Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
für harsche Phantasien ich manchmal habe.
»So, jetzt möchte ich ihnen das erste Spiel erklären«, sagt Olaf ins Mikrofon, während er lässig zwischen den nervösen Paaren und den Holzbalken hin und her schlendert.
»Das da ist mein Verlobter. Mein Ex-Verlobter, meine ich natürlich«, flüstere ich ihm zu, »und die Schlampe aus dem Wald.«
»Sie müssen möglichst viele von diesen langen Nägeln in den Balken vor ihnen schlagen«, fährt Olaf ungerührt fort. »Für jeden versenkten Nagel gibt es einen Punkt. Zuerst die Herren, dann die Damen. Nageln können Sie doch bestimmt, nicht wahr?«, sagt er mit einem bösen Blick auf Heiner. Und dann, leise, zu mir: »Hältst du das durch, meine Glücksfee? Oder soll ich sie rausschmeißen?«
»Nein, gib ihnen eine faire Chance.« Ist das meine neue, feenhafte Persönlichkeit?
Das Hämmem beginnt. Unter dem lauten Gejohle des Publikums geht ein jugendlicher Bäckermeister, der mit seiner schwangeren Freundin antritt, in Führung.
»Verfickt noch mal!«, kreischt Monique ganz undamenhaft, als sie an der Reihe ist. Sie hat sich mit dem Hammer ihr aufwendiges Fingernagelpiercing zertrümmert.
»Na, na, na, meine Gnädigste! Mäßigen Sie sich bitte, sonst muss ich Sie wegen Etiketteverletzung vorzeitig vom Wettbewerb ausschließen«, ermahnt Olaf sie durch das Mikrofon. Das Publikum lacht. Monique quiekt zornig auf, fängt sich dann aber von Heiner und seiner Mutter, die sich in die erste Reihe vorgekämpft hat, einen scharfen Blick.
Nach der Nagelprobe scheiden sechs Paare aus. Heiner und Monique schaffen es ganz knapp eine Runde weiter.
Olaf versucht, der Veranstaltung durch kleine Interviews mehr Tiefe zu geben. »Dieses Haus«, fragt er ein schon ziemlich verschwitztes Paar, »ist das wirklich ihr großer Traum?« Ich weiß, dass er insgeheim hofft, dass diese Leute auch noch andere Träume haben, aber sie antworten nur: »Ja, das ist unser Traum. Davon haben wir immer geträumt.« Ich kann mir ein schöneres Leben vorstellen als eines, in dem einen Fertighäuser bis in den Schlaf verfolgen.
»Jetzt wollen wir mal sehen, wie gut Sie sich kennen«, kündigt Olaf die zweite Spielrunde an. Ja, das wüsste ich auch zu gerne: Wie gut kennen sich Heiner und Monique?
»Die Herren bitte auf meine linke Seite, die Damen auf meine rechte. Nun bekommen sie Papptafeln, auf die Sie bitte die Antworten auf die nächsten Fragen schreiben. Nur wenn ein Paar übereinstimmend antwortet, gibt es einen Punkt. Die erste Frage: Welchen Fußbodenbelag wählen Sie für das Wohnzimmer?«
Holz, denke ich sofort, ich möchte Holzfußboden. Bambusvollholzparkett vielleicht, wie im Designerhaus, oder Eichestäbchenparkett. Schön und warm. Aber ich spiele hier ja nicht mit. Der Punkt wäre sowieso nicht an mich gegangen: »Fliesen« ist die übereinstimmende Antwort von Monique und Heiner. Die anderen Paare schwanken zwischen Laminat und Teppich, einig ist sich kaum jemand.
»Auf welches Elektrogerät könnten Sie in der Küche nicht verzichten? Eine Spülmaschine, ein Herd und ein Kühlschrank sind schon vorhanden.«
Sehnsüchtig denke ich an meinen Stabmixer. Damit kann sogar ich ganz passable Suppen zubereiten. Sollte ich mal wieder machen. »Espressomaschine«, steht auf den Kärtchen, die Heiner und Monique hochhalten. Dieser Heuchler, denke ich. Wir haben gar keine Espressomaschine. Wahrscheinlich übernachtet er jetzt immer bei Monique.
»Welchen Einrichtungsgegenstand würden Sie zurücklassen?«
»Alles von ihm«, steht auf Moniques Karte. Sie schaut lächelnd zu Heiner hinüber, der langsam seine Karte hochhält und zum Publikum dreht. »Alles von mir«, steht darauf. Igitt! Jetzt hat er sich schon völlig selbst aufgegeben. Seine Möbel sind zwar ausgesprochen hässlich, vor allem der elektrische Femsehsessel mit dem kackbraunen Breitcordbezug und der gekachelte Sofatisch, aber ich musste schließlich auch mit den Scheußlichkeiten leben. Wie hat sie das bloß geschafft?
»Welchen Baum würden Sie im Garten pflanzen?«
Ich und etwas pflanzen? Meine Mutter würde mir das komplette Gelände mit Rhododendron vollstopfen. Ich käme gar nicht dazu, etwas zu pflanzen. Und Heiner interessiert sich, soweit ich weiß, auch nicht für Hobbygärtnerei. Wieso steht auf seinem Schild »Zierkirsche«? Woher weiß der überhaupt, dass es so etwas gibt? Natürlich von Monique. Die hat es auch auf ihrer Karte stehen. Unheimlich.
»Und nun die letzte Frage: Welche Farbe soll das
Weitere Kostenlose Bücher