Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
Schlafzimmer haben?«
Heiner will es getäfelt, denke ich. Der kann ohne dieses spezielle Saunagefühl bestimmt nicht einschlafen. Aber ich täusche mich: »Hellblau in Wischtechnik« antwortet er. Wie Monique. Ich sehe ein: Die beiden passen wirklich gut zueinander.
Heiners Mutter läuft vor lauter Gier der Sabber aus dem Mund. Ein Haus für umsonst, das wird der schönste Tag in ihrem Leben. Heiner und Monique liegen, gemeinsam mit dem Versicherungsmakler und der Polizistin, mit Abstand vorne. Jetzt müssen sie nur noch eine letzte klitzekleine Hürde nehmen: »Können Sie mir sagen, wie das Haus, das sie gewinnen wollen, genau heißt?«
»W2XL Maximum B3.2 ÖSP Primus Luxus«, rufen Monique und Heiner gleichzeitig. Das Publikum applaudiert. Heiners Mutter weint.
»Hervorragend!«, ruft Olaf. »Sie haben gewonnen! Sie sind jetzt stolze Hausbesitzer! Unsere Glücksfee wird Ihnen den Schlüssel überreichen.«
Das meint der jetzt nicht ernst. Ich soll denen den Schlüssel geben? Ich?
»Die Glücksfee bitte!«, gibt Olaf mir erneut das Stichwort. Seine Kollegin drückt mir ein kleines samtbezogenes Kästchen in die Hand und schiebt mich in Richtung Bühnenmitte.
Plötzlich begreife ich, dass das eine einmalige Chance ist. Ich umklammere die Schlüsselschatulle einen Moment wie die Königin von England ihr Zepter, dann gebe ich mir einen Ruck und strecke meine Hände inklusive Schatulle Monique entgegen. Dabei fühle ich mich, als würde ich ihr mein eigenes Leben – oder das, was ich bisher dafür gehalten habe – darbieten. Schlüsselfertig.
Mit spitzen Fingern, denen die Reste des Nagelpiercings einen aparten Schrottplatzlook verleihen, greift sie zu. Mit fällt es nicht schwer loszulassen – aber ganz leicht will ich es ihr einfach nicht machen. Einen kurzen Moment zerrt meine Rivalin ohne Erfolg, dann löse ich ganz plötzlich meinen Griff, und Monique stolpert mitsamt Schlüsselkästchen, das vor Schreck aufspringt, rückwärts. Indes ist Heiners Mutter elegant über die Publikumsabsperrung geflankt und zur Bühne gesprintet. Sie entreißt der noch taumelnden Monique den Schlüssel, die daraufhin kurz zu Boden geht. Das Publikum hält dies für eine besonders gelungene Showeinlage und tobt.
Meine Ex-Schwiegermutter presst den Schlüssel erst triumphierend an ihre Brust und rennt dann weiter zur Eingangstür des W2XL Maximum B3.2 ÖSP Primus Luxus, die sie behände öffnet. Sie stürmt hinein, Heiner hinterher, gefolgt von Monique, die sich alleine wieder aufgerappelt hat.
»Ich wünschen Ihnen noch viel Glück«, sagt Olaf und schaut dem Trio Infernale kopfschüttelnd hinterher. »Ihnen allen.« Das Publikum applaudiert, wir verlassen die Bühne.
Olaf nimmt mich in den Arm: »Du warst großartig!«
Ich lehne den Kopf an seine Brust. Sein Herz spielt eine Melodie.
»Ich glaube, das ist dein Telefon«, sagt Olaf und greift in die Tasche seines Sakkos. Ach ja, das hatte ich ihm ja zur Aufbewahrung gegeben, denn das Kleid einer Glücksfee hat nun mal keine Taschen. Wozu auch? Ich bin nämlich pleite. Heiner und Monique haben sich und das Haus, und ich habe noch nicht mal einen Job. Vielleicht sollte ich Karriere als Glücksfee machen?
»Du bist ein Glückskind«, jubelt Brigitte durch das Telefon. »Dodos Dorferneuerungskonzept wurde angenommen!«
»Toll. Herzlichen Glückwunsch«, gratuliere ich artig. Worum kann es in dem Konzept schon gehen? Hier ein neuer Bürgersteig, da ein neuer Baum. Dodo macht das sicher super, aber ich glaube nicht, dass sie das Aerobic-Center verhindern kann. Monique scheint ja gerade eine Glückssträhne zu haben. Vermutlich ist die Frau das neueste Terminator-Modell. Eine Terminatresse. Eine Terminatreuse. Oder so.
»Sag mal, hast du nicht verstanden, was ich gerade gesagt habe? Los, freu dich!«, befiehlt Brigitte.
»Warum?«
»Ach, du weißt ja gar nicht, was das bedeutet. Auch für dich und für mich!«
»Was hat denn das mit uns zu tun?«
»Sitzt du?«
»Moment, gleich.« Ich sehe mich nach einer passenden Sitzgelegenheit um und entscheide mich für einen Holzbalken mit möglichst wenigen herausragenden Nägeln. »So, ich sitze. Warum eigentlich?«
»Weil dich das Ganze sonst umhauen wird. Dodos Konzept wird nämlich dein Leben verändern. Und meins auch.«
»Wie das? Mein Leben ist doch jetzt schon ganz anders. Monique hat das Haus, das ich eigentlich haben sollte. Und den Mann dazu.«
»Ach, meinetwegen. Das wird dir gleich völlig egal sein.«
»Aha.
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