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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
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hin und wieder auf seinem Rücken, wenn Sie das wissen wollten.“
    „ Ich frage nur, weil mir aufgefallen ist, dass die Steuerplakette seit zwei Wochen abgelaufen ist. Sie müssen Ihre Steuer bezahlen, werter Mann. Das muss alles seine Ordnung haben.“
    Auch das noch, ein vermutlich erzkonservativer Wichtigtuer. W a rum nur zog er solche Gestalten an wie sein schweißnasses Pferd die Stechbremsen? „Wen stört das?“
    Das pummelige Gesicht des Mannes rötete sich. „Mich, junger Mann“, sagte er, steckte sich eine Pfeife an und blies den Rauch in Nathaniels Richtung.
    „ Und wen stört das?“
    Für Nathaniel war das Gespräch damit beendet. Er war zu b e schäftigt mit der Frage um sein Drittes Auge. Er wägte das Für und Wider ab, während er seinen mit Haselnusssirup aromatisierten Milchkaffee umrührte, damit er schneller kalt wurde.
    Pro : keine Todesangst, kein Risiko, wahnsinnig zu werden und keine Konfrontation mit Monstern, die selbst für jeden Horrorr o man zu schrecklich waren.
    Kontra : keine Gewissheit, ob er inzwischen die Kontrolle wa h ren konnte. Kein Ausbruch aus der unerträglichen Leichtigkeit des Seins – übersetzt aus seiner Sprache in eine verständlichere: Lang e weile.
    Nathaniel starrte in den Pfeifenrauch des Wichtigtuers und kli m perte gedankenverloren Melodien mit dem Löffel gegen den Rand des Kaffeeglases. Er gestand es sich ungern ein, aber er war so ve r dammt neugierig, so schauerlich interessiert und inzwischen auf be i nah e krankhafte Weise erpicht darauf, das Dritte Auge erneut zu öf f nen.
    Das war schlecht. Aber nicht zu ändern.
    Er legte den Löffel beiseite, nahm das Briefchen Zündhölzer, auf das das Café Reklame gedruckt hatte, und kokelte die Ecken der G e tränkekarte an, sodass gleichmäßige Muster entstanden.
    Mutter würde ihn sofort verhaften oder in eine Anstalt sperren la s sen, wenn sie von seinen Überlegungen erfuhr. Sie nannte es eine Sucht – und höchstwahrscheinlich hatte sie damit auch recht. Besser, sie erfuhr nichts. Nach Vaters Tod war sie einfach zu empfindlich, was diese Art von Magie betraf.
    Der Wichtigtuer räusperte sich drei Mal und lehnte sich dann zu ihm rüber. „Junger Mann. Sie stören die Gäste. Können sich die ju n gen Leute heute denn gar nicht mehr benehmen?“
    „ Bedaure. Nee“, sagte Nathaniel.
    Der Pfeifenmann schnaubte wie ein Walross, sodass sein dicker Bauch Wellen schlug.
    „ So eine Frechheit!“
    „ Skandalös, nicht wahr? Geh sterben, alter Mann.“ Nathaniel wandte sich ab und widmete sich wieder seinem Kaffee, ohne sich darum zu kümmern, dass der Pfeifenmann Drohungen in seine Pfe i fe murmelte.
    Er wartete und ließ drei große Kaffees kalt werden, ehe er sie trank. Wenn er noch länger hier sitzen blieb, würde er sich noch Lungenkrebs wegholen; auch keine schönere Vorstellung als Neces.
    Er musste es einsehen: Cera kam nicht. Vielleicht war es ein Ze i chen, dass er besser die Finger von der Sache ließ. Vielleicht sollte er einfach nach Hause gehen, seine Bilder malen (die von der harml o sen Sorte) und seine sieben Mrs Charles‘ füttern. Vielleicht sollte er Cera, Beazeley und die entführte Puppe vergessen.
    Hmm. Aber den Vielleichts stand gewiss eine äußerst spannende Geschichte gegenüber, von der er ein Teil werden konnte, wenn er dran blieb und Cera half. Sicher half ihm das ein paar Tage lang g e gen die Langeweile, die Löcher in sein Gehirn fraß wie die fette Maus es mit seiner Bettwäsche getan hatte. Er ertappte sich die let z ten Tage immer wieder dabei, im KSS virtuelle Farmen zu bewir t schaften – Herrgott, sein Intellekt schrumpfte auf das Niveau no r maler Menschen herab, wenn er nicht bald dafür sorgte, seinem Geist wieder etwas anregende Nahrung zuzuführen.
    Keinesfalls konnte es schaden, zumindest Yvette Macallistor zu besuchen, sich für seinen Ausbruch zu entschuldigen – auch das L ü gen war eine Tätigkeit, die regelmäßig trainiert werden musste – und nachzuhorchen, ob sie womöglich doch mehr über die verschwu n dene Keyman-Puppe wusste, als sie zugeben wollte.
    Er lehnte sich zu dem Wichtigtuer. „Übrigens“, murmelte er, „die Plakette für die Pferdesteuer ist nicht nur abgelaufenen. Sie ist a u ßerdem gestohlen. Ich habe meine Prinzipien – ich zahle niemals Steuer für diesen Zossen, er ist auch ohne Steuer teuer genug.“
    Mit viel besserer Laune als zuvor ging er zum Tresen und zwinke r te der Kellnerin mit beiden Augen zu. „Darling, ich

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