Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
und prüft, ob die Handwerker schnell genug arbeiten. Manchmal feuert er zehn Leute auf einmal, einfach weil er Lust dazu hat. Seine Launen sind unberechenbar.«
»Und das fandest du mal sexy?«, frage ich erstaunt.
Olaf sieht schuldbewusst zu Boden.
Der kleine, dicke Mann, der wie ein Flummi aus dem etwas übertriebenen Auto hüpft, sieht wider Erwarten nett aus. Wirklich wie Winnie the Pooh. Als Hauptfigur in einem Zeichentrickfilm wäre er eine Idealbesetzung: Ein elastisches Bärchen mit Knubbelstupsnase und dichtem Pelz; sein Brusthaar guckt aus dem Hemdkragen hervor. Er dreht sich um und zerrt eine langbeinige Blondine aus dem Fond. Ihr gelingt der Ausstieg nicht ganz so elegant, sie wackelt ein wenig auf ihren hohen Schuhen. Das Apfelgrün ihres knappsitzenden, rückenfreien Tops harmoniert mit ihrem Teint, der unter dem Rouge den gleichen Farbton angenommen hat. Obwohl ich sie noch nie zuvor gesehen habe, schon gar nicht auf dem Bildschirm, bin ich sicher: Das muss der Fernsehstar sein. Sie ist einfach der Typ dafür. Allerdings ist sie im Moment scheinbar nicht in ihrem Element. Der Boss führt sie auf die Bühne, sie begrüßt das Publikum (von denen jeder einzelne so aussieht, als wäre er eigentlich rechtmäßiger Gewinner des Hauses) und sagt: »Wenn die beiden hier«, sie zeigt auf Olaf und mich, »klatschen, dann klatschen Sie bitte mit. Denn dann sind wir auf Sendung. Sind wir schon drauf?« Sie macht mit dem Arm eine wischende Bewegung in Olafs und meine Richtung. Keine Ahnung, auf was sie drauf ist, auf jeden Fall fällt sie im nächsten Moment um. Diese Femsehstars habe ich mit immer robuster vorgestellt. Vielleicht kollabieren sie, wenn sie mit dem echten Leben in Berührung kommen?
Das echte Leben muss weitergehen und in diesem Fall auch die Show, also windet der Boss der Blondine das Mikrofon aus der verkrampften Hand, gibt es Olaf, der zu Hilfe geeilt ist und befiehlt: »Du übernimmst!«
Olaf strahlt, als hätte er nur auf diesen Moment gewartet. Auf seinen Karteikarten hat er sich das komplette Verlosungsshowkonzept notiert. Er begrüßt das Publikum mit einer Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit, als würde er beim Bäcker Brötchen kaufen und nicht vor zahlreichen Kameras stehen. Dazu muss ich allerdings sagen, dass das Hauptinteresse der Kameramänner und Journalisten sich auf die immer noch am Boden liegende Fernsehdame konzentriert.
Olaf stellt mich als »seine Glücksfee« vor. Bin ich froh, dass ich mir wenigstens noch das Ibiza-Kleid angezogen habe, so fühle ich mich halbwegs präsentabel – aber ich und eine Glücksfee? Ich glaube, ich werde auch gleich ohnmächtig! Dann bittet er die Paare her, die um das Haus konkurrieren. Die je zehn Damen und Herren dürfen das Zelt, in dem sie zwischengelagert waren, verlassen. Mir fällt die Aufgabe zu, sie zu zehn Holzbalken, die vor der Bühne aufgebockt sind, zu geleiten. Dort werden sie von Olaf interviewt, damit die drängelnde Menschenmenge drumherum erfährt, wer statt ihrer das Haus bekommt:
Der Elektriker und die Hausfrau, die keine Kinder, aber zwei Hunde haben.
Die Verwaltungsangestellte und der Spediteur, die dringend Nachwuchs wollen (und schon fleißig üben, wie sie offenherzig erzählen).
Der Versicherungsmakler und die Polizistin, deren kleiner Sohn sich einen Esel im Garten wünscht.
Die selbständige Coiffeurmeisterin und der Opelhändler, die neben den Schwiegereltern bauen wollen und das Kellerloch schon ausgebaggert haben.
Schockschwerenot! Das sind ja Monique und Heiner. Fast hätte ich sie nicht erkannt, denn Monique trägt eine Sonnenbrille mit suppentellergroßen Gläsern und diverse Haarteile, die aussehen, als hätten sie ihr erstes Leben als Nagetier noch nicht ganz hinter sich gelassen. Heiner hat sie in ein grellgemustertes Hawaiihemd gesteckt, ihm die Haare betonartig zurückgegelt und seine Pickel mit Abdeckstift betont. Monique trägt, wie könnte es anders sein, mal wieder das gleiche Kleid wie ich. Hat die denn nichts anderes im Schrank?
»Was macht ihr denn hier?«, frage ich Heiner perplex und verpasse dabei die Vorstellung der anderen Teilnehmerpaare.
»Dasselbe könnte ich dich auch fragen! Du hast mich ja schließlich sitzen gelassen. Jetzt halt bloß die Klappe«, antwortet er ein wenig uncharmant.
»Hey, ich bin die Glücksfee! Sollte man da nicht netter zu mir sein?« Ich führe die beiden zum Holzbalken, den ich mir im Geiste als Schlachtbank oder Pranger vorstelle. Schon seltsam, was
Weitere Kostenlose Bücher