Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
einfach Hawaii-Toast, Perlzwiebeln und Erfrischungsstäbchen.«
Perlzwiebeln! Ich wusste doch, dass ich beim Einkaufen etwas vergessen habe. »Sie haben völlig Recht«, sage ich.
»Das freut mich, dass Sie das auch so sehen. Sicher wundern Sie sich, dass ich hier bin.«
Och nein. Soll ich ihm vielleicht sagen: Für mich sind sie ein Geschenk des Himmels, was soll ich mich da groß wundern?
Aber Herr Wesseltöft erklärt brav weiter: »Vorgestern ist mein Fernseher kaputt gegangen. Erst wurde das Bild ganz grün, dann verschwand es völlig. Weil ich mein Konto überzogen habe, konnte ich mir nicht sofort einen Neuen kaufen. Aber der Grand Prix muss sein! Es wäre mir unerträglich, ihn zu versäumen! Und da dachte ich, hier gibt es doch diesen wunderbaren Flachbildschirm. Und abends ist hier eh niemand.«
»Und warum legen Sie dann nicht einfach ihren Finger auf den schwarzen Zauberkasten und öffnen die Haustür wie ein anständiger Musterhausvertreter, statt sich hier zu verstecken?«, fragte ich spitz nach.
»Naja, weil, ähm ...«
Ausgerechnet in diesem Moment klingelt mein Mobiltelefon. »Ich kann gerade nicht«, zische ich dem Anrufer, wer auch immer das sein mag, entgegen.
»Silke! Geht es dir gut? Wo bist du?«, brüllt Brigitte so laut, dass man es bestimmt bis ins fußbodengeheizte Kinderbadezimmer im ersten Stock hört.
»Jaja, alles okay«, flüstere ich. Manchmal ist ihr Timing also doch nicht perfekt. Gestern hätte ich sie gebraucht, oder heute Vormittag. Aber doch nicht jetzt, wo meine geheimsten Wünsche in Erfüllung gehen! Und ich es ihr noch nicht mal erzählen kann. Was würde Herr Wesseltöft denken, wenn ich meiner besten Freundin einen kurzen Lagebericht über die Sardinenbüchsensituation mit meinem heimlichen Schwarm gäbe? Wahrscheinlich würde es mir nicht gelingen, das Ganze so zu verschlüsseln, dass er nicht darauf kommt, dass er gemeint sein könnte. Deshalb sage ich nur kurz: »Es ist alles in Ordnung. Ich rufe dich später zurück!«, und schalte das Telefon ab.
Herr Wesseltöft hat inzwischen Luft geholt, soweit das in diesem drückenden Schmelzkäseklima überhaupt möglich ist, und schleudert mir, statt meine Frage ordnungsgemäß zu beantworten, ein forsches »Und was machen Sie eigentlich hier?« entgegen.
Ich will mich nicht mit der billigen Ich-bin-Kundin-und-achte-auf-Details -Nummer herausreden, obwohl er mir dafür die Vorlage geliefert hat. Die Basis für eine echte, tiefe Beziehung ist schließlich Vertrauen. Und die Grundlage dafür ist wiederum Ehrlichkeit. Deshalb sage ich: »Das ist eine lange Geschichte. Die Kurzversion: Ich will auch den Grand Prix gucken.« Das ist jedenfalls nicht gelogen. Aber wird er sich damit zufrieden geben?
»Ich höre gar keine Stimmen mehr«, sagt Herr Wesseltöft. Eine Spontanheilung einer schizoiden Persönlichkeit, ausgelöst durch meine vage Antwort? Ich reagiere mal lieber nicht, vielleicht habe ich die Situation ja doch ganz falsch eingeschätzt.
»Keine Stimmen mehr«, wiederholt er. »Draußen. Die sind alle weg. Wir können hier raus.«
Er hat Recht: alles leise.
Herr Wesseltöft öffnet vorsichtig die Tür, das Licht geht an, ich bin kurz geblendet, dann sehe ich ihn direkt vor mir, seine breiten Schultern, seinen Hinterkopf. Sein dichtes Haar. Er beachtet mich nicht weiter, sondern wirft einen Blick in den Flur. Nein, die Halle. Den gediegenen Eingangsbereich. Oder wie man das bei Designhäusern eben nennt.
»Die Luft ist rein. Ich würde vorschlagen, dass Sie Ihren Vorräten nun einen kleinen Aufenthalt im Kühlschrank gönnen. Vielleicht ist ja noch etwas zu retten.«
Das mache ich dann mal. Herr Wesseltöft, ganz beflissener Hausverkäufer, geleitet mich in die Küche und öffnet mir den Kühlschrank. Als ich die Sachen einräume, mustert er mich.
»Ich kenne Sie«, sagt er unvermittelt.
Hurra, er erinnert sich an mich!
»Sie waren mit der Frau da, die so wild aufs Fensterputzen ist.«
Hmpf. Na toll. Das ist ja wunderbar. Er erinnert sich nicht an mich, sondern an meine Mutter! Daran werde ich noch lange zu knacken haben. »Ja, genau«, antworte ich gefasst.
»Und sie wollen mit Ihrem Verlobten ein Haus bauen.«
»Wollte ich. Wobei, nein, ich weiß nicht, ob ich das überhaupt wirklich wollte oder ob ich einfach nur nichts dagegen hatte und es sich deshalb so ergeben hätte.«
»Das klingt ja kompliziert.«
»Ist es aber gar nicht. Es gibt nämlich keinen Verlobten mehr. Deshalb wird es auch kein Haus
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