Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)
Minute später?« Um ihre Mundwinkel zuckte es.
Sieh an, da kehrte das spöttische Lächeln in ihr Gesicht zurück. Inez reagierte
schnell: Aus einer peinlichen Situation war eine gefährliche geworden, also hatte
sie auf Verteidigung umgeschaltet. Auf Vorwärtsverteidigung, um genau zu sein. »Woher
wollen Sie das wissen?«
»Recherche. Ist mein Beruf.«
Sie zögerte mit der Antwort. Dafür schaltete sich ihr Freund ein: »Schmeiß
ihn raus, Iny. Der Typ hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank. Soll ich es für
dich tun?«
»Ach nee!«, fuhr ich ihn an. »Interessiert dich nicht, was sie mit
Schallmo zu besprechen hatte? An seinem Todestag, überleg mal! Oder wusstest du
von dem Gespräch?«
»Entweder Sie gehen jetzt, oder ich rufe die Polizei. Verstanden?«
»Hör auf, den starken Mann zu markieren, das steht dir nämlich nicht,
Daniel. Ich habe etwas mit deiner Freundin zu klären, und wenn jetzt der falsche
Moment ist, komme ich nachher wieder. Oder heute Abend, egal. Hier geht es um Mord,
kapierst du das? Nicht um pubertäre Hahnenkämpfe.«
»Verschwinden Sie!«
»Nun lasst mal Luft ab, alle beide!« Inez funkelte ihren Freund an.
»Ist doch klar, dass er nachbohrt, wenn er merkt, dass da was nicht stimmt.« Sie
stand auf, blass, aber entschlossen. »Ich mache uns mal einen Kaffee, dann können
wir in Ruhe reden.«
»Weißt du eigentlich, was du an deiner Freundin hast?«, raunte ich
Daniel zu, während Inez vorausging.
Er wich meinem Blick aus.
Kurz darauf saßen wir in einem kahlen Zimmer auf dunklen, harten Möbeln
und tranken Espresso, den eine blitzende Designermaschine ausgespuckt hatte. So
kurz nach dem Frühstück hatte ich eigentlich keine Lust auf Kaffee, aber er schien
mir das einzig Warme in dieser kalten Umgebung. Inez vielleicht einmal ausgenommen.
Während sie die Tassen präparierte, kam es zu einem kurzen geflüsterten Wortgefecht
mit Daniel, der offenbar nicht wusste, welche Rolle ihm bei unserer Unterhaltung
zugedacht war.
»Ich kann auch gehen, wenn dir das lieber ist!«
»Deine Entscheidung.«
»Ach ja?«
»Ja!«
Na, da war es mir ja glänzend gelungen, einen Keil zwischen die beiden
zu treiben. Alter Psychologentrick: Schaffe Uneinigkeit, schon winkt dir Erkenntnisgewinn.
»Wirklich«, begann Inez, als endlich alle saßen, »ich frage mich, woher
Sie von dem Telefonat wissen.«
Bedauernd hob ich die Schultern. Preisgabe von Informanten, das war
ja noch verwerflicher als das Eindringen in fremde Gärten!
»Worum ging es denn bei eurem Gespräch?«, fragte ich stattdessen. »Und
warum hast du es mir verheimlicht?«
»Na, weil es so kurz vor Thorstens Tod stattfand, darum. Macht doch
einen seltsamen Eindruck, oder?« Sie drehte die Tasse in ihren Händen. »Außerdem
war es eine saublöde Unterhaltung.«
Ich wartete. Daniel ebenfalls, auch wenn er so tat, als ginge ihn die
ganze Sache nichts an.
»Es begann schon damit, wie er sich meldete«, fuhr sie fort. »Wollte
angeblich meine Mutter sprechen. Ich meine, geht es noch dämlicher? Wir hatten uns
getrennt, in aller Freundschaft eigentlich, aber für den ersten Anruf nach Wochen
muss meine Mutter als Ausrede herhalten.«
»Und was wollte Schallmo von ihr?«
»Nichts, es war bloß ein Vorwand. Sie arbeitete ja noch. Und danach
…« Ihr Blick flog kurz zu Daniel hinüber, bevor er sich wieder senkte. »Danach haben
wir uns gestritten. Noch ein Grund für mich, von dem Telefonat nichts zu erzählen.«
Ich nippte an meinem Espresso. Alles, was recht ist, aber diese Glitzermaschine
verstand was von ihrem Geschäft. »Dir ist klar, dass ich weiterfragen werde«, sagte
ich. »Worum es sich bei diesem Streit handelte und solche Sachen.«
»Geht Sie nichts an«, knurrte Daniel. Beachtete ihn jemand?
Inez schürzte die Lippen. »Beziehungskram«, sagte sie und zuckte die
Achseln. »Ist ja nie ganz vorbei, so sauber man sich auch trennt. Thorsten hatte
noch etwas bei mir, was er nicht zurückhaben wollte … Ich wollte es ihm aber geben,
und deshalb kam es zum Streit. Worum es sich handelte, ist meine Sache. Darüber
rede ich nicht, und wenn Sie mir den Hals rumdrehen.«
»Kein Bedarf«, grinste ich.
»Was?«, sagte Daniel schroff. »Was hast du noch von ihm?«
»Nichts.« Sie stützte ihr Kinn in eine Hand und starrte in eine Zimmerecke,
ganz oben unter die Decke.
Wir warteten. Es schien eine extrem interessante Ecke zu sein, die
Inez da begutachtete. Sie starrte und starrte, bis ihre Augen zu tränen begannen.
Sogar
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