Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
Warum?« Ich fühle mich ein wenig wie auf einem Nagelbrett. Das mag daran liegen, dass ich auf einem sitze.
»Also: Das Konzept«, fängt Brigitte langsam an. »Dodos geniales Konzept: Das wachsende Dorf, das zu seinen historischen Wurzeln steht. In Zukunft wird es einen Marktplatz geben. Nur noch ortstypische Bepflanzung. Einen neuen Glockenturm. Kein Aerobic-Center. Aber mehr Bauland.«
»Klingt gut. Aber was hat das mit mir zu tun?«
»Deine Wiese wird Bauland. Du wirst reich! Richtig reich! Ich übrigens auch: Mein Stück Land auf der anderen Dorfseite darf auch bebaut werden. Netter kleiner Nebeneffekt. Jetzt kaufe ich mir einen Weinberg. Ich habe gelesen, dass es in Südafrika gerade ganz gute Angebote gibt.«
Ich bin baff. Das kann doch nicht sein! Wie ist das nur möglich?
»Wie hat Dodo das hingekriegt?«
»Sie hat einfach ein brillantes, insgesamt stimmiges Konzept vorgelegt, das komplett angenommen wurde. Aber für die endgültige Entscheidung war natürlich der Bürgermeister mit seinem Einfluss hilfreich. Er hatte sich ja von Monique einwickeln lassen und darauf eingewirkt, dass deine Wiese Sportfläche werden soll. Damit hatte er sich ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt. Als er Monique zusammen mit Heiner entdeckte und es zu der öffentlichen Schlägerei kam, drohte ihm Gesichtsverlust. Der Gemeinderat hat sich ja schon über ihn, den Gehörnten, lustig gemacht. Da hat Dodo ihm den genialen Plan für die Flucht nach vorne geliefert: Aus der Sportfläche wird Bauland – und im Gesamtkonzept ist das gar nicht so auffällig.«
»Und was ist mit der Autobahn direkt daneben?« Ich bin noch ein wenig skeptisch.
»Da wird ein schöner Damm aufgeschüttet, dann merkt man die fast gar nicht mehr. Es gibt auch schon sehr gute Lärmschutzwände.«
»Was ist mit meinem Waldstück? Ich möchte nicht, dass dort gebaut wird.«
»Keine Sorge, Dodo weiß doch, dass du daran hängst. Dafür hat sie eine Lösung gefunden, die auch deiner Oma gefallen hätte: Der Wald wird zur ökologischen Ausgleichsfläche erklärt. Was sagst du nun?«
»Genial! Einfach genial!« Ich kann es kaum fassen. Monique wird das Aerobic-Center nicht bauen. Es tut mir gut, zu wissen, dass nicht alle ihre Träume in Erfüllung gehen.
Aber es tut weh, zu wissen, dass Brigitte nun wirklich weggehen wird. Nach Afrika! Ganz schön weit.
Gleich nachdem Brigitte aufgelegt hat, klingelt das Telefon schon wieder. Diesmal ist es Dodo. »Herzlichen Glückwunsch!« gratuliere ich.
»Eigentlich wollte ich dir danken. Als wir beim Feuerwehrfest dieses Quiz mitgemacht haben, ist mir aufgefallen, wie viele Defizite ich noch habe. Die Lücken konnte ich gerade noch rechtzeitig füllen. Aber weswegen ich eigentlich anrufe: Gleich wird dir der Bürgermeister ein Angebot machen Er will deine Wiese unbedingt haben. Ich habe mich mal ein bisschen über die Preise informiert: hundertdreißig Euro pro Quadratmeter kannst du verlangen. Mindestens! Lass dich nicht runterhandeln!«
So viel? Und woher weiß Dodo das alles? »Du bist eine Genie, Dodo!«
»Danke! Ich muss jetzt Schluss machen, das Dorfemeuerungsgremium will den Erfolg noch ein bisschen feiern, und da darf ich natürlich nicht fehlen. Schließlich bin ich die Vorsitzende.«
»Steht dir gut, deine neue Rolle. Vielen Dank, Frau Dorferneuerungsvorsitzende!«
Ich drücke auf den roten Knopf und beende das Gespräch. Mir ist ein bisschen schwindelig. Wahnsinn! Aber was bedeutet das alles für mich?
Nachdenklich lasse ich meinen Blick schweifen. Das Publikum hat sich inzwischen zerstreut, und offensichtlich sind die meisten direkt zu ihren bereits vorhandenen eigenen Häusern zurückgefahren, statt sich das hier im Park ausgestellte Angebot an schlüsselfertigen Alternativen anzusehen. Während ich so schaue, fällt mir auf, dass ein Mann betont unauffällig – und dadurch natürlich ziemlich offensichtlich – zwischen den Häusern hin- und herschlendert. Ist das Ralf-Georg? Komisch. Dabei wird der hier sicher keine Kinder finden, die er schikanieren kann. Was will er also noch hier? Aber vielleicht hat er ja einen Grund. Vielleicht hat er eine Freundin, von der im Dorf niemand etwas weiß, und er will sie so schnell wie möglich mit einer Immobilie dingfest machen und an sich binden. Die Vorstellung von Ralf-Georg als Freund, Ehemann und gar Familienvater ist zwar arg surreal ... aber bis vor einer halben Stunde hätte ich auch nie gedacht, dass ich mal zu Geld kommen würde.
Ich gehe
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