Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)
Rücken.«
»Und danach? Keine neue Flamme in den letzten Wochen?«
»Wie gesagt, wir hatten kaum Kontakt seither. Weißt du mehr, Daniel?«
»Ich?« Der Blonde schaute sie empört an. »Spinnst du?«
»Fiel einmal der Name Nadja?«, fragte ich.
Inez überlegte. »Nein, nie gehört.«
»Und sonst? Bevor ihr zusammen wart?«
»Es gab da eine, die anscheinend etwas von ihm wollte … mit der er
wohl auch mal was hatte und die nun immer wieder ankam. Eine von den Jüngeren.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Soweit ich mich erinnere, war sie eine ehemalige
Schülerin von ihm.«
»Eine ehemalige Hauptschülerin?« Sofort fiel mir die ›hengen lassen‹-SMS
ein. »Vielleicht eine Ausländerin?«
»Keine Ahnung.«
»Weißt du einen Namen? Wohnort, Alter?«
Wieder lächelte sie schwach. »Seine Verflossenen waren nicht gerade
unser Lieblingsthema.«
»Schade.« Und weil Daniel schon zum zweiten Mal demonstrativ auf sein
Handy schaute, fügte ich noch an: »Der Kaffee ist übrigens ausgezeichnet. Bin richtig
froh, dass ich keinen verwässerten Cappuccino bestellt habe.«
»Komm, wir gehen«, zischte der Junge.
Inez sah ihn nicht einmal an. »Haben Sie noch Fragen, Herr Koller?«
Ich überlegte. Natürlich gab es noch Fragen. Aber welche waren die
wichtigen? Inez’ Namen hatte ich nicht in Schallmos Adressbuch gefunden. Entweder
war das Verhältnis zu kurz gewesen, um einen Eintrag zu rechtfertigen, oder er hatte
sie nach der Trennung sofort gelöscht. Um eventuellen Komplikationen mit Nachfolgerinnen
vorzubeugen. Ob sie ihn trotzdem in den letzten Tagen einmal angerufen hatte, bliebe
zu überprüfen. Ihre Handynummer besaß ich ja nun. Daniels Nummer hätte ich auch
gern gehabt. Aber die würde er mir wohl kaum geben. Nicht einmal, wenn ich ihn siezte.
»Wann genau hattet ihr zum letzten Mal Kontakt zu Schallmo?«, erkundigte
ich mich.
»Sie meinen, wann wir ihn zuletzt gesehen haben?«, fragte Inez zurück.
»Auch.«
»Gott, wann war das?« Sie fuhr sich durchs Haar. »Einmal haben wir
im Fitnessstudio noch was zusammen getrunken. Aber das ist mehr als zwei Wochen
her. War auch nur eine kurze Begegnung.«
»Und telefoniert? SMS, Mails?«
»Danach auf keinen Fall.«
»Und du?«, wandte ich mich an Daniel.
»Ich?« Er war wirklich die Verblüffung selbst. Dann fing er an zu lachen:
»Geht’s Ihnen noch gut? Mit dem Typen wollte ich doch nichts zu tun haben! Nie wieder,
geht das nicht in Ihren Kopf rein?«
»In den geht viel rein«, brummte ich. »Lügen, Wahrheiten, Kaffee, alles
wild durcheinander. Also kein Kontakt zwischen euch, nicht der geringste?«
»Null, nada! Sag du’s ihm, Inez!«
»Daniel und Thorsten sind sich aus dem Weg gegangen«, half sie ihm
bereitwillig. »War für alle Beteiligten das Beste.«
»Das will ich gern glauben«, entgegnete ich. »Allerdings gibt es da
noch einen unschönen Vorfall aus den letzten Wochen. Thorsten Schallmo wurde nämlich
zusammengeschlagen. Oder sagen wir es weniger blumig: Er wurde tätlich angegriffen,
hatte eine Platzwunde über dem Auge und war einen Tag krankgeschrieben.«
»Krankgeschrieben war der Typ doch dauernd«, fauchte Daniel.
»Ach, und deshalb kann man ihm getrost eins auf die Nase geben? Damit
er endlich mal mit Grund fehlt?«
»Quatsch! Jetzt spinnen Sie völlig rum.«
»Das ist mein Beruf, junger Mann. Irgendjemand hat Thorsten Schallmo
eine Tracht Prügel verabreicht, und kurze Zeit später hat ihn irgendjemand erschossen.
Möglicherweise ein und derselbe Jemand.«
Täuschte ich mich, oder flog da eine leichte Blässe über das stumpfe
Gesicht des Blonden? Er zuckte die Achseln und schaute in eine andere Richtung.
»Ich weiß nichts davon«, sagte Inez. »Wann war das mit den Prügeln?«
»Vor Kurzem. Genauer kann ich es dir nicht sagen.«
»Es muss nach meiner Zeit gewesen sein. Eine Platzwunde wäre mir aufgefallen.«
»Also wisst ihr beide nichts über diesen Vorfall?«
Inez schüttelte den Kopf. Ihr Freund warf eine Hand in die Höhe, um
sie theatralisch auf sein Knie fallen zu lassen. »Mir reicht es jetzt wirklich!«,
rief er, ohne mich anzusehen. »Ich habe keinen Bock mehr auf diese dauernden Unterstellungen.
Keine Ahnung, warum mir dieser Typ unbedingt etwas anhängen will, aber anhören muss
ich mir das nicht. Los, Inez, wir hauen ab. Du hast ihm alles gesagt. Wenn er uns
weiter belästigt, schicke ich ihm Papas Anwalt vorbei.« Er stand auf. »Kommst du?«
»Haben Sie noch Fragen?«, seufzte Inez.
»Jede
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