Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
im Wald brennt. Kommen Sie schnell! Huch, jetzt ist der Empfang weg! Krchhhzzzzschkrkrkr!« Sie beendet das Gespräch und grinst mich an. »Es kann losgehen!«
»Was war das denn?«, frage ich.
»Blöde Frage. Ich habe gerade einen Brand gemeldet. Damit Monique ein paar Zuschauer für ihren großen Auftritt bekommt.«
Unsere Hauptakteurin folgt inzwischen brav den ebenso professionellen wie künstlerischen Anweisungen des Fotografen: »Ja, gib's mir Baby! Los, Titten hoch!« Sie lässt sich in alle möglichen Positionen dirigieren und räkelt sich sogar lasziv auf der Motorhaube des Löschfahrzeugs, wobei sie ein wenig aussieht wie eine Nacktschnecke, die beim Strip-Poker verloren hat.
Dann heulen die Sirenen los.
Monique sitzt gerade rittlings auf der Schlauchrolle, will in Panik abspringen, verfängt sich mit ihren High-Heels und hängt fest. Der Fotograf ist begeistert: »Ja, Baby, geil, bleib so, das ist ja total authentisch.« Der Lärm zerschneidet grell die Luft, die große Eingangstür öffnet sich, die Feuerwehrmänner des Dorfes strömen im Laufschritt herein und bleiben verdutzt vor der Szene stehen. Der Fotograf knipst ungerührt weiter. Monique sieht man an, dass ihr zum ersten Mal im Leben etwas peinlich ist. Sie ist puterrot angelaufen und versucht, sich mit den Schläuchen notdürftig zu bedecken, was dem ganzen Bild zusätzliche Pikanterie verleiht.
»Wollten wir nicht ein Feuer löschen?«, fragt Ralf-Georg, der sich als einziger nicht für die Szene zu interessieren scheint.
»Ja, genau«, rafft sich der alte Ortsbrandmeister Sörens zusammen. »Peters Waldhütte soll angeblich brennen.«
»So ein Quatsch«, sagt Ralf-Georg. »Ich komme gerade von dort. Da findet eine Grillparty statt. Und das Bier, das ich dort stehen gelassen habe, reicht locker zum Löschen der Holzkohle. Nein, da muss es sich um einen Fehlalarm handeln.« Er klingt ein bisschen enttäuscht.
»Bist du sicher?«, fragt der Ortsbrandmeister nach.
»Ganz sicher.«
»Tja, dann muss ich wohl umdisponieren. Wo ihr schon mal alle da seid – dann machen wir doch gleich mal eine Rettungsübung. Monique, es ist ja sehr freundlich von dir, dass du uns dabei helfen willst. Handliche Opfer können wir immer gebrauchen.« Sörens grinst. Doch dann hüllt er sie ganz ritterlich in eine knisternde goldene Rettungsdecke und befreit sie aus dem Schlauchgewirr.
Monique gewinnt langsam ihre Fassung wieder, macht »Pffff!« – warum, weiß ich auch nicht, wahrscheinlich hat sie mal in einer Fernsehserie gesehen, dass das ein passendes Geräusch für einen Abgang aus einer unpassenden Situation ist – und stöckelt als angeschlagener Rauschgoldengel davon.
Der Fotograf hat inzwischen schon ein paar Feuerwehrmänner, die ihre T-Shirts ausgezogen haben, von der Rollkofferfrau einölen lassen und lässt sie jetzt mit Schläuchen in der Hand posieren. »Super, Jungs, ja, genau so! Ihr seit Naturtalente! Kaum zu glauben, dass es so was in diesem Kaff doch gibt.«
Aus der Ferne hört man Monique wütend aufschreien. »Das war meine Idee! Meine Fotos! Mein Kalender! Mein Fotograf!«
Ich weiß nun definitiv, dass ich nicht Miss November sein werde. Die Vorstellung im Feuerwehrhaus war zu entwürdigend. Und damit meine ich jetzt nicht Brigittes kleine Überraschungs-Inszenierung, sondern den Teil davor. Sind alle Erotik-Fotoshootings so? Werden die Brüste aller Playboyhäschen von Leukoplast-Streifen in die richtige Position gebracht? Oder lag es an Moniques maßloser Selbstüberschätzung?
»Das hätten wir im Kasten!«, freut sich Brigitte neben mir – doch ein Blick auf mich lässt ihre Augenbrauen in die Höhe schnellen. »O nein, Silke! Jetzt werd bloß nicht schwach.«
»Werde ich nicht«, sage ich. »Aber den Film können wir nicht auf dem Feuerwehrball zeigen. Das ist zu ...«
»Zu was?«
»Zu irgendwas eben. Das will ich nicht. Irgendwie ... irgendwie tut mir Monique richtig Leid.«
Brigitte sieht mich streng an. »Du weißt doch, dass sie keine Sekunde zögern würde, oder?«
»Kann schon sein«, entgegne ich trotzig. »Aber ich bin schließlich nicht sie.« Einen Moment lang starren wir uns in die Augen. Ich weiß, worauf Brigitte wartet. Sie will, dass ich wegsehe und sie sich durchsetzt. Aber das werde ich nicht.
»Nein, du bist nicht wie Monique«, sagt sie schließlich. Und plötzlich ist in ihrem Blick etwas, das ich nicht recht deuten kann. Es ist wieder dieser Ausdruck, den sie auch damals hatte, als sie mir im Bus
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