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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Da trifft er sich mit seinen Jungs. Manchmal trainieren sie in einem
Kickboxing-Studio am Stadtrand. Abends ziehen sie durch irgendwelche Dissen oder
zischen noch einen bei Fred.«
    »Bei Fred? Du meinst, an seinem Imbiss?«
    »Am Schlossblick, ja.«
    »Da trifft sich wohl alle Welt?«
    »Wo sonst?«
    Tja, wo sonst? Auf diese Frage hatte ich keine Antwort. Warum sollten
sie sich auch nicht bei Fred treffen: Hauptschüler und Gymnasiasten, Rentner und
Arbeitslose, Drogenhändler und gestandene Familienväter. Das ganze Panoptikum der
Stadt.
    »Hast du denn die Handynummer von Brutsch?«, wollte ich noch wissen.
    »Nein. Vor Urzeiten hatte ich sie, aber als ich ihn einmal anrief,
schaffte er sich sofort ein neues Gerät an. Und das wird er nicht gekauft haben.
Wenn ich etwas von dem Burschen will, kriege ich ihn schon. Wie gesagt, versuch
es mal am Bahnhof.«
    »Mach ich. Danke.«
    Und so fuhr ich dann – ohne große Lust, um ehrlich zu sein – zu dem
kleinen Bahnhof zwischen den Heidelberger Stadtteilen Rohrbach und Kirchheim. Ein
S-Bahn-Halt nur, aber von vielen Pendlern genutzt. Auf der Brücke stehend, sah ich
durch die gläsernen Schutzwände auf die Bahnsteige hinab. Kein Brutsch, keine Clique
in Sicht. Zwei Jugendliche, die rauchend am ehemaligen Bahnhofshäuschen vorbeischlenderten;
eine Gruppe von Mädchen, die den Fahrplan studierten, um sich dann schnatternd auf
Gleis 2 zu begeben. Das war’s. Was diesen Ort als Treffpunkt so einmalig machte,
erschloss sich mir nicht.
    Vom Bahnhof aus brauchte ich nur fünf Minuten zum Schlossblick. Freds
Imbiss war regelrecht umlagert von Kunden und deren Gesprächswolke. Mit dem Tod
Schallmos machte der Junge das Geschäft seines Lebens. Als ich mein Rad abstellte,
hörte ich Tischfußball-Kurts Stimme. Gerade beschrieb er der staunenden Menge, wie
der erste Schuss knapp über seinem Kopf in den Wagen gerauscht war.
    »Zack!«, rief Kurt und schlug mit der Faust in die offene Handfläche.
»Wie das krachte, Leute! Wir natürlich: höchste Alarmstufe! Ab auf den Boden!«
    Die Zuhörer nickten andächtig.
    »Ich dachte, er hätte einen Schalldämpfer benutzt«, warf ich ein, aber
wer hörte schon auf einen wie mich?
    »Kommt, ich zeige es euch«, fuhr das Beinaheopfer fort und lockte sein
Publikum vom Imbisswagen weg, auf dass es das Einschussloch über dem Vordach bewundern
konnte. Ich ergriff die Gelegenheit beim Schopf und stellte mich an die Durchreiche.
    Brutsch fand ich natürlich auch hier nicht, aber wenigstens nahm Fred
zwischen zwei Feuerwürstchen und einer Tasse Kaffee meinen Auftrag entgegen. Ja,
der Brutsch, den kannte er, klar. Und er versprach mir, mich anzuläuten, sobald
der Typ bei ihm auftauche. Auch am Abend. Logisch, der komme eigentlich immer nur
abends.
    »Sehr gut. Machst du mir ein bisschen Senf zu meinen Würstchen?«
    »Nee.«
    »Nein?«
    »Meine Feuerwürstchen gibt es ohne alles. Aus Prinzip. Senf gehört
zu Wienern und meinetwegen zu Bratwürsten, wenn es der Kunde verlangt. Aber Feuerwürstchen?
Keine Chance.«
    »Du meinst, sonst spürt man das Feuer nicht?«
    »So ungefähr.«
    »Auch eine Einstellung.«
    Tischfußball-Kurt kam zurück. Wie er sich wichtig vorkam! Hatte sich
während seiner Erzählung sogar ein wenig Angstschweiß aus den Poren gedrückt.
    »Na, Alter?«, rief er und versetzte mir einen Schulterklaps, dass ich
einknickte. »Wie weit sind wir mit den …?« Im letzten Moment fiel ihm ein, dass
das kein Thema für den versammelten Hasenleiser war, und er vollendete den Satz
im Flüsterton: »… mit den Ermittlungen?«
    »Alles bestens«, knurrte ich. »Hab schon den ersten Ermittlungserfolg.«
    »Und der wäre?«
    »Mir ist klar geworden, dass mein Auftraggeber ein Volldepp ist.«
    Erst runzelte er die Stirn, um mir dann mit seiner großen Hand die
Wange zu tätscheln. »Hauptsache, unser Superhirn verliert seinen Humor nicht«, meinte
er gönnerhaft. »Und wie sieht es mit deinen großartigen Motiven aus, Max? Bist du
in dieser Richtung schon fündig geworden?«
    »Du meinst, warum Schallmo erschossen wurde? Mal sehen. Ich arbeite
dran.«
    »Ja, mal sehen. Sehen wirst du nur eins, mein Junge: Dass es überhaupt
keinen Grund gab, den Typen umzulegen. Der ist ein Zufallsopfer, glaub mir.«
    Ich zuckte bloß die Achseln. Hatte keine Lust, mit Kurt über Ursachen
und Folgen menschlicher Handlungen zu diskutieren. Davon verstand der Kerl nämlich
nichts. Er verstand überhaupt nur von wenigen Dingen etwas. Von Dackeln zum

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