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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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lediglich
ein paar Fragen stellen und wäre froh, wenn er sie mir wahrheitsgetreu beantworten
würde.«
    »Natürlich wird er.«
    Der drohende Unterton dieser Aussage war nicht
zu überhören. Wie ein geprügelter Hund drückte sich Fikret in einer Ecke des Zimmers
herum. Und dort blieb er auch stehen, als ich einen Platz angeboten bekam und mich
setzte.
    Erst auf einen Befehl seines Vaters rührte er sich. Ich hatte gerade
mit meiner Vorrede begonnen, als mich der Alte unterbrach. Außer einem fordernden
» ç ay!« verstand ich nichts, Fikret
aber stürzte zur Tür und schrie exakt dieselben Worte in den Flur hinaus. Weiter
hinten in der Wohnung regte sich etwas, eine Tür ging, dann sah ich ein Mädchen
Richtung Küche schlurfen. So verliefen sie also, die Kommunikationswege im Hause
Ak s ehir.
    Zweiter Versuch. »Ein Lehrer ist ermordet worden«, wandte ich mich
an den Schnauzbart. »Sie werden davon gehört haben. Und nun versuchen wir natürlich
herauszufinden, was da im Vorfeld alles schiefgelaufen ist zwischen ihm und seinen
Schülern.«
    »Schallmo«, nickte er und machte eine vage Handbewegung. Der Tee kam,
serviert von einem vielleicht zwölfjährigen Mädchen, das ausgesprochen hübsch war.
Zumindest die Teile waren es, die ihr Kopftuch frei ließ.
    »Es geht nicht nur darum, den Mord aufzuklären«, fuhr ich fort. »Wir
wollen auch etwas über die Gefühle der Schüler gegenüber ihren Lehrern erfahren.
Über Emotionen, die im Schulalltag entstehen.«
    »Ja.« Wieder ein Nicken. »Ich verstehe.«
    »Sehr gut.« Ich nickte ebenfalls, auch wenn ich dem Alten kein Wort
glaubte. Ob er mir glaubte? Egal, das Spiel musste weitergehen. »Deshalb möchten
wir …«
    »Und Fikret?«, schnitt er mir zum zweiten Mal das Wort ab. »Was hat
er angestellt?«
    Angestellt? Onkel Herfried hätte es nicht schöner formulieren können.
Die Antwort gab ihm sein Sohn: auf Türkisch. Der Vater plärrte zurück, Fikret fuchtelte
mit den Händen. Ich verstand weder von dem einen noch dem anderen was. Kein Türkisch,
kein Gefuchtel.
    »Hallo«, versuchte ich mir mit erhobener Stimme Gehör zu verschaffen.
»Einen Moment, bitte. Gleich dürfen Sie in Ihrer Sprache weiterdiskutieren. Aber
solange ich hier bin … danke. Also, ob Fikret etwas angestellt hat oder nicht, kann
ich nicht beurteilen.« Kurze Pause, und dann: »Es wird allerdings behauptet, er
habe Herrn Schallmo eine Abreibung verpasst.«
    »Bescheuert!«, rief Fikret. »Wer sagt denn so was?«
    Sein Vater blickte mich verständnislos an. »Eine Reibung?«
    »Abreibung. Prügel. Rechter Haken aufs Auge.« Ich deutete es mit geballter
Faust an. Anschließend probierte ich den Tee: süß und stark, so gefiel mir das.
    Fikrets Vater aber, zornglühend, umklammerte die Lehnen seines Rollstuhls
und bellte seinen Sohn über den Tisch hinweg an: Was ihm einfalle, einen Lehrer
zu verdreschen, das werde Konsequenzen haben, er solle nur warten, bis er nach Hause
komme. So in der Art. Fikret presste sich mit dem Rücken an die Wand, der Schweiß
brach ihm aus, doch je mehr er sich verteidigte, desto schriller wurde seine Fistelstimme.
Im Hintergrund schlich das Mädchen davon.
    »Stopp«, sagte ich gähnend. Keine Reaktion. Also
etwas lauter: »Stopp, meine Herren! Bitte aufhören. Ich nur deutsch. Türkiye yok.
Lassen Sie Ihren Sohn doch erst einmal Stellung dazu nehmen, Herr Ak s ehir.
Was ist nun, Fikret: Hat der Schallmo wegen dir eins aufs Auge gekriegt?«
    »Nein!«, rief der Kleine. Hass und Furcht zogen wie Gewitterwolken
über sein kindliches Gesicht. »So was mache ich nicht! Der Schallmo war ein Blutsauger,
ein mieser Typ, aber wegen so einem riskiere ich doch nicht, dass sie mich von der
Schule schmeißen!«
    Wieder eine türkische Entgegnung von Papa, die ich mit einer Handbewegung
vom Tisch fegte. »Und wer könnte es deiner Meinung nach gewesen sein? Schallmo trug
immerhin eine Verletzung davon.«
    »Keine Ahnung! Was weiß ich, wo der Kerl sich abends rumtreibt? Wenn
man immer mit Weibern rummacht, kriegt man halt Probleme. Unter Garantie!«
    »Bist du eigentlich gut in der Schule?«
    Jetzt war das Staunen groß. Nicht, dass ich mich für Fikrets Noten
interessiert hätte, aber vielleicht ließ sich mehr aus dem Jungen herauskitzeln,
wenn man die Themen rasch wechselte.
    »Ja, ist gut in der Schule«, sprang der Vater ein. »Fikret guter Junge.«
    »Dann erklär mir doch einmal genau, was du gegen Thorsten Schallmo
hattest.«
    »Er ist ein Lügner«, giftete der

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