sie. Deine sanfte Blanche mit dem unschuldigen Gesicht scheint eine dieser Frauen zu sein. So wie Thurston es schildert, war sie schon außer Rand und Band, bevor er sie entjungfert hatte. Danach soll sie sich auf ihn geschwungen haben und ihn mit Fäusten traktiert haben. Gegen Morgen war er fast dem Ende nahe.«
»Wer hätte das gedacht... Diese wilde Art der Liebe wirst du mir näher erklären müssen, Severin.«
»Nein, mein Liebling, das glaube ich nicht. Alles, was du wissen musst, ist, dass du deinen Wünschen freien Lauf lassen darfst, wenn wir allein sind. Was nicht heißt, dass du mir die Kehle durchschneiden sollst, wenn du wütend auf mich bist.«
Ohne noch etwas zu entgegen, spielte Hastings mit Marellas Ohren, tief in Gedanken versunken. Severin stieß seinem Pferd die Hacken in die Seite und ritt zu seinen Männern an der Spitze des Zuges.
Burg Oxborough. Fünf Tage später
»Kaum zwei Stunden nach ihrer Flucht haben wir Sir Roger und Glenda dann aufgegriffen«, berichtete Gwent mit sichtlichem Vergnügen seinen Zuhörern im Großen Saal. Nur Severin kannte bereits alle Einzelheiten und hatte Gwent geraten, die Sache zunächst für sich zu behalten, um sie dann den Leuten auf Oxborough um so genüsslicher zu erzählen. Hastings verstand nun, warum er damit hatte warten sollen. Dieses Publikum hier war hervorragend. Er räusperte sich und fuhr fort: »Sir Roger hatte versucht, ihre Spuren zu verwischen, aber dieser arme Hurensohn ist und bleibt ein Stümper.« Verächtlich spuckte Gwent in die sauberen Binsen am Boden, zuckte dann zusammen und warf Hastings einen schuldbewussten Blick zu. Rasch sagte er: »Diese Mädchen Glenda hatte alle Kleider, die sie an sich raffen konnte, in eine alte Decke gewickelt. Sie versuchte mir weiszumachen, dass nichts als die Lumpen darin wären, die du ihr erlaubt hattest mitzunehmen, Severin. Und Sir Roger sah sein letztes Stündlein gekommen. Eines muss man ihm allerdings lassen - er hat nicht gejammert und gewinselt, wie ich gedacht hatte. Im Gegenteil, er verharrte hoch aufgerichtet auf seinem Ross und erwartete gefasst sein Todesurteil. Als ich den Geldbeutel von ihm zurückforderte, starrte er mich völlig entgeistert an, schüttelte den Kopf und schwor, er habe ihn nicht genommen. Dann wurde er blass, sah das Mädchen an und streckte wortlos die Hand aus.«
Gwent unterbrach seinen Bericht, um einen Schluck Wein aus seinem Becher zu nehmen. Alle hingen an
seinen Lippen. Im Großen Saal von Oxborough war es mucksmäuschenstill. Er räusperte sich erneut und wandte sich an Lady Moraine: »Dieses Flittchen Glenda hat natürlich bestritten, das Geld zu haben. Sie sagte, sie wisse überhaupt nicht, wovon ich rede. Da habe ich mich nicht lange mit ihr herumgestritten, sondern ihr die schmutzige alte Decke abgenommen und auf den Boden geworfen. Ich habe sie aufgeschnürt und die Kleider zur Seite geschoben. Und da war der Beutel, fein säuberlich in ein Unterkleid gewickelt.«
Er machte wieder eine Pause und spießte ein Stück Schweinebraten auf sein Messer. Lady Moraine legte die Hand auf seinen Arm. »Und was geschah dann? Kommt, Gwent, Ihr habt es nun lange genug für Euch behalten. Mein lieber Sohn hat sich geweigert, mir auch nur ein Wort zu erzählen. Spannt uns nicht länger auf die Folter.«
Im letzten Moment gelang es Gwent, ein Rülpsen zu unterdrücken. Er wusste nicht viel über gutes Benehmen, aber Lady Moraine geradewegs ins Gesicht zu rülpsen, gehörte sicher nicht dazu. Zögernd hüstelte er. »Es liegt mir fern, Euch auf die Folter zu spannen, aber was dann geschah, ist kaum für Eure Ohren bestimmt.«
Lady Moraine ergriff ihr Tafelmesser und führte seine Spitze mit sanftem Druck an Gwents Hals, der, dem pfeildurchbohrten Leib des heiligen Sebastian sei Dank, sauber war, weil er erst am Nachmittag gebadet hatte. Gwent beeilte sich zu sagen:
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