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Schloß Gripsholm

Schloß Gripsholm

Titel: Schloß Gripsholm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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als
    ob er dem andern zuhörte, und er hörte ja auch zu, und je-
    der tat so, als bewunderte er den Wald, und er bewunderte
    ihn ja auch — aber im allertiefsten Grunde, wenn man uns
    gefragt hätte: wir waren nicht mehr in der großen Stadt
    und noch nicht in Schweden. Aber wir waren beieinander.
    Da lag das erste Haus von Mariefred. Ein Grammophon
    kratzte sich eins. „Es ist hier zur Erholung, das Grammo-
    phon“, sagte die Prinzessin ehrfürchtig. „Hörst du — es ist
    noch ganz heiser. Aber die Luft hier wird ihm guttun.“ —
    „Hast du Hunger, Lydia?“ — „Ich hätte gern … Peter!
    Daddy! Allmächtiger Braten! Wie heißt der Genetiv von
    Smörgås … Ich möchte gern etwas Smörgåssens … ach-
    gottachgott!“ Und dies bewegte uns sehr, bis wir bei Tisch
    saßen und die Prinzessin alle vier Fälle des schwedischen
    Vorgerichts herunterdeklinierte.
    „Was machen wir nach Tisch?“ — „Das ist eine Frage!
    Nach Tisch gehn wir schlafen. Karlchen sagt auch immer:
    in den Taghemden ist so viel Müdigkeit … man muß sich
    völlig ausziehn und schlafen. Dann schläft man. Und das
    ist eben Erholung.“ — „Sage mal … sitzt dein Freund
    Karlchen noch immer beim Finanzamt im Rheinland?“
    Ich sagte, er säße. „Und woanz ist diesen Mann denn nu
    eigentlich?“ — „Lieber Mann,“ sagte ich zur Prinzessin,
    „das ist vielleicht ein Mann! Aber das darf man ihm nicht
    sagen — sonst wachsen ihm vor Stolz Pfauenfedern aus
    den Ohren. Das ist ein … Karlchen ist eben Karlchen.“ —
    „Keine Erklärung. So schwabbelt mein Konsul auch immer,
    wenn er was nicht sagen will. Ich für mein Teil gehe jetzt
    ins Bett, schlafas.“ Ich hörte sie noch nach der Melodie von
    Tararabumdiä singen:
    Da hat das kleine Pferd
    sich plötzlich umgekehrt
    und hat mit seinem Stert
    die Fliegen ab – ge – wehrt —
    Dann rauschten uns die Bäume in Schlaf.
    3
    Nachmittags standen wir vor dem Schloß — Touristen ka-
    men und gingen.
    Wir wandelten in den ‚innern Burggarten‘; da war ein
    zierlicher Brunnen in der Mitte, kleine Erker klebten an
    den Mauern — man hatte an dem Schloß herumrestau-
    riert … schade. Aber vielleicht wäre das Ganze sonst ein-
    gefallen; so alt war es schon.
    Ein großer Tourenwagen fuhr vor.
    Ihm entstieg ein jüngerer Mann, dann folgten zwei Da-
    men, eine ältere und eine jüngere, und dann wurde ein
    dicker Herr aus dem Fond gekratzt. Sie sprachen deutsch
    und standen etwas ratlos um den Wagen herum, wie wenn
    sie vom Mond gefallen wären. Dann sprach der Dicke ha-
    stig und laut mit dem Chauffeur. Der verstand ihn zum
    Glück nicht.
    Sie lösten Karten für das Schloß. Der Führer war schon
    nach Hause gegangen, und man ließ sie allein pilgern.
    „Lydia …“ sagte ich. Wir gingen nach.
    „Was willst du machen?“ fragte Lydia, und dabei senkte
    sie die Stimme, so gut hatte sie mich verstanden. „Ich
    weiß noch nicht“, sagte ich. „Es wird mir schon etwas ein-
    fallen … Komm mit.“ Die Touristen standen im großen
    Reichssaal, sie sahen zur getäfelten Decke auf, und eine
    der Damen sagte so laut, daß es hallte: „Ganz nett!“ —
    „Offenbar schwedischer Stil!“ sagte der Dicke. Sie murmel-
    ten. „Wenn sie jetzt noch fragen, ob das alles hier gebaut
    ist … Rasch!“ — „Wohin?“ — „Komm dahin, wo der große
    Brunnen ist. Irgend etwas müssen wir da aufführen …“
    Man hörte sie schlurren und husten — dann waren wir
    außer Hörweite. Wir gingen leise und schnell.
    Da war ein großer, runder Raum, mit einer Holzgale-
    rie, und in der Mitte des festgestampften Bodens lag eine
    kreisrunde Holzscheibe: der Eingang zum Verlies. Und
    da fanden wir eine Leiter. Lydia half, wir setzten die Lei-
    ter an — hurra! Sie stand. Also sehr tief konnte es nicht
    sein. Ich kletterte hinunter, gefolgt von den spöttisch-
    bewundernden Blicken der Prinzessin. „Grüß die Fleder-
    mäuse!“ — „Hol din Mul!“ sagte ich. Ich kletterte — ein
    ganzes Endchen … ein amerikanischer Filmkomiker mimt
    den Feuerwehrmann, so sah das aus, und mir war gar nicht
    komisch zumute, wohin ging das hier? Aber für einen Spaß
    ist uns nichts zu teuer. Dunkelheit und Staub. Nur der
    runde Schein von oben … „Bitte Streichhölzer! Aus deiner
    Tasche!“ Die Schachtel kam herunter und fiel mir auf die
    Füße. Ich suchte und stieß mir den Kopf an der Leiter —
    dann hatte ich sie. Ein Flämmchen … das war also doch
    ein großer Raum, an der einen

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