Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
würde genau wie seine Mutter darauf bestehen, dass ich ein Haushaltsbuch führe und mir dann Vorhaltungen machen, warum ich schon wieder siebzig Cent für einen Schokoriegel ausgegeben habe. Die Banane hat ja keine Ahnung. Völlige Verkennung der Realität! Bevor die hier weiterhin Blödsinn erzählen kann, esse ich sie ganz schnell auf. Erst die Pro-Heiner-Hälfte, dann die Contra-Heiner-Hälfte. Schließlich kann ich meine Entscheidungen alleine treffen und bin nicht auf die Meinung einer Südfrucht mit gespaltener Persönlichkeit angewiesen.
»Heiner, ich sage es noch mal ganz deutlich: Ich trenne mich von dir. Wir brauchen kein Haus. Deine Eltern können das Geld sowieso sparen.«
»Aber das kannst du doch nicht so einfach machen!«, behauptet Heiner.
»Doch, kann ich.« Ich sehe ihm direkt in die Augen. »Und, sag mal: Liebst du mich eigentlich?« Das möchte ich ja doch noch gerne wissen. Vielleicht kann er ja einmal ehrlich auf diese Frage antworten. Ich bin sogar auf ein klares Nein vorbereitet.
Aber Heiner sagt nur: »Was hat das denn jetzt damit zu tun?«
Es ist zu Ende. Endlich. »Gut. Das war's dann.« Ich bin erleichtert.
»Na, denn eben nicht.« Heiner betrachtet mich, als wäre ich ein eingetrockneter Kuhfladen, der noch nicht mal mehr eine Schmeißfliege für sich begeistern kann. »Wer nicht will, der hat schon.«
So ein blöder Spruch. Aber Heiner braucht das bestimmt für sein Ego: Er kann sich nicht vorstellen, dass ich ihn einfach so verlasse, ohne etwas Besseres (sprich: einen anderen, wahrscheinlich reicheren Mann) in petto zu haben. Soll er doch denken, was er will. Das geht mich nichts mehr an.
Heiner steht auf und geht, ohne zu bezahlen. Die Glitzermädchen schauen ihm nach. Er steigt in einen Opel Speedster, ein Vorführmodell aus dem Laden seines Vaters. Der Versuch von Opel, einen Sportwagen zu bauen. Leider will den niemand kaufen. Den Opel-Fans ist er nicht Opel genug, den Sportwagenfahrem zu sehr Opel. Die Popstars in spe staunen trotzdem und blinkern Heiner mit funkelnden Augen hinterher. Wahrscheinlich denken sie, dass er ein Produzent ist und sie groß rausbringen kann. Oder zumindest von hier fort, in seinem Auto. Denn mit einem Mofa kommt man nicht weit.
Bevor Heiner die Tür schwungvoll zuwirft, ruft er mir noch zu: »Die Reparatur vom Corsa wird ganz schön teuer. Hoffentlich hast du noch genug auf dem Konto. Wo soll ich die Rechnung hinschicken?«
Meine Wasserleiche von Auto hatte ich ja total vergessen. »Ach, steck dir den Corsa doch sonst wo hin«, fordere ich etwas unkonkret.
Beim Ausparken touchiert Heiner einen besonders liebevoll frisierten Bock und löst damit eine Kettenreaktion aus. Wie beim Domino-Day klappen fünf Kleinkrafträder nacheinander um. Es gibt einen Tumult, Heiner braust davon und wird von den Jungs, die ihre pubertären Potenzkrücken retten konnten, verfolgt wie von einem besessenen Wespenschwarm. Natürlich haben die PS-schwachen Pickelfaces keine Chance, aber einen Moment lang sieht es doch so aus, als würden sie Heiner einholen. In diesem Fall hätten sie ihn wahrscheinlich zu Tode gefoltert, indem sie seine Haut Schicht für Schicht von Clerasil zerfressen lassen hätten. Interessanter Gedanke. Aber nein, ich hege keine Rachegefühle. Heiner ist mir egal. Wenn ich ehrlich bin: Nicht erst seit heute.
Unser Haus des Tages:
Modell Architektenhaus
Baujahr:
2000
Material:
gelber Klinker, Laminat, helles Holz – und eines Tagesdecke, deren grelles Muster da rauf hindeutet, dass die zuständige Musterhausdame Frau Nelke sie ausgesucht hat.
Größe:
118 Quadratmeter, zwei Etagen
Zimmer:
4 (die im Dachgeschoss mit Fenstern auf Halshöhe), ein Hauswirtschaftsraum
Zukunftsprognose: In diesem Haus würde ich zu einer richtigen Hausfrau werden. Leider würde ich nie mit festlichen abendlichen Essenseinladungen glänzen, weil erstens die Küche zu klein ist und ich zweitens das komplizierte Beleuchtungssystem nicht verstehe. Immer, wenn ich einem Lichtschalter zu nahe komme, wird es entweder gleißend hell und ein Suchscheinwerfer verfolgt mich, oder der Raum wird in tiefe Finsternis getaucht. Aber daran würde ich mich gewöhnen. Die meiste Zeit verbringe ich dann ja sowieso in dem Hauswirtschaftsraum, wo ich abends bei Kerzenlicht Heiners Socken stopfe.
In der Musterhaussiedlung ist es ganz still. Die Musterhausverkäufer haben sich in ihre Büros im Inneren der Musterhäuser zurückgezogen, wo sie mustergültig an ihren
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