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Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Schlüsselfertig: Roman (German Edition)

Titel: Schlüsselfertig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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bescheuerte Idee, an einem der wärmsten Maiabende seit Jahrhunderten in die Sauna zu gehen! Das ist ja wie Eulen nach Athen tragen. Aber dieses Sprichwort habe ich eigentlich nie verstanden. »Gibt es in Athen schon so viele Eulen?«, frage ich laut. Mein Begleitet sieht mich, ob des unerwarteten Themawechsels, erstaunt an. Unbeirrt setze ich hinterher: »Und warum sollte man sie tragen, können die nicht fliegen?«
    Herr Wesseltöft kann den sprichwörtlichen athenischen Eulenüberschuss auch nicht erklären. »Ich würde vermuten, dass es ursprünglich Säulen hieß, dass S aber im Lauf der Zeit verloren gegangen ist.«
    Ach, ist der klug, der Mann! Und schön! Der viele Eierlikör hat ihn sogar noch schöner gemacht. Leider nimmt mir der Dampf etwas die Sicht. Trotzdem stelle ich mir ein Leben mit ihm im Designerhaus vor: Wir würden jeden Abend im Dampfbad sitzen und danach unsere verschwitzten Leiber aneinander reiben. Wir müssten noch nicht mal die Jalousien schließen, denn es gäbe keine neugierigen Nachbarn. Ein solcher Ort ist zwar nur in meiner Phantasie möglich, im wirklichen Leben gibt es natürlich immer Nachbarn, bei reichen Prominenten kommen auch noch Paparazzi mit Fotoapparaten und Teleobjektiven dazu. Aber wenn ich so reich wäre, würde ich mir sicher kein Designerfertighaus kaufen sondern ... ja, was bloß? Wie würde ich gerne wohnen?
    »Und das soll jetzt das beste Haus sein, das man in diesem Land kaufen kann?«, fragt Herr Wesseltöft, als würde er einen Teil meiner Gedanken erahnen. Ich hoffe, es handelt sich nur um die Wohnungsfrage. Eigentlich müsste er die Antwort doch wissen, schließlich ist er ja der Hausverkäufer. »Also, ich weiß nicht. All diese Gauben und Erker. Nein, ich glaube, es gibt noch schönere Häuser.«
    »Viel schönere Häuser«, stimme ich ihm zu.
    Wir verabreden, dass wir uns gemeinsam auf die Suche nach dem perfekten Haus machen, wenn einer von uns zufällig zu Geld kommen sollte. Das ist zwar völlig illusorisch, doch wir besiegeln den Pakt mit einem Kuss. Endlich! Zwar ist es nur ein ganz zartes Küsschen mit gespitzten Lippen, aber immerhin. Ich wähne mich auf der Zielgeraden und will mich in Herrn Wesseltöfts Arme sinken lassen, die vor lauter Schweißperlen wie mit Diamanten besetzt funkeln. Der Rausch der Sinne lässt mich taumeln, die harten Fichtenlatten der Bank kommen näher, Herr Wesseltöft und der Mosaikboden auch, gleichzeitig, wie ist das nur möglich?

10. Kapitel:
Alles anders
    Sonntag, 15. Mai
    Jemand spricht von Begehrlichkeiten, die geweckt werden sollen. Dazu dudelt Fahrstuhlmusik. Die Stimme ist laut, geweckt werde ich eindeutig, aber Begehrlichkeiten werden dadurch zunächst erst mal keine ausgelöst.
    Nach kurzem Orientierungsrundblick stelle ich fest: Ich liege im Bett des Schlafzimmers des Designerhauses. Neben mir liegt Herr Wesseltöft. Wir sind anständig zugedeckt, aber ich kann fühlen, dass zumindest ich unter der Decke nichts anhabe, zero, in Zahlen: null. Dafür habe ich auf und in meinem Kopf die schallverstärkte Probebühne der Grand-Prix-Gewinner, unterstützt durch ein Ballett aus Betonmischmaschinen. Meine Oma hat mich mal vor Eierlikör gewarnt. Und Oma hatte immer Recht.
    »Da unten ist jemand«, flüstere ich, und: »Was sollen wir machen?« Um mir die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen, rüttele ich sanft an Herrn Wesseltöfts Schulter. Zwar drängen sich ganz andere Fragen in mein noch leicht gelähmtes Bewusstsein – vor allem diese eine, nämlich »Haben wir?« –, aber das möchte ich lieber nicht vor Zeugen klären, schon gar nicht vor dem transpirationsfreien Herrn im Dreiteiler, dem ich die Stimme im Erdgeschoss zuordne. Herr Wesseltöft setzt sich ruckartig auf. Zum Glück ist die Kopffreiheit im Designerschlafzimmer großzügiger bemessen als in Heiners Mansarde. Trotzdem hält sich Wesseltöft den Kopf und stöhnt leise: »Ohhhhh!« Dann sieht er mich verwundert an.
    »Was machen Sie denn hier? Was mache ich hier? Und was ist da unten los?«
    Da unten bricht gerade ein kleiner Tumult los. Vermutlich ist die erste Gruppe des Tages, die durch das Haus geführt wird, auf die Überreste unserer kleinen Orgie gestoßen.
    »Warum ist heute überhaupt eine Führung?«, frage ich. »Ich dachte, sonntags wäre hier geschlossen.«
    »Oh, verdammt, das hatte ich ja ganz vergessen: Heute ist Aktionssonntag. Als Auftakt für die große Hausverlosung am nächsten Wochenende. Sie haben sich doch auch beworben«,

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