Schloss der Liebe
er sprechen konnte.
»Willst du mich zum Sklaven machen?«
»Nein, ich will mich an deiner Lust erfreuen.«
»Ich habe nichts für dich getan, und doch lächelst du mich an und streichelst meine Schulter. Du bist mir ein Rätsel, Hastings.«
»Muss ich denn immer die gleichen fleischlichen Begierden wie ein Mann haben?«
»Ja«, hatte er knapp mit tiefer Stimme geantwortet. Dann hatte er sie auf den Rücken gedreht und erst von ihr abgelassen, als sie erlöst in seinen Mund gestöhnt hatte.
Die Lebhaftigkeit ihrer Gedanken ließ Hastings erschauern. Sie nahm sich vor, diese atemberaubende Erinnerung für den Rest ihres Lebens mindestens ein Mal in der Woche aufzufrischen. Womöglich auch öfter. Blitzartig überkam sie heftiges Verlangen, als sie sich vorstellte, wie er dagelegen hatte, sein Geschlecht in ihrem Mund. Das Meer hätte in diesem Moment seinen heftigsten Sturm schicken können - sie hätte es kaum bemerkt.
Sie hörte jemanden lachen und sah, wie Lady Moraine die Hand auf Gwents Arm legte, der sein Pferd näher an das ihre heranlenkte. »Alfred ist ein Kater, Gwent, und kein Ungeheuer, auch wenn er lauter schnurrt als ein Mann schnarcht.«
Versonnen betrachtete Hastings Gwent und Lady Moraine, die ihr und den anderen zwei Männern vorausritten, freute sich an ihrem Lachen und sah, wie Gwent geistesgegenwärtig die Zügel des Damenpferdes ergriff, als es ins Straucheln zu geraten drohte. Sie hoffte aus ganzem Herzen, dass die Heilerin Recht hatte und dass Severins Mutter wieder gesund war. Gebe Gott, dass ihr Mittel die Krankheit vertrieben hatte.
Dann entdeckte sie ihren Mann, der nur mit einem Lendenschurz bekleidet Seite an Seite mit zwanzig anderen Männern an der Ostmauer von Oxborough arbeitete. Schweiß glänzte auf Brust und Armen, sein dunkles Haar klebte nass an seinem Kopf. Nur mit Mühe unterdrückte sie den Impuls, zu ihm zu laufen, die Arme um ihn zu schlingen und ihn flüsternd zu fragen, ob er mit ihr kommen und wie in der vergangenen Nacht der Natur ihren wilden, freien Lauf lassen wolle - und sich ganz ihrem Willen hingeben.
Sie seufzte und wusste, dass er seine Männer nicht allein lassen konnte. Es sei denn, es begänne in Strömen zu regnen. Einen Augenblick lang schloss sie die Augen und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, er möge sich mit dem Unwetter beeilen. Als sie sie wieder öffnete, spürte sie den Kloß in ihrem Hals. Er war das Abbild eines kräftigen, schlanken und gesunden Mannes, eines starken Mannes mit einer Frau, die ihm zutiefst zugetan war. Bei den Knien der heiligen Katharina, wie sehr hoffte sie, dass er eines Tages dasselbe für sie empfinden möge, das sie für ihn empfand. Ungläubig schüttelte sie den Kopf und schmiegte sich enger an Marellas Hals. Nein, sie konnte ihn nicht lieben. Das war völlig ausgeschlossen. Ihre Ehe unterschied sich in nichts von den vielen anderen, die um des Geldes und teurer Besitztümer, die um der Macht willen geschlossen wurden. Ihnen war eine Rolle zugewiesen worden und die mussten sie spielen. Allerdings spielte sie manche Rollen lieber als andere.
Wieder sah sie sein Gesicht vor sich, als sie über ihm gelegen hatte, und bekam eine Gänsehaut bei der Erinnerung an jene Momente. Sie war nicht der Meinung, dass sie sich besonders wild gebärdet hatte, als er sie zum Höhepunkt brachte. Sie hatte ihn weder gebissen, noch hatte sie ihm mit den Fingernägeln den Rücken zerkratzt. Nur ein bisschen geschrien hatte sie, wie sie es immer tat. Und bei Severin konnte sie sich nicht vorstellen, dass er noch wilder werden konnte als er ohnehin schon war.
Vielleicht sollte sie Dame Agnes und Alice danach fragen. Doch es war noch zu früh dafür. Severin winkte ihr zu und sie winkte zurück. Dann ritten sie in den Burghof und sie übergab Marella an Tuggle, der sofort anfing, der Stute, die ihren Kopf sanft gegen seine Brust stieß, eine Litanei zärtlicher Laute zuzuflüstern,
Kurz darauf sah sie Dame Agnes bei Lady Moraine stehen und - was hatte das zu bedeuten? - Alice bei Gwent. Was hatte Alice ihm zu sagen? Hatte es mit wilder Leidenschaft zu tun? Es stimmte, die letzte Nacht war eine Offenbarung gewesen - aber war es tatsächlich eine Offenbarung oder nur eines von vielen anderen Spielen zwischen Mann und Frau? Es gab noch viel zu entdecken.
Was war es, das Alice mit Gwent zu bereden hatte?
An diesem Tag ging Severin erst spät in der Nacht zu Bett. Er legte sich schlafen, ohne Hastings zu wecken. Aber als sie am
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