Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Titel: Schlüsselfertig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
Vom Netzwerk:
Vielleicht, weil ich doch noch Hoffnung habe. Aber eigentlich ist es schon vorbei.«

12. Kapitel:
Mit System zum Gewinn
    Dienstag, 17. Mai
    Am nächsten Tag fühle ich mich nach einer Fünfundvierzig-Minuten-Dusche seelisch gefestigt genug, um die Mailbox abzuhören.
    »Hallo, ä hm, ich wollte nur sagen, dass wir am Sonnabend bei so einem Wettbewerb mitmachen sollen, wo man ein Haus gewinnen kann«, nuschelt Heiners Stimme. »Meine Mutter hat uns angemeldet und wir wurden fürs Finale ausgewählt. Man muss da als Paar antreten. Also lass mich nicht hängen. Wo bist du eigentlich?«
    Immerhin hat er anscheinend meine Abwesenheit bemerkt. Aber sonst? Geradezu außer sich vor Sorge ist er ja nicht. Hat er überhaupt etwas kapiert? Und was fällt seiner Mutter, der alten Spardrossel, eigentlich ein, uns bei der Fertighaus-Verlosung anzumelden?
    »Ich sage doch, du bist angemeldet«, sagt Olaf beim Frühstück. »Du wirst ein Haus gewinnen, ein W2XL Maximum B3.2 ÖSP Primus Luxus. Schlüsselfertig. Aber wie kommt deine Schwiegermutter eigentlich an deine Post? Das Anmeldeformular hatte ich doch dir zugeschickt.«
    »Keine Ahnung. Ist doch auch egal. Ich muss mit Heiner reden.«
    »Das glaube ich auch.«
    Inzwischen haben wir die genauen Musterhausparköffnungszeiten drauf. Drei Minuten vor halb zehn verlassen wir unser wandfreies Kurzzeitzuhause, ganz routiniert und gerade rechtzeitig, bevor die zuständige Musterhausdame kommt. Morgen wohnen wir woanders.
    Heiner treffe ich in der Eisdiele im Nachbarort. Wie ironisch: Hier hatten wir früher ein paar unserer ersten Rendezvous. Auch bei der Jugend von heute scheint das Lokal noch sehr beliebt zu sein: Um uns herum proben großzügig mit Flitter überstäubte Teenagermädchen für ihren bevorstehenden Durchbruch als Superstar, auf der Straße davor demonstrieren pickelige Jungs, dass man mit dem nötigen Know-how jedem Mofa den Sound und die Optik eines Aufsitzrasenmähers verpassen kann. Und mittendrin sitzen Heiner und ich wie ein Silberhochzeitspaar, das sich über den Nachtisch streitet.
    »Du hast dir hier immer schon das Teuerste bestellt«, kommentiert Heiner meinen Bananensplit. Dabei gibt es noch viel teurere Eisbecher, aber die sind alle mit Alkohol, und bei diesem Gespräch will ich wirklich nüchtern bleiben. Heiner nimmt einen Eiskaffee. Verdammt, denke ich, wenn ich ihn essen sehen würde, fiele es mir wahrscheinlich leichter, mich von ihm zu trennen. Aber dann macht er widerliche Schlürfgeräusche mit dem neckisch geknickten Strohhalm, die meinen Entschluss, ihn auf immer und ewig zu verlassen, zementieren. Ich weiß nur noch nicht, wie ich es ihm sagen soll. Ich habe ja versucht, mir das vorher zu überlegen, aber mir fielen einfach keine passenden Worte ein. »Ich verlasse dich!« oder »Es ist aus!« klingt einfach zu theatralisch. Das passt nicht zu mir, nicht zu Heiner, nicht zu uns.
    »Dem ist die Frau weggelaufen«, sagt meine Mutter, wenn sie über einen Mann spricht, der verlassen wurde. Ich habe mir das als Kind immer als wilde Verfolgungsjagd vorgestellt. Die Frau rennt, ihre Haare und ihr Kleid wehen im Wind, und der Mann läuft hinterher, will sie einholen. Sie strauchelt, er holt auf, doch dann gewinnt sie wieder an Tempo, tänzelt über grüne Wiesen dem Sonnenuntergang entgegen, während er, schnaufend und erschöpft, zurückbleibt. Ich fand das zwar traurig für den Mann, aber als Bild ganz romantisch. Später dachte ich dann eher an entlaufene Hunde und Katzen. Ich stellte mir vor, dass die entlaufenen Frauen in einem Frauenhaus Unterschlupf finden, analog zum Tierheim, und dort auf ein neues Herrchen warten.
    Damals dachte ich auch, dass das größte Problem des verlassenen Mannes die Organisation des verwaisten Haushaltes ist. Aber dafür hat Heiner seine Mutter. Und für den Rest Monique. Ich bin also sowieso überflüssig. Wahrscheinlich ahnt er es schon. Ich muss es ihm jetzt nur noch sagen.
    »Ich brauche dich«, sagt Heiner und bringt mich damit völlig aus dem Konzept. Ich habe ja mit vielem gerechnet, aber damit nun wirklich nicht.
    »O Heiner«, seufze ich sofort ergriffen. Ich kann nichts dagegen tun, meine Sentimentalsensoren sind sofort angesprungen. Plötzlich tut sich in mir ein Zwiespalt auf, zerteilt mich wie die Banane auf meinem Teller. Und dann passiert etwas Seltsames: Die Bananenhälften meines kostspieligen Bananensplits beziehen Position. Für und gegen Heiner.
    Denk an all die gemeinsamen Jahre, raunt die

Weitere Kostenlose Bücher