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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
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sage, dass wir uns mit u n serer Bequemlichkeit unser eigenes Grab schaufeln. Es sind got t lose Kreaturen, denen wir zu viel Macht zugestehen. Wenn wir nicht zur Besinnung kommen und die künstlichen, dämonischen Seelen ausl ö schen, werden sie sich über uns erheben und …“
    Jemand legte Cera die Hand auf den Unterarm. Cera schrak z u sammen. Neben ihr stand eine ältliche Dame mit einem braunweißen Terrier an der Leine. „Kindchen, nimm das Gefasel von wegen Weltherrschaft nicht zu ernst, was der Alte da schwätzt“, sagte sie und tätschelte Ceras Arm. „Der Mann ist völlig rückständig. Eine Schande für die Kirche, wenn du mich fragst. Kaum jemand nimmt ihn noch für voll.“
    „ Wer ist das?“, fragte Cera. Der Pfarrer steigerte sich in Hasstir a den rein, die er in freundlichem, verständnisvollem Ton verkündete. Er gab den Magischen die Schuld an Armut und Arbeitslosigkeit und erhielt an diesen Stellen auch noch Beifall. Cera hätte es gern vor sich selbst geleugnet, aber er machte ihr Angst.
    „ Das ist der Pfarrer Fothergill. Die Gemeinde hat ihn nach einem Eklat im Gottesdienst aus seinem Amt entlassen, aber er predigt immer noch, wann immer man ihn lässt, und am liebsten gegen alles Magische. Soweit ich weiß, finanzieren ihn die Konservativ iste n. Er gibt auch Seminare in ihren Geschäftsräumen und, wenn mich nicht alles täuscht, ist er jetzt auch noch unter die Schriftsteller gegangen.“
    Der Pfarrer erhob in diesem Moment die Stimme. „Denkt auch an eure Kinder. Wir haben unsere Erde von ihnen geliehen – geben wir sie nun nicht in die Hände der Mechanischen. Glaubt an Gott, b e sinnt euch auf ihn. Lasst die magischen Wesen nicht Macht über euch erlangen!“
    Cera erkannte die mollige Mutter mit dem kleinen Mädchen und sah, wie beide begeistert klatschten. Es gab ihr einen Stich. Sie durchschaute nicht, was sie im nächsten Moment ritt. Am ehesten war es wohl eine Kombination aus ihrem klirrenden Herzrasen am Morgen, das so jäh in stumpfer Enttäuschung verklungen war, mit dem Frust über die Lügen dieses Malers, die Sorge um Yasemine und die unangenehme Beklemmung gegenüber dieses Pfarrers.
    „ Ich habe eine Frage.“
    Sie glaubte zuerst, sich nur vorgestellt zu haben, den Satz laut über den Platz zu rufen. Doch Menschen drehten sich zu ihr um und auch der Pfarrer suchte die Massen nach der Frau ab, die so dreist dazwischen gerufen hatte. Cera hätte am liebsten den Kopf zwischen die Schultern gezogen, oder ihr Gesicht unter ihrem Hut versteckt, welcher allerdings nur ein schmales Hütchen war. Doch es gelang ihr ein weiteres Mal, ihren Mut zusammenzukratzen. Sie hielt den Kopf ganz hoch erhoben. Die Miene des Pfarrers gefror zu Eis, als er i h ren Blick traf und begriff, dass eine Puppe seine Ansprache unte r brochen hatte – ausgerechnet eine Puppe! Es gab für Cera nun kein Zurück mehr.
    „ Wenn Ihr Gott so allmächtig ist“, rief sie, „warum sollte er dann Magische auf seiner Erde erlauben, wenn er sie doch angeblich gar nicht haben will. Warum schenkt er euch, den Menschen, das Talent, Wesen wie mich zu schaffen, wenn wir ihm doch zuwider sind?“ Sie gab ihm keine Zeit, Antwortphrasen zu erwidern, die er sicher vo r bereitet hatte. „Wissen Sie, Pfarrer, was ich denke? Ich glaube, Ihrem Gott ist es vollkommen egal, dass Sie und ich existieren.“ Die Anw e senden raunten, was Cera noch anstachelte. „Vielleicht bin ich sogar Teil seiner Schöpfung.“
    „ Bravo! Bravo!“, rief die alte Dame. Der Terrier kläffte.
    „ Da habt ihr es!“, brüllte der Pfarrer. Irrer Zorn glomm in seinen Augen. „Sie beginnen, sich zu widersetzen! Es beginnt! Gebietet dem Wahnsinn Einhalt, oder …“
    „ Oder was? Oder die Leute verstehen, wie unsinnig Ihre Ford e rungen sind? Wenn Gott wirklich allmächtig ist, dann will er, dass ich hier bin, sonst stünde ich nicht hier!“
    In die Massen kam Bewegung. Cera registrierte unbehaglich, dass inzwischen viel mehr Menschen um die Kanzel herum stehen g e blieben waren. Irgendwer stimmte ihr lautstark zu, und plötzlich brach das Chaos aus. Wütende Männer drängten in ihre Richtung, andere stellten sich ihnen bewusst in den Weg.
    „ Kindchen, wir sollten sehen, dass wir hier wegkommen.“ Die alte Dame nahm ihren Terrier auf den Arm, damit er niemandem unter die Füße geriet.
    „ Schon in der Bibel steht es!“, tönte der Pfarrer mit tiefer Stimme, als sei er ein gerade seinem Reich entstiegener Höllenfürst. „Die

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