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Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Titel: Schlüsselfertig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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ein Haus, oder? Sie waren doch kürzlich mit ihrer Schwester bei uns, nicht wahr?«
    Er erinnert sich an mich! Ich habe einen bleibenden Eindruck hinterlassen! Und ein Charmeur ist er auch – zumindest was meine Mutter angeht. Die fände es sicher außerordentlich galant, als »Schwester« von mir angesprochen zu werden.
    Mir fällt auf, dass eine Pause im Gespräch entsteht. Anscheinend bin ich wieder mit Text dran. Er hatte mich etwas gefragt. Was war das noch gleich? Ach ja: Ob ich ein Haus suche.
    »Ja.«
    »Sie machten auch den Eindruck.«
    »Welchen Eindruck?«
    »Als ob Sie gerne ein Haus hätten.«
    »Ach so.«
    »Auf jeden Fall würde ich mich freuen, wenn Sie an unserem Gewinnspiel teilnehmen würden. Sie müssen uns nur einen guten Grund nennen, warum gerade Sie das W2XL Maximum B3.2 ÖSP Primus Luxus gewinnen sollten.«
    »Da gibt es so einige. Zum Beispiel stoße ich mir im Moment immer den Kopf, wenn ich aufwache. So klein ist das Schlafzimmer.« Hey, ich werde ja richtig redselig. Drei vollständige Sätze in Folge, sogar stotterfrei!
    Aber habe ich da gerade »unser Schlafzimmer« gesagt? Damit er gleich denkt: »Bei der Frau habe ich keine Chancen, das will sie mir ganz subtil mitteilen.« Oh, bitte nicht!
    Nein, ich bin fast sicher, ich habe »mein Schlafzimmer« gesagt. Oder wenigstens »das Schlafzimmer«. Ja, das habe ich gesagt. Schön neutral. Weiter so.
    »Das ist ja ein ganz phantastischer Grund«, lacht Herr Wesseltöft. »Und so originell! Könnte ich das schriftlich bekommen?«
    »Ich unterschreibe nichts!« Das ist so ein Reflex von mir, so antworte ich immer. Jetzt habe ich ihn bestimmt verschreckt. Er will mir ein Haus schenken, und ich weigere mich, es anzunehmen. Scheint das Schicksal meines Lebens zu sein. Nur: Muss es sich deshalb ständig wiederholen?
    Ich würde mich jetzt gerne dramatisch in einer Kombination aus Ohnmacht und Weinkrampf aufs Bett fallen lassen, so wie in einer ganz miesen TV-Soap, aber das ist nicht mein Stil. Also schicke ich ein kurzes, glockenhelles »Hahahaha!« durch den Hörer, um den Satz als Scherz zu kaschieren.
    Herr Wesseltöft lacht zurück, das klingt sehr angenehm, und mir wird schon wieder etwas wohler. »Ich schicke Ihnen einfach das Teilnahmeformular, Sie füllen es aus und schicken es zurück – oder geben Sie es bei mir persönlich ab. Ich möchte doch, dass unser W2XL Maximum B3.2 ÖSP Primus Luxus in gute Hände kommt.«
    »Ihr bitte ... was?«
    »Das Haus! W2XL Maximum B3.2 ÖSP Primus Luxus ist die Typbezeichnung.«
    »Ach so. Komischer Name für ein Haus.«
    »Finde ich auch«, antwortet Herr Wesseltöft spontan. Und setzt nach einer kurzen Pause hinzu. »Ist doch wahr. Klingt mehr nach Computer.«
    »Dass sie sich den überhaupt merken können.«
    »Ich habe bestimmt ein Drittel meiner Ausbildungszeit darauf verwendet, Häusernamen auswendig zu lernen.«
    »Und die restlichen zwei Drittel?«
    »Habe ich mir überlegt, dass diese Häuser doch auch ganz anders heißen könnten – und ganz anders aussehen.«
    »Das denke ich auch manchmal.« Stimmt überhaupt nicht, das habe ich noch nie gedacht. Aber ich möchte ihm einfach zustimmen. Und ich finde, es wäre schön, wenn ich das wenigstens mal gedacht hätte. Ich könnte ja gleich damit anfangen. Ab jetzt stelle ich mir vor, wie die Dinge wären, wenn sie anders wären. Oder einfach nur anders aussähen. Herr Wesseltöft hat Recht: Man muss nicht alles immer als gegeben hinnehmen. Da hätte ich auch selber draufkommen können. Wäre ich bestimmt auch.
    »Wir können uns ja weiter darüber unterhalten, wenn Sie mir den ausgefüllten Gewinnspielbogen vorbei bringen. Die Unterlagen wandern heute noch für Sie in die Post. Ich habe Ihre Adresse ja bereits hier auf unserem Infobogen.
    Wir gleichen sicherheitshalber noch einmal Straße, Hausnummer und Postleitzahl ab – er, weil er sehr professionell ist, ich, weil ich das Gespräch so gut es eben geht verlängern will. Die Frage, ob ich ihm meinen Vornamen buchstabieren soll, verneint er sehr höflich. Er muss das Gespräch beenden, um neuen Kunden ein Häuser zu verkaufen. Wie viele er wohl im Monat los wird? Und ob die neuen Bewohner manchmal an ihn denken? So wie ich?
    Überrascht stelle ich fest: Wenn ich an Herrn Wesseltöft denke, vergesse ich sogar, dass ich einen String trage. Aber jetzt schneidet das hauchzarte Etwas wieder mit ungeahnter Vehemenz zwischen meine Hinterbacken. Und daran soll man sich gewöhnen?
    ***
    Mittwoch 11.

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