Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
gigantischen Wohnschlauch wirken alle anderen Räume des W2XL Maximum B3.2 ÖSP Primus Luxus hutzelig. Besonders die im ersten Stock. Beim Aufwachen stoße ich mir an der Dachschräge den Kopf – da kommt doch endlich so etwas wie ein Heimatgefühl auf ... Ich traue mich kaum nach unten, weil ich dort Heiners Mutter und ihre Spartipps erwarte, aber da ist zum Glück nur Olaf, der um sich herum lauter bunte Karteikärtchen ausgebreitet hat, die er mit verschiedenfarbigen Filzstiften beschriftet.
»Was wird das denn?«
»Ich muss doch nachher bei der Hausverlosung assistieren. Moderiert wird die von einem echten Femsehstar. Und mein Big Boss kommt!«
»Und? Freust du dich, ihn wieder zu sehen?«
»Ich bin schon ganz aufgeregt«, sagt Olaf reflexartig. Dann schüttelt er den Kopf. »Nein, eigentlich ist mit schlecht. Ich habe mich ja schon irgendwie damit abgefunden, dass es mit ihm und mir nicht weitergeht. Und irgendwie ... irgendwie habe ich das Gefühl, ich habe ihn nie richtig gemocht. Nicht so wie dich!«
Einen Moment lang sehen wir uns einfach nur an. Ich wage nicht, etwas zu sagen.
»Du musst unbedingt in meiner Nähe bleiben. Alleine stehe ich das heute nicht durch«, erklärt Olaf.
Ich hatte gedacht, ich könnte mich vor der ganzen Veranstaltung drücken. Naja, wenigstens muss ich nicht an Heiners Seite mitspielen.
Am frühen Nachmittag ist der Massivhauspark so voll wie ein Fußballstadion beim Endspiel, obwohl ich nicht genau sagen kann, ob dieser Vergleich wirklich passt, denn ich war noch nie in einem Fußballstadion. Die potentiellen Hausgewinnerpaare wurden gleich am Eingang von Olafs Kollegen in Empfang genommen und erst mal sicher weggesperrt, damit sie keinen Blick auf den Aufbau des Spielparcours nehmen können. Nicht, dass es da viel zu sehen gäbe. Ich bin ja schon etwas neugierig, wer da wohl mitmacht. Ob ich jemanden kenne? Im Publikum, dass sich bereits vor der Bühne sammelt, entdecke ich viele bekannte Gesichter aus dem Dorf, lauter Paare, die meines Wissens nach bereits ein Haus haben. Vielleicht wollen die sehen, wer hier gewinnt, und wen man dann in einen geheimen Wir-und-unser-Eigenheim-Verein aufnehmen kann? Zu meiner Überraschung sehe ich, dass sich auch Ralf-Georg vor der Bühne herumtreibt. Was will der denn hier? Ach, egal.
Ich helfe Olaf dabei, die letzten obligatorischen Luftballons aufzublasen. »Luftballons haben immer so etwas Leichtes«, philosophiert eine Kollegin von ihm, geschätzte Konfektionsgröße: 34/36. »In der Nähe von Luftballons fühle ich mich fast schwerelos.« Das haucht sie ihm geradezu aufdringlich ins Ohr. Ich betätige die Handpumpe ein wenig zu heftig und der Ballon, den ich in Arbeit habe, platzt. Olafs Kollegin sieht mich so entsetzt an, als hätte ich sie ohne Fallschirm aus einem Zeppelin geworfen. »Schwerelosigkeit hat eben manchmal ihren Preis«, sage ich und mache mit dem nächsten Ballon weiter. Warum bin ich eigentlich so nervös?
»Bleib bitte in meiner Nähe«, sagt Olaf noch mal zu mir. »Ich habe mir etwas Hübsches für dich ausgedacht. Die Veranstaltung wird übrigens vom Fernsehen aufgezeichnet.« Das ist kaum zu übersehen: diverse Regionalsender haben ihre Kameras schon aufgebaut.
Der Blick seiner Kollegin verliert vollends seine Leichtigkeit. Sie sieht mich eifersüchtig an. Das ist ja ein ganz neues Gefühl. Ich glaube, noch nie war eine andere Frau auf mich eifersüchtig. Jedenfalls nicht, wenn es um einen Mann ging.
»Okay«, sage ich, obwohl mich der Gedanke, dabei vielleicht aus Versehen ins Fernsehen zu kommen, schreckt. Wie sehe ich überhaupt aus? Um mein Styling habe ich mir in letzter Zeit wenig Gedanken gemacht. Man könnte auch sagen: gar keine.
»Danke, meine Schönste«, sagt Olaf und strahlt mich an. Der weiß, wie man mit Frauen umgeht! Ich fühle mich gleich besser. Jedenfalls ein paar Sekunden lang, denn dann lenkt mich ein allgemeines »Ahhhh«- und »Ohhhhh«-Geraune von meinem Wohlgefühl ab. Direkt neben der improvisierten Bühne vor dem W2XL Maximum B3.2 ÖSP Primus Luxus hält eine Stretchlimousine, die ungefähr so lang ist wie ein Trecker mit Anhänger. Alle Massivhausparkangestellten versteinern ehrfürchtig.
»Der Chef!«, flüstert Olaf mir zu, »der absolute Oberboss.« Wenn man es nicht wüsste, man käme nicht darauf, dass er hier über seinen heimlichen Geliebten wispert. »Er kann so furchterregend sein. Es heißt, dass er mit dieser Limousine jeden Tag zu einer anderen Baustelle fährt
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