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Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Titel: Schlüsselfertig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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noch bedrängt gefühlt. Aber ich meine, die Stimme wiedererkannt zu haben. Hoffentlich habe ich Recht: Mein eindeutig männlicher Gesellschafter klingt sehr nach ... Herrn Wesseltöft! Allein der Gedanke, die vage Vermutung, lässt mein Herz schneller schlagen, es rattert wie die Nähmaschine beim Handarbeitskurs in der Volkshochschule, kurz bevor sie einen Kolbenfresser hat.
    »Sind Sie nicht Herr Wesseltöft?«, frage ich mutig.
    »Ja, aber woher wissen Sie das?«
    Juchuu! Ich bin hier auf engstem Raum mit dem Tom Cruise der Fertighausverkäufer! Wahnsinn! Das Schicksal hat uns zusammengeführt! Ich bin kurz davor, laut loszujubeln, doch mir fällt ein, dass das erstens Stufe drei meines Plans gefährden und zweitens Herrn Wesseltöft irritieren könnte. Um Letzteres sollte ich mir allerdings nicht allzu viele Gedanken machen, verwirrt ist er sowieso schon.
    »Woher kennen Sie mich? Wie haben Sie mich erkannt? Wer sind Sie überhaupt? Und was wollen Sie von mir?«, fragt er nahezu panisch.
    »Ich will gar nichts von Ihnen«, lüge ich, um ihn zu beruhigen, setze dann aber bissig nach: »Die viel bessere Frage ist ja: Was wollen Sie hier drin?« Das klingt jetzt furchtbar selbstbewusst, zum Glück ist es so dunkel, da kann er nicht sehen, dass meine Wangen dunkelrot sind wie preisgekrönte Sauerkirschen. Bestimmt weiß er, dass ich nachts von ihm träume, dass er die Hauptrolle in meinen wildesten Phantasien spielt. Natürlich weiß er das! Das ist doch ganz offensichtlich!
    »Ich mache Überstunden«, sagt Herr Wesseltöft.
    »In der Handtaschenkammer?«, frage ich skeptisch.
    »Ich wollte nur kontrollieren, ob das Licht auch wirklich ausgeht, wenn man die Tür schließt. Bei einem Energiesparhaus sind solche Details ungemein wichtig. Man sollte die Kunden nicht unterschätzen, die achten auf so etwas. Sind Sie eine Kundin?«, fragt er diensteifrig.
    »Gewissermaßen«, weiche ich aus. Er erinnert sich nicht an mich. Er erkennt mich nicht wieder! Okay, wie auch, im Finstern, hier würde ich ja noch nicht mal eine Mousse au Chocolat erkennen, die man direkt vor meiner Nase schwenkt, räume ich zu seiner Entschuldigung ein. Trotzdem bin ich ein wenig enttäuscht. Und überhaupt, was glaubt der eigentlich? Dass ich auf so eine lächerliche Erklärung reinfalle? Natürlich habe ich mich als Kind immer gefragt, ob das Licht im Kühlschrank wirklich ausgeht, wenn man die Tür zumacht, eins der großen Mysterien der Welt, ähnlich faszinierend wie Raumfahrt, Lagerfeuer, verlassene Höhlen und Dinosaurier. Aber ich bin doch keine fünf mehr! Und wenn er mir gleich einen improvisierten Verkaufsvortrag hält, dann muss ich mir noch mal überlegen, ob ich ihn wirklich so attraktiv finde.
    Obwohl: Seine Stimme ist schon sehr angenehm. Warm und cremig. Soll er nur reden!
    Tut er aber nicht.
    Schweigend stehen wir eng nebeneinander. Hoffen, dass keiner der anderen Hausbesichtiger die Tür aufreißt. Hoffen, dass bald alle gehen. Hoffen, dass es nicht noch heißer wird. Hoffen, dass wir hier bald wieder raus dürfen.
    Jetzt denke ich schon in der Wir-Form! Was weiß ich überhaupt, was dieser Mann hofft? Der spricht ja noch nicht mal mit mir! Er hat ganz offensichtlich etwas zu verbergen.
    Bestimmt fünf Minuten schweigen wir uns auf engstem Raum an.
    »Was riecht hier denn so komisch?«, fragt Herr Wesseltöft schließlich und schnüffelt lautstark. »Haben Sie etwa Lebensmittel mit ins Haus gebracht?«
    »Scheiblettenkäse«, gebe ich zu. »Wahrscheinlich tropft der gleich aus der Tüte. Es sei denn, der Kochschinken hält ihn davon ab.«
    »Klingt nach Toast Hawaii.« Der Herr kennt sich aus.
    »Wie kommen Sie denn darauf?« Ich kann ja schlecht zugeben, dass er mich und meine Pläne durchschaut hat.
    »Ich habe genau das gleiche schon in der Küche deponiert. Dazu natürlich Ananas und Toast.«
    Ach, sieh mal an! »In welcher Küche?«, frage ich nach.
    »In dieser Küche. In diesem Haus«, gibt Herr Wesseltöft zu. Die Dunkelheit, die Hitze und die Enge lässt langsam ein Gefühl der Vertrautheit zwischen uns entstehen. Meinetwegen könnten wir für immer hier bleiben. Glücklich vereint im Handtaschenkämmerchen, bis an unser seliges Ende. Nein, vielleicht doch nicht.
    Wofür braucht Herr Wesseltöft Zutaten für Toast Hawaii? Und dann noch in diesem Haus? »Warum?«, frage ich laut.
    »Heute Abend ...« Er räuspert sich. »Heute Abend kommt doch der Grand Prix Eurovision de la Chanson im Fernsehen. Und dazu gehören

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