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Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Titel: Schlüsselfertig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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Ihnen. Aber ich habe eine böse Ehefrau zuhause , die wir gemeinsam loswerden müssen, damit unserem Glück nichts mehr im Leben steht. Und eine seltene Stoffwechselkrankheit habe ich auch, aber die bekommen wir gemeinsam schon in den Griff. Geld ist keins da, aber irgendwie werden wir es schaffen, und etwas aufzubauen ...
    Ich bin gespannt, welches Hindernis es noch aus dem Weg zu räumen gibt.
    »Ich bin schwul«, sagt Herr Wesseltöft.
    »Was? Seit wann?«
    Blöde Frage, ich weiß. Aber in so einer Situation kann wirklich niemand von mir verlangen, dass ich auch noch nachdenke, bevor ich spreche.
    »Wahrscheinlich schon immer«, antwortet Herr Wesseltöft.
    »Das kommt jetzt etwas ... unerwartet«, sage ich. Und dann merke ich, wie ich tatsächlich ein bisschen wütend werde. »Ich fasse mal kurz zusammen: Ich begegne dem Mann meiner Träume, also Ihnen, wir verbringen gemeinsam eine vermutlich heiße Nacht – und daraufhin stellen Sie fest, dass sie schwul sind. Oder habe ich das falsch verstanden?«
    »Nein, ganz so ist es nicht.« Herr Wesseltöft hebt beschwichtigend die Hände. »Ich weiß schon lange, dass ich schwul bin. Aber soll ich das rumposaunen? So besonders viele Gleichgesinnte gibt es hier auf dem Land nicht. Einen Karriereschub habe ich mir davon auch nicht gerade versprochen. Es hat sich einfach nicht ergeben, es jemandem zu erzählen. Sie sind eigentlich fast die Erste.«
    »Hm«, sage ich. Was soll ich auch sonst sagen? Einerseits bin ich ja gerührt, dass er mir so viel Vertrauen entgegen bringt. Andererseits: Ich wollte ja wirklich etwas ganz anderes. Und nun bin ich sein Coming-Out-Katalysator! Habe ich irgendwelche Hinweise übersehen? Er sieht kein bisschen aus wie dieser junge Arzt aus der Lindenstraße.
    Ach es wäre so schön gewesen, so einfach: Heiner gegen Herrn Wesseltöft tauschen und einfach weitermachen. Wie häufiger in letzter Zeit habe ich das dunkle Gefühl, dass mein Leben nicht immer so leicht ist wie gegen meine Oma im Canasta zu gewinnen. Meine Augen füllen sich so schnell wie das Glasbecken unter dem Einhandhebelmischer. Herr Wesseltöft sieht schon ganz verschwommen aus. Ich muss hier weg.
    »Auf Wiedersehen!«, sage ich schroff und nehme meine Tüten.
    »Aber wo wollen Sie denn hin?« Herr Wesseltöft wirkt bestürzt. Okay, es ist wirklich nicht sehr höflich von mir, ihn jetzt hier so sitzen zu lassen, zwischen Friesland und Lüneburg und den blankgeputzten Armaturen. Aber ich sage lieber erst mal gar nichts mehr, bevor ich etwas Falsches sage. Hätte er mir seine sexuelle Ausrichtung nicht auch verschweigen können wie allen anderen? Oder hätte er für mich nicht einfach eine Ausnahme machen können? Bin ich etwa schlechter als ein Mann? Das alles möchte ich lieber nicht aussprechen. Deshalb gehe ich. Wortlos.
    »Sie wissen ja, wo Sie mich finden: Haus drei, gleich vorne links in der Musterhaussiedlung. Da ist mein Büro. Ich werde auf Sie warten!«, ruft er mir hinterher.
    Jaja, denke ich, innerlich schon verheult, das könnte so romantisch klingen. Aber so? Soll er doch warten, bis er rosa wird! Jetzt weiß ich wenigstens: Zwischen uns war nichts. Ist nichts. Wird nie was sein. Das ist wenigstens geklärt. Der Filmriss ist also egal.
    Oder?
    Irgendwie habe ich das Gefühl, als könnte da doch mehr gewesen sein. Eine schwache Erinnerung an Küsse und Berührungen räkelt sich träge in meinen likörgeschädigten Gehimwindungen. Sind da nicht noch Spuren auf meiner Haut zu erkennen?
    Kaum habe ich die Musterhaussiedlung verlassen, schalte ich mein Mobiltelefon ein. Brigitte hat vierzehn Nachrichten auf meiner Mailbox hinterlassen und mir fünfundzwanzig SMS geschickt hat, alle mit Variationen des Textes: Wo bist du? Melde dich! Sofort!
    »Wo bist du?«, kreischt sie ins Telefon, als ich sie anrufe. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht! Geht es dir gut? Warum meldest du dich nicht? Was ist überhaupt los?«
    Ich erzähle ihr die ganze Geschichte. Vom Feuerwehrball, der Schlägerei, meiner Flucht, dem versenkten Auto, der Musterhaussiedlung. Von der Handtaschenkammer. Dem Grand-Prix-Abend im Designerhaus.
    »Das hört sich ja wunderbar an«, sagt Brigitte. »Der Mann scheint ja ein echter Traum zu sein!«
    »Der Mann ist schwul.«
    »Oh.« Sie klingt nicht mehr ganz so begeistert.
    Ich erzähle Brigitte alles, was ich heute Morgen über Herrn Wesseltöft erfahren habe.
    »Ach«, sagt sie, »das wäre ja sonst auch zu schön gewesen. Und was machst du

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