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Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Titel: Schlüsselfertig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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Situation ganz und gar nicht angemessen ist. Aber was ist angemessen? Einfach ignorieren, so tun als wäre nichts? So habe ich bisher meistens in brenzligen Situationen reagiert. Mit ist einfach nie etwas anderes eingefallen, ich habe vor lauter Schreck nie den Mund aufgemacht. Aber das war mein altes Leben. Das ist Vergangenheit. Ich fühle mich zwar auch jetzt starr vor Schock, aber das vergeht nach einem kurzen Moment. Dann hole ich tief Luft und sage mit möglichst fester und gar nicht piepsiger Stimme: »Was erlauben Sie sich? Hören Sie sofort auf, mich zu belästigen!« Und weil mir das wirklich gut über die Lippen kommt, schicke ich selbstbewusst hinterher: »Ficken Sie sich doch lieber ins Knie, Sie ekliges Schwein, falls ihr Ding dafür lang genug sein sollte. Aber gehen Sie mir vorher aus den Augen!« Ich bin richtig stolz auf meinen kleinen Monolog, traue mich dann aber doch nicht, die volle Wirkung auszukosten, sondern springe lieber schnell auf mein Fahrrad und entschwebe in die Nacht – begleitet von dem melodischen Ka-zongka-zong-ka-zong des losen Schutzblechs. Die Knie schlottern mir beim Treten, das liegt nicht nur an der ungewohnten körperlichen Anstrengung. Aber ich bin auch ganz schön stolz auf mich. Ich habe dem Feind ins Gesicht gesehen und ihm Paroli geboten! Auch wenn diese miese Laus genaugenommen gar kein Feind ist – so ernst will ich dieses widerliche Wesen gar nicht nehmen. Das war ja noch nicht mal ein richtiger Mann. Denn welcher Mann würde mit dem Argument für sich werben, dass sein Schwanz klein ist? Das ist ja völlig absurd. Ich versuche, diesen unangenehmen Zwischenfall zu verdrängen.
    Der Wald steht schwarz und schweiget. So heißt es doch in Der Mond ist aufgegangen, oder? Ich suche mir ein lauschiges Plätzchen auf meinem Lieblingshügel. Zugegeben, er ist der einzige Hügel weit und breit.
    Es ist ganz schön mühselig, das Fahrrad durch das Unterholz zu zerren, hier könnte wirklich mal wieder jemand aufräumen. Andererseits kann ich so auch ziemlich sicher sein, dass hier weder der LKW noch der widerliche Fahrer desselben auftauchen.
    Die Idee mit dem Lager aus Moos verwerfe ich recht schnell, das Moos hat sich beim Regen am Nachmittag vollgesogen wie drei Badeschwämme. Zum Glück habe ich in meinen beiden Tüten noch zwei Ersatztüten – man kann nie genug Plastiktüten haben, sagte schon meine Oma, die einen ganzen Küchenschrank voll davon hortete –, aus denen ich mir eine trockene Unterlage bastele. Warm genug ist es, und hell wird es auch schon wieder. Ich versuche zu schlafen.
    Wie war das mit »und schweiget«? Es muss ein anderer Wald gemeint gewesen sein. Mein Wald zumindest knistert, faucht, zwitschert, knackt und knarzt wie verrückt und lautstark vor sich hin. Schnarchen Eichhörnchen, oder machen die so fiese Geräusche, wenn sie wach sind? Und wenn das kein Eichhörnchen ist, das da herumlärmt, welches Furcht erregende Tier könnte es dann sein? Ein Marder? Ein Dachs? Ein Bär? Ich mache mir mit ein paar Schokoriegeln Mut. Vielleicht verscheucht das knisternde Papier ja die heimische Tierwelt. Aber nein, die ist zivilisationsgeübt. Wahrscheinlich setzt gleich ein Flughund zum Sprung an und entreißt mir mein Mars. Gibt es hier überhaupt Flughunde?
    So richtig weich ist der Waldboden nicht. Eher im Gegenteil. Überall bohren sich harte Teile durch mein provisorisches Lager. Und jetzt muss ich auch noch Pipi. Keine Toilette weit und breit. Ich bin ja nicht so für öffentliches Wasserlassen, aber das muss jetzt sein. Ich hocke mich hinter eine Tanne, komme mir aber ganz schön beobachtet vor. Da, der Vogel, der starrt mich an. He, guck weg, du Biest!
    Mir wird klar: Ich bin nicht für das Leben in freier Natur geschaffen. Ich muss dringend wieder Kontakt zur Zivilisation herstellen. Falls man den Sündenpfuhl, aus dem ich mich davongemacht habe, überhaupt Zivilisation nennen kann.
    Plötzlich tue ich mir unendlich Leid. »Es gibt niemanden in meinem Leben!«, sage ich in die Nacht. Erwartungsgemäß antwortet niemand.
    Halt, jetzt bin ich ungerecht. Es gibt immerhin Brigitte, meine beste Freundin. Die sorgt sich bestimmt um mich. Die könnte ich ja mal eben anrufen und mich ein wenig von ihr aufheitern lassen. Es ist zwar schon halb zwei Uhr nachts, aber beste Freundinnen darf man immer anrufen, das ist allgemein bekannt. Freundinnen sind nämlich immer füreinander da. Selbst, wenn sie zurzeit ihren Herzallerliebsten besuchen, den sie nur ganz

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