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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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eher Bescheid als die Jungs.
    Dann die geplatzte Augenbraue. Wer hatte Schallmo diese Abreibung verpasst?
Wann, wo und vor allem warum? Hier waren die Jungs der Hauptschule gefragt. Wenn
Schallmo allgemein als wehleidig galt, wenn er sich bereits eine Watschen auf dem
Schulhof eingefangen hatte, und das von Brutsch, der halben Portion – dann war er
Freiwild. Zum Abschuss freigegeben: Hey, Leute, wenn ihr euch abreagieren wollt,
nehmt den Schallmo, der wehrt sich nicht. Und ein hinterfotziger Grapscher ist er
ohnehin. Stand ja schon an der Turnhallenwand.
    Nun, das mochte einigermaßen folgerichtig klingen; Spekulation blieb
es trotzdem. Genauso wie die Überlegung, wer hinter Schallmos Affäre mit Inez gekommen
war und mir den Zettel zugesteckt hatte. Daniel, der einzige Eingeweihte, kam nicht
in Betracht. Als ich heute Vormittag in der Rohrwaldschule war, wusste er noch nichts
von mir und meinen Nachforschungen. Außerdem wäre es widersinnig anzunehmen, dass
ausgerechnet ihm daran gelegen sei, die Affäre seiner Freundin öffentlich zu machen.
    Wer aber dann? Inez und Schallmo hatten ihre Beziehung geheim gehalten.
Zumindest hatte Inez das behauptet. Gut möglich, dass Schallmo ins Plaudern geraten
war. In der Kneipe, unter Männern, nach einer Flasche Wein: Bleibt mir vom Hals
mit euren Greisenschlampen, ich hab da was Besseres. 17 Jahre, strammes Fleisch
überall und spanisches Feuer im Hintern! So etwa. Gut möglich aber auch, dass ein
Schüler hinter das Verhältnis gekommen war. Bloß welcher Schule? Inez’ Klassenkameraden
vom Kurpfalz College hätten durchaus etwas merken können. Nehmen wir Laura, den
Lulatsch mit den Monatsbeschwerden: Dank ihrer Größe behält sie den Überblick, sie
kapiert, dass sich Inez einen Zweitlover hält, und beschließt, ihrer Rivalin eins
reinzuwürgen. Schau mal, Detektiv, was für ein Flittchen unsere hübsche Spanierin
ist! Weshalb Inez wiederum, mit dem sechsten Sinn der Frauen ausgestattet, sie beim
Basketball so hart angeht.
    Überzeugend?
    Nicht sehr. Denn erstens müsste Laura von meinen Ermittlungen erfahren
haben. Oder ein anderer ihrer Klasse. Und zweitens brauchte sie eine Gelegenheit,
mir den Zettel unterzujubeln. Mein Fahrrad stand zwar eine ganze Weile an der Rohrwaldschule,
aber da hatte Laura Unterricht. Eine Freistunde? Ein Verbündeter, dem sie den Zettel
gab? Die ältere Schwester?
    Nein, viel wahrscheinlicher war es, dass ein Hauptschüler dahinter
steckte. Schallmos Klasse wusste von mir – und mittlerweile wohl die gesamte Schule.
Zweitrangig, ob man in mir einen Psychologen oder einen Privatflic sah. Die Hofpause,
die ich abseits bei der Hausmeisterwohnung zugebracht hatte, war die ideale Gelegenheit
für sämtliche Schüler gewesen, mir die anonyme Botschaft unterzujubeln. Von dem
Mäuerchen aus hatte ich mein Fahrrad nicht sehen können. Und selbst wenn das der
Fall gewesen wäre, hätte ich nicht darauf geachtet.
    Also ein Hauptschüler.
    Oder Brutsch.
    Ich weiß selbst nicht, wie ich auf diese jämmerliche Figur kam. Sein
pickliges Gesicht stand plötzlich ganz klar vor meinen Augen. Natürlich, er war
um die Schule gestromert, als mein Rad schon dort stand, und er hatte sich einige
Zeit vor der Hofpause vom Acker gemacht. Nachdem er meine Fragen zu Schallmo beantwortet
hatte. Kein Zweifel, Brutsch hatte von allen Menschen die beste Gelegenheit, mir
den Zettel zuzustecken. Bloß: Warum hätte er das tun sollen? Worin bestand seine
Verbindung zu Inez?
    Ich zog die Gepäckträger-Botschaft aus meiner Hosentasche, um sie mir
zum vermutlich hundertsten Mal anzuschauen. Schallmo-Hure … Wer konnte ein Interesse
daran haben, Inez zu verunglimpfen? Jemand, der das Mädchen hasste. Dem das Verhältnis
zwischen ihr und dem Lehrer ein Dorn im Auge war. Oder: der Mörder. Eine Person,
die von sich ablenken wollte. Aber auch diese Person musste von der geheim gehaltenen
Affäre erfahren haben. Es gab einfach zu viele Möglichkeiten!
    Ich rief Steve Bungert an. Natürlich könne er mir die Telefonnummer
von Brutschs Mutter geben, meinte er, aber wenn jemand nicht wisse, wo sich ihr
Sohn gerade herumtreibe, dann sie.
    »Und wer weiß es?«, fragte ich.
    »Ich«, antwortete Steve schlicht.
    So etwas hatte ich mir schon gedacht. Steve kannte wahrscheinlich auch
Brutschs Sozialversicherungsnummer und die Anzahl seiner Plomben. Genau deshalb
hatte ich ihn ja angerufen.
    »Also«, begann er, »mein Freund Brutsch lungert tagsüber gern am Kirchheimer
Bahnhof rum.

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