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Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Titel: Schlüsselfertig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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Umhängetasche und hält sie mir hin.
    »Nein danke, mir geht es gut.« Und meine Verdauung ist genau richtig, denke ich.
    »Malst du noch manchmal? Du warst immer so besonders talentiert!«
    Ich freue mich sehr über dieses Kompliment, auch wenn ich ganz genau weiß, dass da überhaupt nichts Wahres dran ist. Malen kann ich ungefähr so gut wie Kai Pflaume Schwiegermütter vergraulen.
    »Leider komme ich kaum noch dazu. Zuviel zu tun«, lüge ich und schäme mich dabei ein wenig. Warum habe ich eigentlich nie daran gedacht, mich künstlerisch zu betätigen? Ein paar Laubsägearbeiten, etwas Bildhauerei oder wenigstens mal ein kleines Aquarell hier und da, und mein Leben hätte einen Inhalt. Ich vermute, ich würde mich dann viel besser fühlen. Ich sollte sofort damit anfangen. Gleich morgen. Ich werde mir ein paar Farben kaufen und meine Empfindungen malen, ganz von innen heraus. Hey, bin ich das, die so etwas denkt? Oder ist das der Lebkuchenduft, der mich inspiriert? Ich erinnere mich daran, dass die Nähe von Frau Wegener-Kaltenbach-Sörens in mir schon immer einen unglaublichen Schaffensdrang ausgelöst hat. Das muss an ihren, wie soll ich es nennen, Vibrationen liegen. Ich gerate dann immer so in Schwingungen, Stimmungen, die sofort nachlassen, sobald meine Kunstlehrerin außer Duftweite ist. Aber diese erfüllten Momente, in denen ich fast so etwas wie Talent fühle, genieße ich.
    »Das ist aber schade – du warst immer so begabt! Was füllt denn deine kostbaren Tage?« Sie fragt nach. Damit hatte ich nicht gerechnet! Ich rechne nie damit, dass sich jemand näher für mich interessiert. Meistens ist das auch nicht der Fall. Was erzähle ich ihr bloß? Am besten etwas Privates.
    »Ähm, ja, mein Freund und ich planen gerade, ein Haus zu bauen. Hier im Dorf.«
    »Ach, wie schön.« Täusche ich mich, oder schwingt da ein Hauch Enttäuschung mit? So richtig begeistert klingt Frau Wegener-Kaltenbach-Sörens auf jeden Fall nicht. »Und ich habe immer gedacht«, sagt sie und guckt mich dabei ganz intensiv an, »dass du einmal hier wegziehst. Raus aus diesem Dorf.«
    Ach, denke ich. Ich gucke so intensiv wie möglich zurück. Wie kommt sie denn darauf? »Wie kommen Sie denn darauf?« Das würde mich ja wirklich mal interessieren.
    »Ich weiß nicht. Das war nur so ein Gefühl. Ich habe dich immer als starke, unabhängige junge Frau gesehen, die sich nicht einsperren lässt. Die ihren eigenen Kopf hat. Die irgendwann von hier weggeht, in die weite Welt hinauszieht.«
    Das klingt ja toll. Und das soll ich sein? So habe ich mich ja selbst noch nie gesehen.
    »Wohin denn?«
    »In den Nachbarort.« Frau Wegener-Kaltenbach-Sörens kichert. Ich brauche einen kleinen Moment, um die Ironie zu verstehen. »Nein, Silke, das war nur ein Scherz. Ich will dich nicht irritieren. Tu einfach, was richtig für dich ist. Aber denk immer daran: Folge deinem Herzen. Denn man sieht nur mit dem Herzen gut.«
    Soll das eine Anspielung auf meine Kurzsichtigkeit sein? Ich dachte immer, die Kontaktlinsen fallen nicht so auf. Ach nein, das war ja das obligatorische Zitat aus dem Buch Der kleine Prinz. Das sollte ich wohl mal wieder lesen.
    Ein Feuerwehrmann unterbricht unser Gespräch. »Soll ich den Damen mal unsere kleine Ausstellung erklären?«
    »Nein, vielen Dank. Kunst sollte man nicht immer zerreden. Diese Bilder bedürfen ihrer Erklärung nicht. Sie können selbst für sich sprechen!«, entgegnet Frau WegenerKaltenbach-Sörens ihm kühl. Damals im Kunstunterricht haben wir auch nie über Bilder gesprochen, sondern sie immer nur »auf uns wirken lassen«.
    Den Feuerwehrmann beeindruckt diese Abfuhr nicht. »Das ist doch keine Kunstausstellung«, belehrt er uns amüsiert. »Das ist ein Gewinnspiel. Man muss herausfinden, wo genau im Dorf die Fotos aufgenommen wurden, die Antworten auf einen Zettel schreiben und den dann in den Kasten hier werfen. Aus allen Einsendungen mit den richtigen Lösungen wird der Gewinner ermittelt und heute Abend beim Ball verkündet.« Er klingt, als hätte er einen Sprachkurs bei einer Lottofee belegt, um sich für diese Aufgabe zu qualifizieren.
    »Und was kann man gewinnen?«, frage ich interessiert. Einen neuen Job vielleicht? Oder eine Kreuzfahrt?
    »Ein Eselfohlen.« Er strahlt wie Maren Gilzer in ihren besten Zeiten und zeigt mit einer gezierten Bewegung auf das Foto eines zugegeben sehr niedlichen kleinen Esels. »So einen wollte ich schon immer haben«, sage ich, obwohl das gar nicht stimmt, ich

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